Das endlich schönere Wetter lockt nach draußen. Beim Laufen im Wald kann man sich Knie oder Sprunggelenk aber schnell verletzen. Ein Experte erklärt, wie man vorbeugt – und was man im Ernstfall tut.

Foto: Getty Images

Runter von der Couch und ab nach draußen, ruft das Wetter, der Frühsommer hat tatsächlich einen ersten Auftritt. Damit steigt auch die Lust auf Bewegung – und so mancher sportliche Plan wird endlich in die Tat umgesetzt. Und das ist gut so! Aber beim Training besteht auch immer die Gefahr, dass man sich verletzt. Immerhin 50.000 von rund 200.000 Sportunfällen pro Jahr passieren in den Monaten Juni, Juli und August. Der Sommer ist mit unglücklichen sportlichen Ausgängen dem Winter mit dem Skifahren hart auf den Fersen.

Das soll aber definitiv kein Grund sein, keinen Sport zu machen. Das wäre sogar kontraproduktiv. Denn an sich gilt: Je fitter man ist und je besser man die eigene Leistung einschätzen kann, desto niedriger ist die Verletzungsgefahr. Man kann aber noch einiges mehr tun, um das Verletzungsrisiko zu reduzieren. Orthopäde Leo Pauzenberger, Spezialist für Sportverletzungen, weiß, wie das gelingt und was man tun soll, wenn trotzdem etwas passiert.

Zwei Hauptgründe gibt es, warum man sich wehtut, weiß der Experte: zu wenig Training und Körperbewusstsein oder zu viel Ehrgeiz und Selbstüberschätzung. Kommen womöglich noch Unachtsamkeit und Müdigkeit dazu und man hat sich auch nicht aufgewärmt, steigt die Verletzungsgefahr enorm. "Viele sind einfach zu untrainiert für die Aktivitäten, die sie machen. Das Fußballspiel mit Freunden beim Grillfest ist ein typisches Beispiel. Das kommt ein, zwei Mal im Jahr vor, keiner wärmt sich richtig auf, und schon ist etwas passiert." Ähnliches gilt fürs Wandern oder Mountainbiken. Vor allem bei Letzterem trifft sich bei so manchen zu wenig Training mit zu viel Wagemut.

Frauen und das Kreuzband

Aber nicht nur zu wenig Training und Übung können zum Verhängnis werden, auch ein Zuviel kann sich auswirken. Das gilt besonders für ambitionierte Hobbysportler. Die sind im Normalfall wirklich gut trainiert, aber anders als Profisportlerinnen und -sportler haben sie keinen Betreuungsstab um sich, der auf richtiges Training und ausreichend Regeneration achtet. "Da überschreiten dann so einige die Grenze dessen, was noch sinnvoll ist."

Und dann gibt es noch geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen sind nämlich stärker gefährdet, sich das Kreuzband und auch andere Bänder, etwa am Sprunggelenk, zu reißen – und zwar vor allem um die Zyklusmitte herum. "Die Hormone beeinflussen die Elastizität von Sehnen und Bändern, je nach Zyklusphase sind die Gelenke dann um eine Spur besser oder schlechter stabilisiert. Und das kann tatsächlich den entscheidenden Unterschied machen", weiß Pauzenberger. Frau muss sich jetzt aber keine Sorgen machen. Sie verletzt sich, trotz dieser Tatsache, immer noch wesentlich seltener als Männer. Das individuelle Risikoverhalten dürft das wieder ausgleichen, meint der Experte.

PECH gehabt

Wie ist nun die erste Reaktion, wenn man sich beim Sporteln wehtut? Pauzenberger empfiehlt im Akutfall das PECH-Schema. Das steht für:

  • Pause bzw. Schonung
  • Eis auflegen, also Kühlung, um Schwellung und Blutungen zu reduzieren, außerdem ist es schmerzhemmend
  • Compression, das heißt bandagieren, um zu stabilisieren und um wiederum die Schwellung zu reduzieren
  • Hochlagern, auch das soll Schwellung und Blutungen reduzieren

In weiterer Folge empfiehlt der Orthopäde, die verletzte Stelle auf jeden Fall ärztlich untersuchen zu lassen. "Manche pausieren einfach ein bisschen oder beißen die Zähne zusammen, wenn es wehtut. Gut trainierte Menschen können eine leichte Verletzung auch oft mit Muskelkraft ausgleichen. Aber nicht immer heilt es von selbst aus, darum ist es oft die schnellere Heilungsvariante, wenn man zum Spezialisten oder zur Spezialistin geht. Man erspart sich dann viel Zeit, Schmerzen und hat bessere Heilungserfolge." Das ist übrigens auch deshalb wichtig, weil jede Verletzung, die nicht richtig verheilt, in Folge anfälliger ist, dass man sich genau dort erneut weh tut. Man sollte also lieber einmal zu oft zum Arzt gehen und sich nicht blöd vorkommen, "weil es ja nur eine Kleinigkeit ist", als womöglich monatelang an einer an sich simplen Verletzung zu laborieren.

