Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Theresa Kamp anhand eines Beispiels, wann eine Ehe gültig ist, wenn sie im Ausland geschlossen wird.

Viele Menschen, die in Österreich leben, sind verheiratet. Manche haben in Österreich geheiratet, andere haben zwar nicht in Österreich geheiratet, leben aber gemeinsam in Österreich. Die Kinder gehen hier zur Schule, und wenn man sich scheiden lassen will, werden österreichische Gerichte befasst. Immer wieder muss daher beurteilt werden, wie man mit Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, umgeht. Vor allem wenn es um diese Ehen nicht mehr so gut bestellt ist. Es geht dann manchmal um die Frage, ob man sich in Österreich überhaupt scheiden lassen muss oder ob die Ehe ohnedies einfach ungültig ist. Vor allem dann, wenn die im Ausland geschlossene Ehe nicht den Voraussetzungen genügt, die man in Österreich erfüllen muss, um zu heiraten.

Eine Ehe, die nicht in Österreich geschlossen wird, muss gewisse rechtliche Kriterien erfüllen, um auch hierzulande gültig zu sein.
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Eheschließung über Whatsapp

Vor kurzem beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (OGH 5 Ob 42/22w) mit einem etwas ungewöhnlichen Fall. Es ging um ein Paar aus dem Iran. Der Mann war bereits 2012 nach Österreich gekommen. Vor seiner Ausreise aus dem Iran hatte der Mann seiner Mutter eine Generalvollmacht zur Regelung seiner Angelegenheiten erteilt. Er hatte schließlich eine Fernbeziehung mit einer Frau, die im Iran wohnte. Die Frau sollte nach Österreich kommen.

Die Idee war, nach Ankunft der Frau in Österreich zusammenzuleben und dann zu heiraten. Allerdings war es nach iranischem Recht für die Frau lediglich mit Zustimmung ihres Vaters oder Ehemanns möglich auszureisen. Der Vater der Frau wiederum knüpfte seine Zustimmung für ihre Ausreise an eine Verehelichung. Der Mann äußerte sich, dass es ihm einerlei sei, wie die Frau ihre Ausreise bewerkstellige. Die Eltern der Frau, die Eltern des Mannes und die Frau selbst suchten einen Notar in Teheran auf. Die Mutter des Mannes kontaktierte diesen über Whatsapp und fragte ihn, ob er die Frau heiraten wolle. Der Mann befand sich gerade in der Arbeit und sagte zu seiner Mutter sinngemäß, sie solle machen, was sie meine. Dann legte er auf. Die Ehe wurde sodann im Iran geschlossen.

Einige Jahre später kam es in Österreich zur Trennung, und die Frage tauchte auf, ob die Eheschließung überhaupt wirksam war. Der OGH führte aus, dass, damit eine Ehe in Österreich gültig ist, bei der Heirat eine bestimmte "Form" eingehalten werden muss. Wird eine Ehe im Ausland geschlossen, kommt es auch auf die Staatsangehörigkeit (Personalstatut) der Verlobten an. Es reiche aber per se aus, dass die Regeln des Ortes eingehalten werden, wo die Ehe geschlossen wurde.

Nachdem es sich um iranische Staatsbürger gehandelt hat und nach iranischem Recht die Ehe legal geschlossen werden konnte, war sie auch in Österreich gültig. In Österreich kann eine Ehe nicht durch Stellvertreter geschlossen werden. Die Verlobten müssen persönlich ihren Ehewillen vor dem oder der Standesbeamtin erklären. Dass in Österreich andere Regeln gelten, ist aber allein kein Kriterium. Knackpunkt war gemäß OGH der Ehewille. Laut OGH war nicht zweifelhaft, dass der Mann den Willen hatte, die Frau zu ehelichen. Sohin verstieß die Eheschließung – auch wenn sie über Stellvertretung zustande kam – nicht gegen die Grundwerte der österreichischen Rechtsordnung und war somit gültig.

Österreichische Grundwerte

Für im Inland geschlossene Ehen müssen die österreichischen (Form-)Vorschriften erfüllt werden, damit die Ehe wirksam geschlossen wird. Also beispielsweise, dass man persönlich zueinander vor einem Standesbeamten und einer Standesbeamtin (und nicht etwa in der Kirche) Ja sagen muss. Auch Ausländer und Ausländerinnen, die im Inland heiraten, müssen die österreichischen Vorschriften erfüllen. Grundsätzlich werden auch im Ausland geschlossene Ehen in Österreich anerkannt, solange die Regeln vor Ort bei der Eheschließung eingehalten werden. Auch wenn diese Eheschließungen so gestaltet sind, wie es in Österreich nicht erlaubt wäre. Davon gibt es aber Ausnahmen: nämlich wenn das zu einem Ergebnis führte, welches mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist.

Was ist ein Verstoß?

"Grundwerte der Rechtsordnung" klingt etwas sperrig. Was ist damit gemeint? Es lässt sich tatsächlich nicht so einfach definieren. Letztlich sind es Einzelfallentscheidungen, die Gerichte hier treffen müssen. Österreichische Verfassungsgrundsätze spielen bei der Beurteilung, ob etwas gegen Grundwerte der Rechtsordnung verstößt, eine Rolle. Persönliche Freiheit, Gleichberechtigung, Verbot abstammungsmäßiger, ethnischer und konfessioneller Diskriminierung gehören zum Schutzbereich. Oder auch die Einehe, das Verbot der Kinderehe und des Ehezwangs und Gleichbehandlung der Geschlechter (9Ob34/10f).

Außerdem ist es nicht nur erforderlich, dass das fremde Gesetz oder die fremde Vorschrift an sich schon anstößig ist, sondern auch dass es anstößig wäre, diese in Österreich anzuwenden, und außerdem eine genügend große Inlandsbeziehung besteht (RIS-Justiz RS0110743). (Theresa Kamp, 23.5.2023)