Der Marsch findet jährlich am Jerusalem-Tag statt, an dem die israelische Eroberung Ostjerusalems während des Sechstagekrieges 1967 gefeiert wird.

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Jerusalem – Nach Konfrontationen im Zuge eines umstrittenen Flaggenmarsches nationalistischer Israelis hat die israelische Polizei in der Nacht auf Freitag acht mutmaßliche Beteiligte festgenommen. Sie würden verdächtigt, an gewaltsamen Vorfällen im arabischen Ostteil Jerusalems und der Altstadt beteiligt gewesen zu sein. Die "Jerusalem Post" berichtete von Zusammenstößen zwischen Israelis und Palästinensern. Die palästinensische Botschaft in Wien kritisierte den Marsch scharf.

Am Donnerstagabend waren tausende nationalistische Israelis unter massivem Polizeischutz mit israelischen Flaggen durch Jerusalem gezogen. Der umstrittene Marsch führte auch durch das muslimische Viertel der Altstadt, was Palästinenser als extreme Provokation sehen. Die Zahl der Teilnehmer wurde auf 20.000 geschätzt.

Unter ihnen waren auch Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir sowie Finanzminister Bezalel Smotrich. "Heute sagen wir der Hamas, die uns bedroht: Jerusalem gehört uns", so Ben-Gvir in einer Mitteilung. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte am Abend, seit der "Epoche von König David" sei Jerusalem "die Hauptstadt des jüdischen Volkes, und nur seine".

Für viele Palästinenser ist es eine Provokation: Zehntausende ultranationalistische Israelis sind am Donnerstag mit Flaggen durch die Altstadt von Jerusalem gezogen. Viele von ihnen skandierten am sogenannten Jerusalem-Tag antiarabische Parolen.
DER STANDARD

Scharfe Kritik von palästinensischer Botschaft in Wien

Der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel Shafi, schrieb in einer Stellungnahme gegenüber der APA von einem "nie dagewesenen Aufgebot an rechtsextremen Teilnehmern" bei dem Flaggenmarsch in Jerusalem. Rund 20.000 "gewaltbereite, fanatische Rechtsextreme" seien mit israelischen Flaggen und Parolen wie "Tod den Arabern" oder "Die zweite Nakba kommt bald" vom Damaskustor aus Richtung Klagemauer gezogen, hieß es. Journalistinnen und Journalisten seien nicht nur aufs Übelste beschimpft, sondern auch mit Steinen, Flaschen und anderen Gegenständen beworfen worden. Mehrere seien auch verletzt worden.

"Seit jeher ist der Aufmarsch der israelischen Rechten an ihrem 'Flaggentag' durch die Altstadt von Jerusalem eine Ungeheuerlichkeit", so Botschafter Salah Abdel Shafi. "Dieser Marsch spiegelt mit seiner rassistischen, hasserfüllten, gewalttätigen und gewaltbereiten Botschaft nichts anderes als die heutige israelische Gesellschaft und Politik wider, und dies nicht nur in Jerusalem, sondern in ganz Israel. Mit (...) genau diesem Staat vertieft Österreich seine strategischen Beziehungen, und es gibt keine Konsequenzen, kein Wort der Kritik – ganz im Gegenteil", kritisierte der Botschafter.

Im Gazastreifen protestierten hunderte Menschen.
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Die USA, engster Verbündeter Israels, verurteilten gegen Araber gerichtete "rassistische" Gesänge der Demonstrierenden: "Die Vereinigten Staaten lehnen rassistische Sprache in jeder Form ausdrücklich ab", erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, auf Twitter.

Der Marsch findet jährlich am Jerusalem-Tag statt. Dabei wird die israelische Eroberung Ostjerusalems während des Sechstagekrieges 1967 gefeiert. Die Palästinenser fordern den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt eines eigenen Staates.

Vor rund zwei Jahren war der Flaggenmarsch wegen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen abgebrochen worden. Die dort herrschende Hamas warnte, dass eine "rote Linie" in Jerusalem nicht überschritten werden dürfe. Im Gazastreifen versammelten sich aus Protest Hunderte an der Grenze zu Israel. Dabei schwenkten sie palästinensische Flaggen und zündeten Reifen an. Nach Angaben von Sanitätern wurden mehrere Palästinenser durch Schüsse verletzt.

Erst am Samstag endete nach einer Waffenruhe eine fünftägige Gewaltrunde zwischen Israel und militanten Palästinensern aus dem Küstenstreifen. (APA, 18.5.2023)