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Luis Posada Carriles wurde 2005 verhaftet, nachdem er illegal in die USA eingereist war

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17. November 2000: Fidel Castro gibt beim Lateinamerikagipfel in Panama bekannt, dass sich Luis Posada Carriles in der Stadt befindet. Kurz darauf wurde der von mehreren Staaten gesuchte Terrorist mit 16 Kilo Sprengstoff verhaftet.

Foto: AP /Jose Goitia
Eine US-Bundesrichterin hat die Anklage gegen den in Kuba und Venezuela als Terroristen gesuchten Luis Posada Carriles fallen gelassen. Richterin Kathleen Cardone habe am Dienstag alle sieben Vorwürfe wegen Verstößen gegen das Ausländerrecht gestrichen, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Washington.

Posada Carriles soll hinter den Anschlägen auf ein kubanisches Verkehrsflugzeug mit 73 Menschen an Bord im Jahr 1976 und ein Hotel auf der Karibikinsel stecken. Außerdem scheiterte im Jahr 2000 ein Anschlagsversuch auf den kubanischen Präsidenten Fidel Castro.

Felipe Millan, der Anwalt Posada Carriles, erklärte, Aussagen seines Mandanten seien verfassungswidrig erhoben worden. "Sie hatten ihn hinters Licht geführt", erklärte der Verteidiger. Sein Mandant habe geglaubt, er werde im Rahmen eines Einwanderungsverfahrens befragt, das sich später als Ermittlungen wegen eines Verbrechens herausstellte, gab der Verteidiger an. Die Richterin schloss sich dieser Argumentation, Posada Carriles´ Aussage sei unter Vorspieglung falscher Tatsachen zustande gekommen, an.

Das US-Justizministerium gab in einer ersten Stellungnahme an, man überprüfe die Entscheidung der Richterin, über einen möglichen Gang in die zweite Instanz sei noch keine Entscheidung getroffen worden.

“Bin Laden der westlichen Hemisphäre“

Vertreter der lateinamerikanischen Staaten Kuba und Venezuela, wo der 79-jährige Posada Carriles wegen mehreren Anschlägen gesucht wird, kritisierten die Entscheidung: „Die Bush-Regierung beschützt den Bin Laden der westlichen Hemisphäre, weil sie Angst hat, dass er über die Verbindungen zwischen US-Behörden und seinen terroristischen Aktivitäten reden könnte“, sagte Dagoberto Rodriguez, Kubas Top-Diplomat in Washington.

Bernardo Alvarez Herrera, Venezuelas Botschafter in Washington, wirft der US-Regierung in einem Gastbeitrag auf der Webseite Politico vor, den Verantwortlichen für „das schlimmste Flugzeugattentat in der westlichen Hemisphäre vor 9/11“ zu schützen.

Die Vorwürfe

Am 6. Oktober 1976 starben alle 73 Menschen an Bord der Fluges 455 der Fluglinie Cubana de Aviacion, als die Maschine nach einer Explosion ins Meer vor Barbados stürzte. An Bord waren unter anderem die kubanische Fecht-Nationalmannschaft und mehrere Medizinstudenten aus Guayana.

Mittlerweile freigegebene FBI-Dokumente belegen, dass ein Mitarbeiter von Posada Carriles´ Firma vor dem Anschlag Aufzeichnungen über Starts und Landungen kubanischer Flugzeuge auf Barbados führte und mehrere Ziele ausspionierte, auf die kurz darauf ebenfalls Anschläge verübt wurden.

Anschlag auf Hörsaal geplant

Im Jahr 2000 wurde Posada Carriles in Panama verhaftet. In seinem Besitz fand sich eine Sporttasche mit 16 Kilo C4-Sprengstoff, den er in einem vollbesetzten Hörsaal während einer Rede des kubanischen Staatschefs Fidel Castro hochgehen lassen wollte. 2004 wurde er wegen „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt, kurz darauf aber von der scheidenden Präsidentin Mireya Moscoso begnadigt.

Das FBI entsandte laut Miami Herald vor kurzem mehrere Ermittler nach Havanna, um Beweismaterial gegen Posada Carriles im Zusammenhang mit einem Anschlag auf ein kubanisches Hotel, bei dem ein italienischer Tourist starb, zu sichten. Ob in diesem Fall Anklage in den USA erhoben wird, steht noch nicht fest.

Held der Exil-Kubaner

Die einflussreiche kubanische Community in Miami, die große Beiträge zur Finanzierung der Wahlkämpfe Präsident Bushs und seines Bruders Jeb, des Gouverneurs von Florida, leistete, verehrte den Castro-Feind lange Zeit als Helden. Erst nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon distanzierten sich einige Exilkubaner von ihm: „Nach 9/11 ist es unentschuldbar geworden, Anschläge, bei denen Zivilisten ums Leben kommen könnten, zu rechtfertigen“ sagte Alfredo Durán, der an der gescheiterten Invasion in der Schweinebucht 1961 teilnahm, zur New York Times.

Angehörige der Opfer des Anschlags auf den Cubana-Flug 455 erheben schwere Vorwürfe gegen die Regierung Bush: „Ich bin empört, dass wir einen Terroristen in unserer Mitte haben“ sagte Roseanne Nenninger, deren 19-jähriger Bruder auf dem Weg zum Medizinstudium nach Havanna war, als die Bombe detonierte.

„Das Lächeln dieses mutmaßlichen Attentäters, der seine Freiheit genießen darf, bringt Erinnerungen an die Tränen meiner Mutter, die sterben musste, ohne dass der Mörder meines Vaters für seine Taten büßen musste“, schrieb Margarita Morales Fernandez, deren Vater bei dem Anschlag starb, in einem Leserbrief an den Miami Herald, in dem sie die Auslieferung Posada Carriles´ nach Venezuela fordert, wo er sich wegen des Anschlages vor Gericht verantworten soll. Die US-Regierung lehnt dies ab, weil ihm dort eigenen Aussagen zufolge Folter droht.

Auf der Gehaltsliste der CIA

Realistischer ist, dass Aussagen Posada Carriles´ vor Gericht seine Verbindungen zu US-Geheimdiensten aufdecken könnten: Zumindest bis 1976 stand er auf der Gehaltsliste der CIA. Kurz nach dem Anschlag auf das kubanische Flugzeug habe man die Beziehung beendet, gibt der US-Geheimdienst, dessen Direktor damals Ex-Präsident George H. W. Bush war, an – die Anwälte des Angeklagten glauben belegen zu können, dass ihr Mandant bis in die 80er Jahre für Langley arbeitete.

Im Jahr 1988 gab Posada Carriles der "New York Times" ein Interview , in dem er behauptete, von der CIA in der Handhabung von Sprengstoffen und in Sabotage ausgebildet worden zu sein. Mittlerweile distanziert er sich von seinen Aussagen. (bed/derStandard.at/9.5.2007)