In Ermangelung von Zuckerrohrfeldern und unwegsamer Urwälder sollte der Bedarf für Macheten in Österreich eigentlich gering sein, sollte man meinen. Bei Kriminellen scheint die Hiebwaffe aber populär zu sein.

Foto: Getty Images / istockfoto / vzwer

Wien – "Wir haben zuerst gedacht, es ist ein Spaß. Die Machete sah aus wie ein Spielzeug. Aber als er damit auf die Kassa geschlagen hat, haben wir gesehen, dass es kein Spielzeug ist", erinnert sich eine Zeugin an den späten Nachmittag des 25. Februars. Der 16-jährige Herr S. und ein noch unbekannter Mittäter waren kurz vor Geschäftsschluss in einen Supermarkt in Wien-Favoriten gekommen – mit Sturmhauben und FFP2-Schutz maskiert und mit Macheten bewaffnet. Jeder Täter ging zu einer der beiden besetzten Kassen und forderte Geld. Allein. Die Kassiererinnen gaben ihnen keines. Als ein Kunde rief, dass die Polizei bereits alarmiert sei, flüchtete das Duo ohne Beute.

Wie die Polizei dem Jugendlichen auf die Spur kam? Eine aufmerksame Zeugin hatte beobachtet, dass S. seine FFP2-Maske wegwarf, und wies die Ermittler darauf hin. Und da der Teenager bereits im September 2021 wegen schweren Raubes verurteilt worden war, fand sich sein genetisches Material bereits in der Datenbank. Bei der Einvernahme durch die Polizei hatte der in Wien geborene Russe noch behauptet, er habe die Maske einem Freund geborgt, verrät Staatsanwältin Kerstin Wagner-Haase, nun werde er sich vollinhaltlich schuldig bekennen, kündigt Verteidiger Wolfgang Haas an.

Betrunken, bewaffnet, zugedröhnt

"Warum haben Sie das gemacht?", will Anna Marchart, die Vorsitzende des Schöffensenats, vom Angeklagte ein Motiv hören. "Ich hatte Schulden, und die musste ich abbezahlen. Ich wurde von den Leuten, bei denen ich die Schulden habe, auch bedroht", erzählt der Arbeitslose. Und außerdem: "Ich war betrunken und hatte Medikamente genommen." – "Woher hatten Sie die Macheten? Die sind ja nicht sooo Standard", interessiert die Vorsitzende auch. "Die haben wir bekommen", antwortet S., der seinen Mittäter nicht verraten will, knapp.

"Wie stellen Sie sich vor, Ihr Leben in Zukunft zu begehen?", fragt Marchart auch. "Was meinen Sie?", ist der Jugendliche verwirrt. "Na ja, wenn Sie nicht so weitermachen wollen und regelmäßig Raubüberfälle begehen – wie soll es mit Ihnen weitergehen?" – "Ich will mir Arbeit suchen", kündigt S. an. "Seit ich jetzt im Knast bin, will ich nicht mehr dorthin zurück", offenbart der Untersuchungshäftling noch. "Die bloße Androhung war offensichtlich nicht genug", meint die Vorsitzende hinsichtlich der Vorstrafe von sechs Monaten bedingter Haft für den Raub im Jahr 2021, bei dem der Angeklagte nur eine Handvoll Münzen erbeutete.

Pädagogische Staatsanwältin

Staatsanwältin Wagner-Haase interessiert noch etwas anderes: "Jetzt eine pädagogische Frage: Wie kann man noch zu Geld kommen außer durch Raubüberfälle?" – "Arbeiten und so. Aber ich hatte keine Zeit, da ich bedroht wurde." – "Und was macht man, wenn man bedroht wird?" – "Man sollte das melden." – "Wo zum Beispiel?" – "Bei der Polizei."

Während S. die Schilderung der ersten Kassiererin, die von dem Überfall so geschockt war, dass sie einige Stunden Psychotherapie benötigte, um die Tat zu verarbeiten, noch eher emotionslos zur Kenntnis nimmt, entschuldigt er sich bei seinem zweiten Opfer. Die Frau akzeptiert das und verzichtet auf finanzielle Forderungen. "Er ist sicher arm und noch ein Kind", sagt die dreifache Mutter, die ebenfalls von Schlafstörungen berichtet.

Der 16-Jährige hat noch eine zweite Vorstrafe: Im März wurde er vom Bezirksgericht Favoriten zu 90 Tagessätzen á vier Euro verurteilt, da er illegalerweise eine Schreckschusspistole hatte. "Was machen Sie mit einer Schreckschusspistole?", fragt sich Marchart. "Nix", lautet die einsilbige Antwort.

Nach kurzer Beratung wird S. zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 24 Monaten, acht davon unbedingt, verurteilt. Die offene Vorstrafe wird nicht widerrufen, dafür muss er nach seiner bedingten Entlassung auch ein Anti-Aggressions-Training absolvieren und weiter Bewährungshilfe in Anspruch nehmen. S. und seine Mutter akzeptieren dieses Entscheidung, ebenso die Staatsanwältin, das Urteil ist daher rechtskräftig. (Michael Möseneder, 20.5.2023 )