Ján Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová waren im Februar 2018 ermordet worden.

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Bratislava – Im Prozess um die Ermordung des slowakischen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová im Jahr 2018 ist am Freitag ein weiterer Schuldspruch gefallen. Die Angeklagte Alena Zsuzsová wurde für schuldig befunden, den Mord organisiert zu haben, sie muss 25 Jahre ins Gefängnis. Der Oligarch Marian Kočner hingegen erhielt – wie bereits bei einem früheren Prozess – einen Freispruch.

Zsuzsová soll den Mordauftrag vermittelt haben. Viel hatte zuvor auf Kočner als Auftraggeber hingedeutet. Laut Gericht habe es gegen Kočner aber lediglich indirekte Beweise gegeben, die für einen Schuldspruch nicht ausreichen würden. Auch dass ein bereits rechtskräftig verurteilter Mittelsmann ausgesagt hatte, Zsuzsová habe ihm gegenüber stets von einem Auftrag für Kočner gesprochen, war für das Gericht letztlich nicht entscheidend. Man könne nicht ausschließen, hieß es, dass Zsuzsová ihrem Auftrag dadurch bloß mehr Gewicht verleihen habe wollen. Der genannte Mittelsmann und Kočner selbst hätten sich demnach jedenfalls nie direkt getroffen.

Kuciak hatte immer wieder zu bekannten Unternehmern recherchiert. Bereits im September 2020 waren der Geschäftsmann Kočner und seine Vertraute Zsuzsová aber vom Vorwurf, hinter dem Mord zu stecken, aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. Am 15. Juni 2021 hatte der Oberste Gerichtshof der Slowakei den Freispruch wieder aufgehoben. Im Februar 2020 wurde Kočner jedoch in einer anderen Strafsache wegen Betrugs zu 19 Jahren Haft verurteilt.

"Ich bin kein Dummkopf"

Für die Staatsanwaltschaft gilt der Geschäftsmann, dem gute Beziehungen in die hohe Politik nachgesagt werden, als eigentlicher Drahtzieher des Journalistenmordes. Der Investigativreporter Kuciak hatte über seine Geschäfte recherchiert und sei ihm zu gefährlich geworden. Der Angeklagte stritt jede Schuld ab. "Ich bin kein Heiliger, aber ich bin auch kein Mörder. Und sicher auch kein Dummkopf, der nicht weiß, was der Tod von Menschen bewirken würde," sagte er vor Gericht.

Der zweite Freispruch hat erneut für einen Schock gesorgt. Allgemein wurde erwartet, die Beweise der Staatsanwaltschaft seien diesmal wasserdicht. Die Familien der Opfer verließen noch während der Urteilsverkündung bestürzt den Gerichtssaal. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es wird erwartet, das die Anklage in Berufung gehen wird. Sie hatte für beide Hauptangeklagten eine lebenslange Haftstrafe gefordert.

Der Mörder des Paares und zwei Mittäter waren bereits in früheren Prozessen zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Kuciak hatte über kriminelle Verstrickungen von Politik und Unternehmern berichtet. Der Doppelmord und die erst nach seinem Tod veröffentlichte letzte Reportage Kuciaks über mögliche Mafia-Verbindungen zur damaligen sozialdemokratischen Regierung lösten Massendemonstrationen aus, die zum Sturz von Regierungschef Robert Fico sowie zu Entlassungen in Polizei und Justiz führten. (Reuters, miwi, 19.5.2023)