Zinserhöhungen der Notenbanken verändern das Kreditgeschäft.

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"Banken werden als Teil der Lösung für die grüne Transformation der Realwirtschaft gesehen", sagt Philipp Wackerbeck, Partner und Managing Director bei Strategy&, der Strategieberatung im PwC-Netzwerk. Das galt zumindest bis zum Fall der Silicon Valley Bank im März und den daraus folgenden Unsicherheiten im Sektor.

Denn die vergangenen Jahre haben die Bedingungen für Banken verändert – allen voran die rasch gestiegenen Zinsen. Das hat für die Banken in einem ersten Schritt zwar wieder Erträge aus dem Zinsgeschäft gebracht, schwächt aber die Kunden. Rund 70 Prozent der Banken in Europa verdienen die Kapitalkosten derzeit nicht. Die Sorge vor einem Vertrauensverlust im Sektor ist also groß. Denn die Geldhäuser sind untereinander auch stark vernetzt – fällt ein Teilnehmer aus dem Markt, hat das auch Konsequenzen für die anderen. Wackerbeck bezeichnet das Vertrauen daher auch als die Achillessehne der Banken.

In Europa sieht der Experte derzeit aber keine Vertrauenskrise. Das zeigen auch die Daten, die von PwC für den aktuellen Report "European Banking Vulnerability Analysis" zusammengetragen wurden. Die gute Ausgangslage in Europa liege vor allem an den strengeren regulatorischen Vorgaben seit der Finanzkrise. Die Banken in Europa haben ihre Hausaufgaben gemacht, die Liquiditätssituation hat sich verbessert. In den USA hat die Regierung unter Ex-Präsident Donald Trump die Vorgaben gelockert. Das räche sich jetzt.

Rascher Anstieg

Der Anstieg der Inflation führte letztlich zu einer unerwarteten und schnellen Umkehr der Geldpolitik und raschen Zinserhöhungen. Diese Umkehr zeige Folgen. Denn sowohl Banken als auch Unternehmen haben im Vorjahr zwar noch gute Gewinne gemacht. Viele Unternehmen konnten gestiegene Preise an die Kunden weitergeben, die auch bereit waren, das zu bezahlen. Doch die Zinsen werden laut Wackerbecks Einschätzung noch weiter steigen und dann für längere Zeit hoch bleiben. Eine rasche Zinssenkung für eine Erholung sei nicht in Sicht. Diese gestiegenen Kosten für Finanzierungen werden für Privathaushalte und zunehmend auch für Unternehmen zum Problem.

Die Bauwirtschaft hat bereits gezeigt, wie schnell es zu einer Verlangsamung der Entwicklung kommen kann, wenn Rohmaterialien teurer werden und sich die Kosten für Kredite verteuern. Das sei der Punkt, an dem auch die Banken ein Problem bekommen. "Die Kreditqualität nimmt ab", sagt Wackerbeck. Fallen Kredite aus oder leiden einzelne Sektoren, verschlechtert das auch das Rating des Sektors. Die Kreditvergabe der Banken wird, vor allem für angeschlagene Sektoren, restriktiver werden, weil für die Bank die Risikokosten steigen. Sprich, die Bank muss diese Kredite mit mehr Eigenkapital hinterlegen. Damit werden in Summe weniger Kredite vergeben werden können. An den aktuellen Rekordgewinnen der Banken lässt sich das noch nicht ablesen. "Aber in ein bis zwei Jahren wird man die Probleme sehen können", sagt Wackerbeck.

Der Fall der Silicon Valley Bank hat auch gezeigt, wie rasch sich Informationen über Social Media verbreiten. Dass soziale Medien zum Verstärker werden, ist ein Fakt, den Banken laut Wackerbeck mitdenken müssen. Der Experte empfiehlt den Bankmanagern ein "social listening": Was wird in diversen Medien über mich verbreitet? Wie ist die Stimmung in Bezug auf die Bank? Einfließen in hausinterne Analysen sollte auch "die Wechselwirkung bei einzelnen Industrien, und zwar über die Lieferketten hinaus", sagt Wackerbeck. Somit würden Markteffekte und Auswirkungen auf Kunden besser sichtbar. (Bettina Pfluger, 22.5.2023)