Viele Jobsuchende müssten umziehen, um eine Stelle zu bekommen. Der Übersiedlung steht oft das eigene, mühsam gebaute Haus entgegen, was den typisch österreichischen Wiglwagl erklärt.

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Wien - Was im Frühjahr nach einem Vorschlag von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer noch heftig debattiert wurde, wird bald Realität. Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat nun die Modalitäten für die "Mobilitätsprämie" ausgearbeitet, die über den Sommer mit Sozialpartnern und Regierung vereinbart werden soll.

Das AMS nennt das neue Instrument Übersiedlungsprämie, die maximal 4632 Euro betragen wird. Gedeckt werden aber nur die tatsächlich anfallenden Umzugskosten, heißt es. Basis der Berechnung ist die bereits existierende Entfernungsbeihilfe, die derzeit bei Annahme einer abgelegenen, offenen Stelle vom AMS bezahlt wird, bis zu 193 Euro im Monat ausmacht und zwei Jahre lang bezogen werden kann. Das AMS legt diesen Zuschuss nun um zahlt den gesamten Betrag auf einmal aus, wenn eine Übersiedlung stattfindet. AMS-Vorstand Johannes Kopf bestätigte die Standard-Informationen, wollte aber keine Details nennen.

Hintergrund der Maßnahme ist die geringe Mobilität österreichischer Jobsuchender, während gleichzeitig große regionale Ungleichgewichte von Stellen-Angeboten und -Nachfrage vorzufinden sind. Derzeit werden 95 Prozent der freien Arbeitsplätze im Umfeld des Wohnsitzes vermittelt, nur fünf Prozent nehmen einen entfernten Job an.

Von den Sozialpartnern wird das Vorhaben positiv aufgenommen. Gernot Mitter, Experte der Arbeiterkammer, spricht von einer "sinnvollen Ergänzung, wenngleich dadurch nicht zehntausende Arbeitsplätze besetzt werden". Ähnlich ist die Reaktion der Wirtschaftskammer, die sich ebenfalls für derartige Beschäftigungsanreize stark macht.

Wie groß die regionalen Unterschiede sind, zeigt das Beispiel der drei Berufsgruppen Dreher, Fräser und Schlosser, für die ja ein Sonderkontingent von 800 osteuropäischen Fachkräften verordnet wurde. Trotz des Mangels vor allem in den westlichen Bundesländern waren im Juni in Österreich 237 Personen mit Lehrausbildung in diesen Branchen auf Jobsuche. Allerdings bremsen Experten die Erwartungen in die neue Prämie, wichtiger seien Aspekte wie Familienstand, Betreuungseinrichtungen und Wohnsituation, heißt es aus dem AMS.

Die Übersiedlungsprämie ist freilich nicht das einzige Instrument, mit dem die regionalen Ungleichheiten beseitigt werden sollen. Gerade auf dem Prüfstein befinden sich die Zumutbarkeitsbestimmungen für die Ablehnung einer offenen Stelle, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat bereits eine Evaluierung der Situation vogenommen. Derzeit kann ein Job abgelehnt werden, wenn er mehr als zwei Stunden Fahrtzeit entfernt ist. Die Wirtschaftskammer wünscht sich eine Ausdehnung der Grenze. Ähnlich ist es bei Personen mit Betreuungspflichten, die eine Stelle verweigern können, wenn sie mit mehr als 16 Wochenstunden verbunden ist. Auch hier drängt die Wirtschaft auf eine Verlängerung, die Arbeiterkammer ist dagegen.

Änderungen sind auch in der Ausbildung geplant. Der Blum-Bonus für neue Lehrstellen soll laut Bartenstein im Herbst adaptiert und das Gießkannenprinzip reduziert werden. Lehrstellen mit größeren Zukunftsaussichten würden dann stärker gefördert. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.07.2007)