Spätestens wenn die Schmerzen – auch leichte – nach ein paar Wochen nicht komplett verschwunden sind, ist der Gang zum Arzt oder zur Ärztin fällig. Denn dann kann ein tieferliegendes Problem die Ursache sein. Gerade das Knie ist da anfällig. Es gibt etwa spezielle Risse im Meniskus, die sieht man nicht einmal in einem MRT so richtig. Ein Anzeichen dafür ist etwa, wenn es immer wieder sticht oder zwickt, aber keine Ursache gefunden wird. Lässt man sich da sportmedizinisch betreuen, kann man langfristig Knorpelschäden und sogar Gelenksoperationen verhindern.

Auf das Niveau achten

Idealerweise kommt es natürlich gar nicht erst zu einer Verletzung, dazu kann man auch selbst beitragen. Pauzenberger empfiehlt, regelmäßig Sport zu machen, damit man eine gewisse Grundfitness aufbaut mit gut trainierter Muskulatur und geschulter Koordination. Das hat auch den Effekt, dass sich das Körpergefühl verbessert und man die eigenen Fähigkeiten und die Belastungsgrenze besser einschätzt. Und Pauzenberger pocht auf gutes Aufwärmen – je seltener man eine Sportart betreibt, umso wichtiger ist das. Dann sollte auch das spontane Fußballspiel kein allzu großes Risiko darstellen.

Kommt es trotz all dieser Tipps zum Schlimmsten, gibt es hier ein kleines Glossar zu den fünf häufigsten Sportverletzungen, wie sie passieren und wie man sie idealerweise behandelt. Und auch Überlastung ist ein großes Thema. Mit dem richtigen Zugang sind Tennisellbogen und Runners Knee kein Thema mehr.

Knieverletzungen

Das Knie ist der Star unter den Verletzungen, sowohl im Sommer als auch im Winter. Am häufigsten sind Meniskus und Kreuzband betroffen. "Meniskusrisse entstehen vor allem bei Stop-and-Go-Sportarten und bei abrupten Drehungen", weiß Pauzenberger. Das kann bei Fußball, Basketball oder Tennis der Fall sein, aber ebenso beim Wandern in unebenem Gelände oder beim Laufen im Wald durch Abrutschen. Oft reicht schon eine kleine Rotation. Den Riss spürt man im Normalfall durch deutliches Stechen im Kniegelenkspalt, am häufigsten an der Innenseite.

Etwas mehr Gewalteinwirkung als beim Meniskus ist für einen Kreuzbandriss erforderlich, grundsätzlich gelten dafür aber die gleichen Voraussetzungen. "Wenn es reißt, hört man oft einen richtigen Knall. Das ist wirklich eine ordentliche Verletzung, das spürt man auch sofort."

Egal ob nur der Meniskus oder auch das Kreuzband betroffen ist, wenn langfristig höhere Ansprüche an die eigene Beweglichkeit bestehen, muss die Verletzung sehr oft operiert werden. Nur mit Training und Muskelkraft kann man unkomplizierte Kreuzbandverletzungen ausgleichen. "Aber eine Rotationsstabilität kann der Körper nicht wirklich gut kompensieren", betont der Experte. Leichtes Wandern oder Gewichtstraining geht womöglich, Sportarten mit Richtungswechsel wie Fußball oder Tennis sind aber auf höherem Niveau im Grunde unmöglich mit so einer Verletzung. Ohnehin besteht die Gefahr, dass man sich langfristig den Knorpel dadurch schädigt, deshalb rät Sportorthopäde Pauzenberger, auch bei Kniegelenksverletzungen besser früher als später zur Spezialistin oder zum Spezialisten zu gehen.

Schulterluxation

Die Schulter ist das am häufigsten betroffene Gelenk, was Verletzungen am Oberkörper anbelangt. Denn sie hat zwar einen wirklich beeindruckenden Bewegungsumfang, das geht dafür aber auf Kosten der Stabilität. Deshalb kann es bei Stürzen, Überstreckung des Arms oder Kontaktsportarten, wo man womöglich hängenbleibt, verhältnismäßig rasch passieren, dass sie auskegelt. Pauzenberger betont, dass man eine Luxation unbedingt ärztlich anschauen lassen sollte, auch wenn die Schulter von selbst wieder ins Gelenk zurückspringen sollte: "Die Bänder werden dabei stark gedehnt, das erhöht das Risiko, dass es erneut passiert, dauerhaft. Dabei nimmt aber jedes Mal der Gelenksknorpel Schaden. Und das Gelenk wird dabei geschädigt, es schleift sich dadurch noch schneller ab."

