Dass öffentliche Busse in New York City ziemlich herumkommen, das lehrt die bekannte HBO-Serie Sex and the City gleich in der ersten Staffel. Da zeigt sich Samantha gegenüber Carrie überzeugt: "Die fahren ein Foto von dir in ganz New York spazieren. Das ist die beste Kontaktanzeige der Welt." Gemeint ist jenes laszive Werbebild, das auf die Flanke eines städtischen Busses geklebt wurde.

Eine andere Implikation dieses "Spazierenfahrens" ist im Jahr 1998, als die Serie in den USA auf Sendung geht, kaum Thema: die damit einhergehenden CO2-Emissionen. Anders heute: Mittlerweile hat die Metropolitan Transportation Authority, besser bekannt als MTA und ihres Zeichens die Verkehrsgesellschaft des Staates New York, diesen Aspekt weit oben auf ihrer Agenda.

Sie betreibt in New York City 5.800 Busse – und damit die größte kommunale Flotte in den USA. Bis 2040 soll sie komplett auf Modelle ohne klimaschädliche Emissionen umgestellt werden. So verlangt es die demokratische Bundesstaatsspitze.

Ein E-Bus der MTA in einer ihrer Busgaragen in New York. 60 solche Modelle sollen bis Ende 2023 in Betrieb gehen, weitere 500 bis 2027.
Foto: Stefanie Rachbauer

Und da hat die MTA etwas mit den Wiener Linien gemeinsam: Auch für den hiesigen kommunalen Verkehrsbetrieb ist es laut Klimafahrplan der Stadt das Ziel, bis spätestens 2040 CO2-neutral zu sein. Das nahm Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) im Rahmen einer Delegationsreise nach New York City zum Anlass, um mit Vertretern der MTA bisherige Erfahrungen auszutauschen.

39A wird Wasserstoff-Linie

Grundsätzlich gilt: Strom und Wasserstoff sind jene zwei Antriebsmittel, die in beiden Städten Diesel ersetzen werden – wenn auch in unterschiedlicher Mischung und Geschwindigkeit. In New York wird vorerst stark auf E-Busse gesetzt. Nach einem Pilotversuch ab 2018 sollen Ende des heurigen Jahres weitere 60 E-Busse in Betrieb gehen. 2027 steht ein wichtiger Meilenstein an: 500 Busse, rund zehn Prozent der Flotte, sollen bis dahin elektrisch angetrieben werden.

Bis 2029 kommen laut Plan satte 1000 klimaneutrale Busse dazu. 2034 schließlich will die MTA weitere 2000 davon im Einsatz haben – wobei deren Typ noch nicht definiert ist: Ein "signifikanter Teil" könne mit Wasserstoff betrieben werden, hieß es seitens der Verkehrsgesellschaft. Nächstes Jahr solle ein Pilotversuch mit zwei Bussen und einer Wasserstofftankstelle starten, das Genehmigungsverfahren laufe bereits.

Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) und Wiener-Linien-Geschäftsführerin Gudrun Senk inspizieren den E-Bus der MTA.
Foto: Stadt Wien/Oliver John Perry

Wien, mit einer deutlich kleineren Flotte aus rund 400 Bussen, hat diese Phase bereits hinter sich. Nach Tests mit zwei verschiedenen Wasserstoffbusmodellen haben Wiener Linien und Stadt vor wenigen Monaten entschieden, zehn solche Fahrzeuge zu kaufen. Sie werden bis Ende 2024 auf der Linie 39A zwischen Heiligenstadt und Sievering verkehren. Damit ist eine komplette Linie auf Wasserstoff umgestellt.

Aufgetankt werden kann bei einer Wasserstofftankstelle, die die städtische Wien Energie 2021 in der Leopoldau eröffnet hat. Eine zweite soll in Simmering in Betrieb gehen – samt einer eigenen Erzeugungsanlage für grünen Wasserstoff ab Mitte 2023. Dieser wird durch Elektrolyse von Wasser mit Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt und ist deshalb CO2-frei. Derzeit wird er noch zugekauft.

Frage der Reichweite

Wasserstoff werde bei der weiteren Umstellung eine zentrale Rolle spielen, zeigte sich Stadtrat Hanke überzeugt: "Damit sind wir besser aufgestellt als mit E-Mobilität." Das liegt daran, dass Wien bekanntlich immer ein wenig anders ist: Die teils hügelige Topografie bringe E-Motoren an ihre Grenzen, erklärte Wiener-Linien-Geschäftsführerin Gudrun Senk. Die mitunter kalten Temperaturen würde die Reichweite zusätzlich einschränken.

Bis Ende 2024 werden in Wien zehn Wasserstoffbusse auf der Linie 39A verkehren.
Foto: Wiener Linien/Manfred Manfred Helmer

Genau das hat auch in New York City, bekannt für seine frostigen Winter, das Interesse an Wasserstoffbussen geweckt. Die MTA sieht deren generell höhere Reichweite als großen Vorteil gegenüber E-Bussen, dazu komme das schnelle Auftanken: Knapp zehn Minuten statt sechs Stunden.

Mit Strom angetriebene Busse sind in Wien aber auch Teil der Strategie – in den flacheren Gegenden. Seit 2013 werden die Citybus-Linien 2A und 3A im ersten Bezirk komplett elektrisch betrieben. Bis Ende 2025 kaufen die Wiener Linien 60 große E-Busse, um 17A, 57A, 61A, 61B, 64A, 64B, 70A, 71A und 71B umzurüsten.

Diese Linien wurden deshalb ausgewählt, weil es die Busse dort nicht weit zum Nachtanken haben werden. In Siebenhirten entsteht bis Ende 2023 nämlich ein E-Kompetenzzentrum: Es handelt sich um eine große Garage mit Werkstätte und Lademöglichkeiten, der Strom kommt von einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach. Die Busgarage in der Spetterbrücke in Ottakring wird ebenfalls mit Ladestellen bestückt.

Verbindende Öffis

Sind diese Pläne umgesetzt, soll der Zwischenstand in Wien 2025 lauten: Rund ein Fünftel der gesamten Busflotte besteht aus emissionslosen Modellen. Bleiben also noch 15 Jahre für die restliche Umstellung. Hanke zeigte sich optimistisch, dass die komplette Umrüstung womöglich früher als eigentlich geplant gelingt: 2035 könnte es schon so weit sein, sagte er – und versprach entsprechenden politischen Druck.

Wien will eine Highline, wie New York sie hat.
Foto: Stefanie Rachbauer

Abgesehen von den Bestrebungen, die Busflotten umzustellen, haben New York City und Wien weitere Anknüpfungspunkte im Öffi-Bereich. Erstens, einen historischen: Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhren Straßenbahngarnituren durch Wien, die davor auf der Third Avenue herumgekurvt waren. Die dortige Linie wurde aber aufgelassen, die Wagen gingen unter den Bedingungen des Marshallplans nach Wien.

Zweitens tut sich eine zukünftige Verbindung auf: Wenn bis 2035 aus dem Nordwestbahnhof ein neues Stadtviertel geworden ist, soll auf der früheren Bahntrasse vom Handelskai in das Areal hinein ein Park und Weg für Fußgängerinnen und Radfahrer entstehen. Vorbild ist die New Yorker Highline, die ab 2009 auf einer aufgelassenen Güterzugtrasse im Westen Manhattans entstand. Sie wird gerade einmal mehr erweitert – noch im Sommer soll die Verlängerung eröffnen. (Stefanie Rachbauer aus New York, 17.5.2023)