So stimmig wie dieses Bild sind seine Songs: M. Ward tritt am Freitag im Chelsea in Wien auf.

Foto: Jacob Boll

Den Mann erkennt man sofort. Und zwar nicht nur optisch, sondern am Klang. M. Ward hat ein spezielles Soundkostüm für seine Musik gefunden und trägt es konsequent. Es transportiert eine subtile Zärtlichkeit, umrahmt und gepolstert von einer patinierten Produktion, die auf das Analoge schwört, ohne deshalb gleich in die Missionarsstellung zu gehen. Ward ist kein Prediger, er hat bloß seine Überzeugung gefunden. Wenn das Klischee von der Wärme der analogen Musikproduktion stimmt, dann ist Ward ein Paradebeispiel dafür – man lausche nur seinem Album Hold Time, um eines seiner besten zu nennen.

Matthew Ward ist ein US-amerikanischer Songwriter, ein Großer in der zweiten Reihe, aus der er immer wieder einmal in die erste tritt. Immerhin hat er schon mit Leuten wie Norah Jones gespielt, war Mitglied der kommerziell erfolgreichen Gruppe Monsters of Folk und ist als M. Ward ebenfalls erfolgreich – sowie als Teil der Indie-Band She & Him.

ANTI- Records

Man kann sagen, er ist gut ausgelastet und dennoch stets inspiriert.Aktuell tourt der Mann aus Portland, Oregon, durch Europa; am Freitag tritt er im Wiener Chelsea auf. Im Juni wird sein neues Album Supernatural Thing beim US-Vorzeige-Indie-Label Anti erscheinen, dort ist er Label-Kollege von Kalibern wie Tom Waits.

Gesichtsmöblierung

Der erste Song aus seinem neuen Album bestätigt Wards konstante Qualität, ist Hausmarke. Der Mann mit der dioptrienreichen Gesichtmöblierung ist so etwas wie der vitalere Joe Henry. Ein Singer-Songwriter, dem die Atmosphäre seiner Lieder extrem wichtig ist. Er produziert Songs wie ein Innenarchitekt: Ein paar alte Sessel hier, ein kühles Designerteil dort. In den Sonnenstrahlen treibt träge der Staub durchs Universum, es fühlt sich gemütlich an.

M. Ward - Topic

Doch das hindert die Musik nicht, ein großes Panaroma aufzureißen und auf himmlischen Melodien ans Firmament zu reisen – ohne das Buch wegzulegen. Wards Songs sind so kuschelig wie bestimmt, erlangen ihre Autorität durch ihre Ausgefeiltheit, die wie nebenbei entstanden wirkt. Wahrscheinlich ist das die große Kunst in seiner Kunst.

Umtriebig und gefragt

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der 49-Jährige ziemlich umtriebig und sehr gefragt ist. Er kollaborierte mit Peter Buck von R.E.M, mit K.D. Lang oder dem Indie-Darling Conor Oberst. Zwar wird er gerne in der alles und nichts bedeutenden Americana-Lade verräumt, dabei bietet er so viel mehr als Klischeemusik.

Live beherrscht er das Spiel mit Band ebenso eloquent wie als Soloartist. In Wien hat er die Harfenistin Agnes Verano an seiner Seite – zwecks Atmosphäre. Ein Guter, den man sich nicht entgehen lassen sollte. (Karl Fluch, 18.5.2023)