Kurt Gollowitzer: "Meine Freizeit habe ich schon früher gerne im Stadion verbracht."

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Am Montagabend wurde Kurt Gollowitzer auf der Generalversammlung der Austria für eine Amtszeit von vier Jahren als neuer Präsident des Vereins abgesegnet. Der 50-jährige Geschäftsführer der Wien Holding folgt Frank Hensel nach. Schon als Kind hat er violetten Fußballgöttern auf die Beine gesehen.

STANDARD: Sie haben 98,67 Prozent der Stimmen erhalten. Hätten Sie sich mehr Spannung und einen Gegenkandidaten gewünscht?

Gollowitzer: Man kann auch als einziger Kandidat schlecht aussteigen. Darum nehme ich das Ergebnis mit großer Demut an und bin stolz auf die Zustimmung. Ich werde mein Bestes geben, um den großen Erwartungen, die in meine Person gesetzt werden, gerecht zu werden.

STANDARD: Sie haben abseits der Austria etliche Funktionen in der Wirtschaft inne. Wie viel Zeit bleibt da tatsächlich, um für den Verein das Beste zu geben?

Gollowitzer: Das ist eine Herausforderung. Ich habe vor der Kandidatur mit meiner Familie gesprochen. Nur wenn alle dahinterstehen, ist diese Aufgabe zu bewältigen. Ein Großteil der Wochenenden, viele Abende unter der Woche werden der Arbeit für die Austria gewidmet sein. Meine Freizeit habe ich aber schon früher gerne im Stadion verbracht.

STANDARD: Man sagt, Sie seien Austrianer durch und durch. Wie konnte das passieren?

Gollowitzer: Ich habe mein erstes Bundesligaspiel 1980 im Praterstadion besucht. Die Austria hat 3:1 im Derby gewonnen. Ich bin rausgegangen, und die Sache war klar: nur mehr Austria Wien. Auch das Stadthallenturnier war prägend. Robert Sara, Felix Gasselich und Herbert Prohaska – das war Zauberei.

STANDARD: Man erwartet von Ihnen neue Sponsoren. Ihrem Vorgänger Frank Hensel werden Versäumnisse vorgeworfen. Können Sie es besser?

Gollowitzer: Ich muss meinen Vorgänger in Schutz nehmen. Er ist in einer wirtschaftlich schwierigen Situation gekommen. Und dann kam noch die Pandemie. In dieser Situation ist es nicht leicht gewesen, neue Sponsoren an Land zu ziehen. Natürlich steht die Suche nach Sponsoren auch für mich ganz oben auf der Liste. Dieser Aufgabe fühle ich mich verpflichtet.

STANDARD: Sie waren bereits im Aufsichtsrat tätig, als die Austria in eine schlimme finanzielle Krise gerutscht ist. Tragen auch Sie eine Verantwortung für dieses Schlamassel?

Gollowitzer: Die Großzahl der Verbindlichkeiten ist dem Stadionbau entsprungen. Als ich zum Aufsichtsrat gestoßen bin, war das Stadion bereits fertiggestellt. Es ist bis heute kein strafrechtliches Verhalten festgestellt worden, das man dem damaligen Vorstand vorwerfen könnte. Der damalige Aufsichtsrat hat nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

STANDARD: Bei der Austria gab es sichtbare Präsidenten wie Wolfgang Katzian und eher unauffällige wie Peter Langer. Wie wollen Sie das Amt anlegen?

Gollowitzer: Man wird mich in dieser Funktion öffentlich wahrnehmen können. Ich bin kommunikativ und mische mich gern unter die Leute. Ich werde ein aktiver Präsident sein, nicht anders als ich es als Konzernchef bin. Ich habe Informationen gerne aus erster Hand und arbeite an vorderster Front mit.

STANDARD: Wie viel muss ein Präsident vom Fußball verstehen?

Gollowitzer: Ich glaube, dass ich einiges vom Fußball verstehe. So wie Millionen Nationaltrainer mache auch ich mir Gedanken über die Aufstellung. Aber ich maße mir sicher nicht an, mich als Experten zu bezeichnen. Dafür gibt es kompetentere Leute im Verein wie unseren Trainer, den Sportdirektor oder den Sportvorstand. Die wissen es wohl besser.

STANDARD: Sie pflegen ein gutes Verhältnis zu Vorstand Jürgen Werner. Man hört aber, dass Ihnen die Trennung von Trainer Manfred Schmid im Winter sehr missfallen hat.

Gollowitzer: Ich schätze Schmid sehr. Ich habe mitgeholfen, ihn in einer schwierigen Zeit an den Verein zu binden. Er hat in der ersten Saison Rang drei erreicht, das war nicht zu erwarten. Die Art und Weise der Trennung war dann einer Austria nicht würdig, die Vorgehensweise hat mich gestört. In der Kommunikation haben wir Luft nach oben. Das können wir besser machen.

STANDARD: Laut Jürgen Werner reden bei der Austria zu viele Leute in zu vielen Gremien mit. Teilen Sie diese Meinung?

Gollowitzer: Es gibt keinen von der Größe her vergleichbaren Verein in der Bundesliga, in dem nur wenige Leute mitreden. Aber welche Personen können im Endeffekt Entscheidungen treffen? In der AG haben wir den Vorstand und einen Aufsichtsrat. Im Verein haben wir das Präsidium und einen Verwaltungsrat. Beide Strukturen sind nicht überdimensioniert. Entscheidungen können schnell getroffen werden. Trivial heruntergebrochen unterschreiben alle Stakeholder dieselben Ziele, es geht um sportlichen Erfolg und wirtschaftliche Stabilität.

STANDARD: Finanzielle Stabilität ist noch Wunschdenken. Der Austria wurde dreimal in Folge die Lizenz in erster Instanz verweigert. Wird sich das unter Ihrer Führung ändern?

Gollowitzer: Das ist eines der obersten Ziele. Das war ganz schlimm für den Verein. Der Klub und die Mitarbeiter haben das nicht verdient. Aber man hat auch gesehen, wie schnell der Verein die geforderten Mittel aufstellen konnte, wozu der Verein in der Lage ist. Ich möchte eine Verweigerung der Lizenz jedenfalls nicht mehr miterleben.

STANDARD: Und wie sehen die sportlichen Ziele aus?

Gollowitzer: Wir wollen auf jeden Fall unter den Top drei in der Bundesliga mitspielen. Und wenn es gut läuft, lässt sich vielleicht auch mal Salzburg vom Thron stoßen. 2013 ist uns das ja auch gelungen.

STANDARD: Der bis 2024 laufende Vertrag von Vorstand Gerhard Krisch wurde nicht verlängert. Wann wird er ersetzt?

Gollowitzer: Ich möchte den Wirtschaftsvorstand so schnell wie möglich neu besetzen. Idealerweise noch vor Beginn der neuen Saison, also spätestens in diesem Juli. (Philip Bauer, 23.5.2023)