Konnte ein Geschäftslokal gar nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden, musste laut dem Obersten Gerichtshof die Miete reduziert werden. Es gibt aber Ausnahmen.

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Im Streit um die mittlerweile berühmt-berüchtigten "Lockdown-Mieten" ist eine weitere offene Frage geklärt. Viele Mieter von Geschäftslokalen hatten ihre Zahlungen an die Vermieter während der Pandemie ja reduziert oder gänzlich ausgesetzt, weil sie selbst keine Geschäfte machen konnten. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ihnen später recht gegeben: Kann ein Geschäftslokal gar nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden, muss auch die Miete reduziert werden.

Laut einer neuen Entscheidung des OGH gilt das aber dann nicht, wenn der Mieter während der Pandemie Umsatzersatz vom Staat bekommen hat. Der Mietgegenstand war in diesen Fällen nicht völlig unbrauchbar, ein gänzlicher Entfall der Miete kommt deshalb laut dem Höchstgericht nicht infrage. Das Geschäftslokal hatte nämlich – vereinfacht formuliert – insofern einen Nutzen, als der Mieter dafür einen Zuschuss bekommen hat (OGH 28.2.2023, 1 Ob 181/22g).

"Surrogat" für Einnahmen

Anlass der aktuellen Entscheidung war der Fall eines Restaurants, das im Lockdown zwar einen Take-Away-Service einrichtete, aber dennoch Verluste schrieb. Es verlangte vom Vermieter des Lokals die bereits bezahlte Pacht bzw. die Kaution zurück. Der OGH lehnte das nun ab.

Das Restaurant habe einen Lockdown-Umsatzersatz beantragt und auch erhalten. Der staatliche Zuschuss sei ein "Surrogat" für die unterbliebenen Einnahmen des Unternehmens. Da der Umsatzersatz nur dann zusteht, wenn man ein Geschäftslokal hat, ist dieses Geschäftslokal nicht völlig unbrauchbar, so die Argumentation der Höchstrichterinnen und Höchstrichter.

Anders bei Fixkostenzuschuss

In der Frage des Fixkostenzuschusses, der ebenfalls vom Staat ausgeschüttet wurde, hat der OGH in der Vergangenheit anders entschieden: Mieterinnen und Mieter, die einen Fixkostenzuschuss bekommen haben, können demnach von ihren Vermietern eine Mietzinsreduktion verlangen. Sie müssen den Fixkostenzuschuss allerdings an die staatliche Covid-Förderstelle Cofag zurückbezahlen.

Bei Förderung von zumindest 12.500 Euro, die vor dem 31. Dezember 2021 beantragt wurde, geht die Cofag aktiv auf betroffene Unternehmen zu und prüft, ob sie die Zuschüsse anteilig zurückfordern kann. Unternehmen, die unter dieser Schwelle liegen, müssen Zuschüsse nur dann zurückzahlen, wenn sie Miete oder Pacht von ihrem Vermieter tatsächlich zurückerhalten haben. Derzeit werde das in 3.552 Fällen geprüft, heißt es auf Anfrage des STANDARD.

Beim Umsatzersatz sei die Cofag schon bisher anders vorgegangen: Da diese Förderung – anders als der Fixkostenzuschuss – nicht unmittelbar wegen Miet- und Pachtzahlungen gewährt wurde, habe der Staat keinen Rückforderungsanspruch.

OGH änderte Meinung

In einer früheren Entscheidung war der OGH zum Ergebnis gekommen, dass sich auch der Umsatzersatz nicht auf eine mögliche Minderung der Miete auswirkt. Diese Rechtsansicht hat er damals "jedoch nicht vertiefend begründet", sagt Rechtsanwalt Reinhard Pesek. In der aktuellen Entscheidung sei das nun anders: "Der Umsatzersatz führt demnach dazu, dass das Mietobjekt nicht gänzlich unbrauchbar sein kann, sondern immerhin noch einen beschränkten Gebrauchsnutzen für den Mieter aufweist."

Die Entscheidung gelte sowohl für Miet- als auch für Pachtverhältnisse, erklärt Pesek. Allerdings gebe es zwischen Miete und Pacht dennoch einen Unterschied: Wenn ein Geschäftslokal nur eingeschränkt nutzbar war, haben Mieter Anspruch auf eine verhältnismäßige Minderung der Miete. Eine solche teilweise Minderung kommt bei Pachtverträgen, die für mehr als ein Jahr abgeschlossen wurden, dagegen nicht infrage. Pächter haben nur dann einen Anspruch auf Entfall der Pacht, wenn das Geschäftslokal völlig unbrauchbar war. (Jakob Pflügl, 18.5.2023)