In der Diskussion um die Verbesserung der Personalsituation in Wiens Spitälern hat die Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer die Vorbereitung von Streikmaßnahmen beschlossen.

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Es ist eine brisante E-Mail, die führende Funktionäre der Wiener Ärztekammer am Dienstag mit dem Betreff "Streikbeschluss der Kurie angestellte Ärzte" an alle Mitglieder der Kurie geschickt haben. In dieser werden die Ärztinnen und Ärzte darüber informiert, dass die Kurienversammlung das Kurienbüro "mit der Vorbereitung von Streikmaßnahmen in den Wiener Spitälern beauftragt hat". Hintergrund der Maßnahme ist die Personalmisere in den städtischen Krankenhäusern. Das Schriftstück liegt dem STANDARD vor, der "Kurier" hatte zuerst darüber berichtet.

In den kommenden Tagen wird demnach ein Rechtsanwalt mit der rechtlichen Vertretung "im Falle eines Streiks in den Wiener Spitälern" beauftragt. Ein Finanzrahmen in Höhe von einer Million Euro sei bereits im Herbst 2022 vom Vorstand der Wiener Kammer aus dem Kampf- und Aktionsfonds zweckgewidmet worden.

"Die Stimmung in den Krankenhäusern ist verheerend und angespannt", sagte Stefan Ferenci, der geschäftsführende Vizepräsident der Ärztekammer, auf Anfrage dem STANDARD. Nach dem Beschluss zur Vorbereitung von Streikmaßnahmen habe die Kammer "positiven Zuspruch von zahlreichen Ärztinnen und Ärzten" aus den Spitälern erhalten. Ferenci könne "nicht ausschließen, dass es noch vor dem Sommer zu Streikmaßnahmen kommt".

Hacker von Streikankündigung "nicht überrascht"

Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zeigte sich von der Ankündigung der Ärztekammer in einer ersten Reaktion "nicht überrascht", wie ein Sprecher sagte. Hacker sei bei einem Gesprächstermin mit Ferenci am Montag vorab davon informiert worden, dass es zu einem derartigen Streikbeschluss kommen könnte. Dieses Gespräch ist laut Ferenci "zu großen Teilen sehr positiv, aber noch ohne konkrete Lösungen" verlaufen.

Krisengipfel am 23. Mai

Ferenci kritisierte am Mittwoch vor allem die Führung des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev), die Gespräche zur Personalsituation mit der Ärztekammer zuletzt verweigert haben soll. Hacker soll die Wigev-Führung aber "eindringlich aufgefordert haben", in konstruktive Gespräche zu treten, wie es Ferenci formulierte. Für kommenden Dienstagnachmittag, den 23. Mai, ist nun jedenfalls ein Krisengipfel zwischen den Spitzen der Kammer und des Wigev terminisiert, wie Ferenci dem STANDARD bestätigte. Ferenci hofft auf "ernsthafte und lösungsorientierte Gespräche". Hier sei viel Arbeit nötig: "Das Vertrauen in die Wigev-Spitze ist derzeit nicht existent."

Auch vom Verlauf dieses Krisengipfels wird abhängen, ob es zu einem Streik kommt – oder dieser noch abgewendet werden kann. In der E-Mail an die angestellten Ärztinnen und Ärzte heißt es abschließend: "Wir werden Sie in den nächsten Tagen und Wochen über die fortgeschrittenen Vorbereitungsarbeiten sowie über den Verhandlungsstand informieren."

798 Spitalsbetten in Wien nicht verfügbar

In der Diskussion um die Verbesserung der Personalsituation an Wiens Spitälern hatte die Wiener Kammer zuletzt unter anderem eine Rückkehr- und Bleibeprämie von je 24.000 Euro für die Bediensteten in den Krankenhäusern gefordert. Die Misere im Gesundheitsbereich spitzt sich jedenfalls zu: Österreichweit sind laut der Gewerkschaft 2.775 Spitalsbetten großteils wegen des Pflegemangels gesperrt. In Wien sind 798 Betten nicht verfügbar. Im Bereich der Pflege waren in Wien im ersten Quartal 550 Dienstposten offen, bei den Ärztinnen und Ärzten waren es 140. (David Krutzler, 17.5.2023)