Ob die Hündin sich bei dem Unfall auf dem angrenzenden Grünstreifen oder auf der Straße bewegt hat, ist für die Haftung der Halterin laut Gericht nicht entscheidend.

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Eine Oberösterreicherin muss Schadenersatz an eine Radfahrerin bezahlen, weil diese von ihrer Hündin erschreckt wurde und schwer stürzte. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hervor (OGH 16.5.2023, 2 Ob 71/23i).

Die Hündin war nicht angeleint und unbeaufsichtigt vor dem Hof ihrer Besitzerin hin und her gelaufen. Als die Radfahrerin auf einem Güterweg vorbeifuhr, lief das Tier auf sie zu und bellte. Die Frau wich aus Angst aus und stürzte. Vor Gericht verlangte sie von der Halterin Schmerzengeld.

Die Hundebesitzerin bestritt, dass sie für den Unfall allein verantwortlich sei. Die Radfahrerin trage aufgrund des gefährlichen Ausweichmanövers zumindest eine Mitschuld an ihren Verletzungen. Außerdem sei die Hündin zum Unfallzeitpunkt nicht direkt auf der Straße gelaufen, sondern auf einem angrenzenden Grünstreifen. Die Richterinnen und Richter überzeugte sie mit dieser Argumentation aber nicht.

"Schreckreaktion"

Das Auslenkmanöver der Frau sei eine "Schreckreaktion" gewesen, die "entschuldbar" sei. Wird ein Verkehrsteilnehmer bei einer "plötzlich auftretenden Gefahr zu schnellem Handeln gezwungen" und trifft er deshalb eine "unrichtige Maßnahme, dann kann ihm dies nicht als Mitverschulden angerechnet werden", heißt es in der Entscheidung des OGH. Das Urteil des Oberlandesgerichts Linz, das ein Mitverschulden der Radfahrerin ausschloss, sei deshalb vertretbar gewesen.

Ob die Hündin sich bei dem Unfall auf dem angrenzenden Grünstreifen oder auf der Straße bewegt habe, sei für die Haftung der Halterin zudem nicht entscheidend. Hundehalterinnen und Hundehalter seien dazu verpflichtet, ihre Tiere "sorgfältig zu verwahren". Denn auch gutmütige Hunde können "durch ihre von Trieben und Instinkten gelenkten Bewegungen, die nicht durch Vernunft kontrolliert werden, Schaden stiften", schreiben die Höchstrichter.

Die gesetzliche Grundlage für die Haftung von Tierhaltern ist Paragraf 1320 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Demnach haften Herrchen, wenn sie es "vernachlässigt" haben, ihr Tier angemessen zu "verwahren". Zudem gibt es eine Beweislastumkehr, die Verletzten zugute kommt: Vor Gericht müssen stets die Halter beweisen, dass sie für die "erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung" gesorgt haben. (japf, 20.5.2023)