Das von vielen Fachleuten bereits Anthropozän titulierte Zeitalter des Menschen ist geprägt von Umweltzerstörung und Artenvernichtung. Das sechste große Massenaussterben der Erdgeschichte beschleunigt sich sogar. Die Rate, mit der neue Arten entdeckt werden, kann mit dem Massenaussterben mittlerweile kaum mithalten. Dementsprechend sind viele der nun vorgestellten neuen Arten aus der südostasiatischen Mekongregion bereits vom Aussterben bedroht: Die Umweltstiftung World Wide Fund for Nature (WWF) hat zum Internationalen Tages der Artenvielfalt die Bilanz von zwei Jahren Forschung im Mekon-Einzugsgebiet vorgestellt: 380 bisher unbekannte Tier- und Pflanzenarten wurden dabei entdeckt.

Demnach haben hunderte Wissenschafter unterschiedlicher Forschungsinstitute zwischen 2021 und 2022 in Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam 209 Pflanzen, 19 Fische, 24 Amphibien, 46 Reptilien und ein Säugetier aufgespürt. Die neuen Entdeckungen zeigten, dass die Region immer noch "ein fruchtbarer Boden für wissenschaftliche Erkundungen und ein Hotspot der Artenvielfalt ist". Jedoch machten sie auch dramatisch klar, wie viel durch die zunehmende Zerstörung der Lebensräume auf dem Spiel stehe, so der WWF.

Blaue Köpfe und Mäuseohren
Zu den entdeckten Arten zählen die Blaukamm-Agame (Calotes goetzi) aus Kambodscha, die zur Verteidigung ihre Farbe wechselt, sowie eine Froschart (Theloderma khoii) aus dem Norden Vietnams, die sich mit einer moosähnlichen Hautstruktur tarnt. Zudem konnte eine äußerst giftige Schlange (Bungarus suzhenae) dokumentiert werden, die nach einer Schlangengöttin aus einer chinesischen Legende benannt wurde.

Einziges Säugetier auf der Liste ist eine Mausohrfledermaus (Myotis Hayesi) aus Kambodscha. Dafür wurden umso mehr wunderschöne Blumen entdeckt, wie die leuchtend rosa-gelbe Miniorchidee Dendrobium fuscifaucium (Laos) sowie neue Arten von Begonien und Rhododendren.

Ayeyarwady-Gebirgsbächen in Myanmar vor.
Seit 1997 seien rund um den mächtigen Fluss Mekong damit bereits 3.389 zuvor unbekannte Pflanzen, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere dokumentiert worden, teilte der WWF Deutschland mit. Dabei würden modernste Technologien helfen, etwa Bioakustikmethoden zur Analyse der von Tieren erzeugten Geräusche oder Fortschritte bei der genetischen Sequenzierung, heißt es in dem Bericht.

Ausgelöscht vor der Entdeckung
"In der Mekongregion gibt es vermutlich noch unzählige Arten, die die Wissenschaft nicht kennt. Es könnten Tier- und Pflanzenarten für immer ausgelöscht werden, bevor wir überhaupt von deren Existenz erfahren", warnte Stefan Ziegler vom WWF Deutschland. Unter anderem stellen riesige Wasserkraftwerke und massive Wilderei eine Bedrohung dar. Ziel müsse es sein, die biologisch wertvollen Gebiete am Mekong grenzüberschreitend und dauerhaft zu schützen, betonte Ziegler. (red, APA, 22.5.2023)