Der Experte betont, dass es für langfristig gute Resultate am besten ist, wenn eine Schulterluxation bei entsprechenden sportlichen Ansprüchen frühzeitig operiert wird, das zeigen auch Studien. "Es ist natürlich immer eine individuelle Entscheidung, nicht immer ist die Operation das beste Vorgehen." Wenn man sich aber, in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin, dazu entschließt, bedeutet ein früher Eingriff eine kleine Operation mit einer relativ kurzen Rehabilitationszeit. Je stärker das Gelenk bereits geschädigt ist und die Bänder gedehnt sind, desto komplexer wird der Eingriff – und das Ergebnis oft nicht mehr so gut.

Schlüsselbeinfraktur

Der zarte Knochen, der Brustbein und Schulterblatt verbindet, ist beim Radfahren und Mountainbiken besonders gefährdet, etwa wenn man beim Rennrad aus den Klickpedalen nicht rechtzeitig rauskommt und umfällt oder beim Downhill über den Lenker absteigt. Aber auch beim Klettern und Bouldern ist diese Verletzung häufig. Sehr oft kann man so eine Fraktur konservativ behandeln und durch reines Ruhigstellen ausheilen lassen, weiß Pauzenberger. Er empfiehlt aber, trotzdem einen Spezialisten oder eine Spezialistin für Sportverletzungen zu konsultieren. Denn es kann sein, dass der Spalt, der beim Bruch entstanden ist, zu groß ist und sich deshalb – oder wegen zu wenig Schonung – nicht schließt. Dann muss operiert werden. Und auch hier gilt, wie immer: Je früher die Operation durchgeführt wird, desto unkomplizierter ist der Eingriff und desto schneller heilt die Verletzung danach aus.

Supinationstrauma des Sprunggelenks

Das Umknicken, beim Wandern, beim Laufen, oft sogar beim gemütlichen Spazieren, ist eine der häufigsten Verletzungen überhaupt. Der Knöchel geht dabei in einer plötzlichen Bewegung nach außen Richtung Boden, man zerrt sich die Außenseite der Bänder – oder eines oder mehrere reißen sogar. Pauzenberger erklärt: "Man hat insgesamt drei Bänder an der Außenseite des Knöchels, das vorderste haben sich wahrscheinlich recht viele Menschen schon einmal gerissen oder zumindest eingerissen, ohne dass sie es überhaupt wissen. Es bleibt oft eine gewisse Gewebeinsuffizienz, es kann schon beim einfachen Umknicken einreißen, das tut meist auch nicht übertrieben weh." Ein Anzeichen dafür ist, wenn man etwa relativ leicht umknickt, etwa wenn man unachtsam auf einen unebenen Boden tritt. Das Band wächst dann wieder zusammen, meist auch ohne Behandlung, aber es entsteht an der Reißstelle Narbengewebe, das weniger elastisch ist, deshalb reißt es in Folge umso leichter.

In solchen Fällen empfiehlt der Experte Koordinationsübungen und Muskelaufbau. "Die Bänder sind bei Menschen, die öfter umknicken, ziemlich sicher auch ausgeleiert. Trainiert man die Muskeln rundherum, kann man aber trotzdem alles machen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass man sich gröber verletzt."

Es kann aber auch eine richtig schwere Verletzung sein, bei der alle Bänder reißen und die sich bis in den Unterschenkel hinauf auswirkt. Das merkt man sofort, wenn man etwa nicht mehr auftreten kann. Dann heißt es ab in ein Unfallkrankenhaus. Nicht alle diese Verletzungen werden übrigens sofort operiert, weiß Pauzenberger: "Früher hat man viel operiert und eingegipst. Inzwischen behandelt man, je nach Ausprägung, meist konservativ und stellt den Knöchel mit einer so genannten Orthese ruhig, bleibt aber dabei mobil. Diese kann man nach vier bis sechs Wochen weggeben. Parallel sollte man bereits nach Abklingen der akuten Symptome mit einem physiotherapeutischen Stabilisationsprogramm beginnen." Die professionelle Unterstützung ist deshalb so wichtig, weil sich durch so eine Verletzung die körpereigene Mechanik des Fußes verändern kann. Das gilt es korrekt auszugleichen.

Muskelfaserriss

Muskelfaserrisse kommen sehr häufig vor und in unterschiedlichster Ausprägung – die Vorstufe davon ist übrigens die Zerrung. Dabei reißen einzelne Fasern oder ganze Faserbündel eines Muskels. Das passiert am ehesten wegen Überlastung, etwa beim Laufen in der Wade, wenn der bereits ermüdete Muskel plötzlich durch eine unebene Stelle stark gefordert ist. Man merkt es durch ein mehr oder weniger starkes Ziehen und Schmerzen beim Auftreten. Oft kommt es auch zu einer Schwellung und einem blauen Fleck in der Tiefe. Denn der Muskel ist durch die Bewegung besonders stark durchblutet, es blutet also ins Gewebe ein.

