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Katzen haben infektiöse Krallen, wenn sie vom Bakterium Bartonella henselae befallen sind. Der Erreger wird von Flöhen übertragen

Foto: apa/dpa/Patrick Pleul
Der Zwölfjährige hatte seit zwei Wochen ein schmerzhaft gerötetes Oberlid und geschwollene Lymphknoten im Bereich der Speicheldrüsen. Die Antibiotikatherapie blieb wirkungslos. Erst als der Junge seinem HNO-Arzt vom Kontakt mit einer jungen Katze erzählte, kam der Mediziner dem krankmachenden Keim auf die Spur.

Die Katzenkratzkrankheit

Im Blut wurden Antikörper gegen Bartonella henselae, dem Erreger der so genannten Katzenkratzkrankheit (KKK) gefunden. "Es handelt sich dabei um ein stäbchenförmiges Bakterium, das die roten Blutkörperchen von Katzen befällt, ohne dass diese daran erkranken. Diese Tiere sind so genannte "healthy carrier", erklärt Helga Kielstein, Allgemeinmedizinerin in Jena, und Mitautorin einer wissenschaftlichen Arbeit über Bartonellose.

Der Floh als Zwischenwirt

KKK wurde bereits 1950 beschrieben, der Erreger aber erst 1992 eindeutig identifiziert werden. "Der Übertragungsweg von der Katze auf den Menschen gab lange Zeit Rätsel auf", so Kielstein. "Man wusste nicht, ob nun Krallen, Fell oder die Maulhöhle der Katzen kontaminiert sind." Mittlerweile weiß man, dass Bartonella henselae einen Floh als Zwischenwirt benötigt.

Kielstein: "Das Bakterium lebt im Verdauungstrakt des Flohs und wird mit dessen Kot in das Katzenfell ausgeschieden." Der Flohkot wirkt als schützendes Medium und erhält die Infektiosität des Erregers. So werden auch die Krallen der Katze kontaminiert. Die Keime können bei Kratzverletzungen in den Organismus von Menschen gelangen. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch findet nicht statt.

Auf Symptome achten

Die Bartonellose ist im Grunde keine bedrohliche Erkrankung, wie die Medizinerin erklärt: "Nur bei Immundefizienz können schwere Krankheitsverläufe an Herz, Leber oder Knochen auftreten." Der typische Krankheitsverlauf: zuerst rotbraune Bläschen, die oft als Insektenstich interpretiert werden, nach zwei Wochen kommt es zu einer schmerzhaften Schwellung der Lymphknoten, Fieber, Kopf- und Gelenkschmerzen, manchmal Übelkeit, ähnlich wie bei einem grippalen Infekt.

Verlauf

Die Erkrankung heilt meist von selbst ab, bei stärkeren Beschwerden ist eine Antibiotikatherapie angezeigt. "Deshalb steht eine gewissenhafte Erhebung der Anamnese mit Katzenberührung und Nachweis der typischen Lymphknotenschwellung im Mittelpunkt der Diagnose", so Kielstein. "Insbesondere bei erkrankten Kindern sollte der Arzt nachfragen, ob in letzter Zeit eine Katze angeschafft wurde, die Kinder eventuell beim Spielen Kontakt zu Straßenkatzen hatten. Das gilt vor allem auch für streunende Katzen in südlichen Urlaubsländern." Bei Verdacht wird das Blut auf spezifische Immunglobuline untersucht.

Vorsorge

Die Prophylaxe betrifft aber vor allem den eigenen Vierbeiner: "Durch eine konsequente Flohbekämpfung mit Halsbändern oder flüssigen Spezialpräparaten wird der Zwischenwirt eliminiert, und die Katze stellt keine Gefahr mehr für den Menschen dar", beruhigt Kielstein. Die Zimmertiger sollten also auf keinen Fall abgeschafft werden. (DER STANDARD, Printausgabe, anfa, 14.08.2006)