Medizinisch ist das kein allzu großes Problem, betont der Experte. Wichtig ist, dass man den Bereich für kurze Zeit entlastet und bereits nach etwa zwei Wochen mit Massage, Dehnen und Kräftigung beginnt. Früher wurde als Therapie dafür noch Ruhigstellen und ausheilen lassen empfohlen. "Mittlerweile geht man aber davon aus, dass nicht der Faserriss das Problem ist, sondern das verhärtete Narbengewebe, das beim Heilungsprozess entsteht", erklärt Pauzenberger. Deshalb beginnt man schon sehr früh wieder mit sanfter Belastung und Training, damit der Muskel elastisch und geschmeidig bleibt. Eine unelastische Vernarbung würde nur umso länger Probleme machen.

Die Therapie kann man durch eine Ultraschalluntersuchung optimal anpassen. Und man kann auch regenerative Therapien einsetzen. Eine Stammzelleninjektion etwa aktiviert das körpereigene Heilungspotenzial.

Tennisellbogen

Dabei handelt es sich nicht um eine Verletzung im eigentlichen Sinn. Durch eine Überlastung entzünden sich die Sehnen der Unterarmmuskulatur chronisch. Das kann bei allen Sportarten vorkommen, bei denen man ein Sportgerät in der Hand hält, wie Tennis, Golf oder auch Klettern. Aber auch durch andauernde Benutzung von Tastatur und der Computermaus entsteht diese Entzündung.

Sind die Schmerzen sportlich begründet, gehen sie vielfach von alleine wieder weg, wenn man den Arm wenig belastet und eine Sportpause macht. Sind sie nach sechs bis acht Wochen Schonung, Eincremen und Massieren aber nicht verschwunden, sollte man das dringend anschauen lassen. "Dann steckt oft ein anderes Problem dahinter, etwa eine Verletzung in der Tiefe, die zu einer Mikroinstabilität führt", weiß Pauzenberger. Beim Knie etwa wäre so eine minimale Instabilität in den allermeisten Fällen irrelevant, der Ellenbogen verzeiht das aber nicht. Die Muskeln rundherum versuchen dann, die Instabilität auszugleichen, dabei kann es rasch zu Entzündungen kommen. Eine weit zurückliegende Ursache dafür könnte zum Beispiel sein, wenn man sich als Kind den Ellenbogen ausgekegelt oder gebrochen hat – was tatsächlich häufiger vorkommt. Zu Pauzenberger in die Ordination kommen auch Betroffene, die schon seit zwei oder drei Jahren an dem Problem laborieren. Je nach Beschwerdebild wird dann die Therapie individuell besprochen, sie kann von konservativ bis zu einem operativen Eingriff reichen.

Runners Knee

Auch in diesem Fall handelt es sich um eine Überlastung, keine Verletzung im eigentlichen Sinn. Der Tractus iliotibialis, eine relativ dicke Sehnenplatte, die vom Becken an der Oberschenkelaußenseite bis knapp über das Knie verläuft, scheuert dabei außen am Kniegelenk. Üblicherweise gleitet diese Sehnenplatte beim Beugen und Strecken problemlos seitlich am Knie vorbei. Durch Becken- oder Fußfehlstellungen, wie etwa X- oder O-Beine, oder durch zu wenig Dehnung, weil man zum Beispiel einen sitzenden Beruf hat, kann es aber stärker scheuern. Durch diese Reibung entsteht eine Überlastung und in Folge eine chronische Entzündung, die teils massiv schmerzen kann.

Diese Beeinträchtigung entsteht aber nicht von heute auf morgen, üblicherweise zeichnet sie sich bereits durch gelegentliche Schmerzen ab. Typischerweise treten die an der Außenseite des Knies auf. Dann sollte man als Erstes den eigenen Laufstil überprüfen, ebenso das Schuhwerk und ob man womöglich das Training zu schnell gesteigert hat. Besseres Dehnen, Muskelaufbau und Koordinationsübungen, eine physiotherapeutische Korrektur der Beinachsen, eine Laufanalyse für richtiges Schuhwerk oder auch orthopädische Einlagen können Abhilfe schaffen. Pauzenberger bestätigt aber, dass das Problem ein langwieriges sein kann. Deshalb empfiehlt er, immer ordentlich zu dehnen – damit ist zumindest ein Risikofaktor ausgeschlossen. (Pia Kruckenhauser, 20.5.2023)