Bietet man den Plagegeistern keine Brutstätten wie offene Regentonnen oder verstopfte Regenrinnen, kann man die Zahl der lästigen Stechmücken reduzieren.
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Zwei Dinge kamen heuer etwas verspätet – und das eine hat das andere bedingt. Weil das warme Frühlingswetter ziemlich auf sich hat warten lassen, sind auch die ersten Stechmücken sehr spät aufgetaucht. Und während viele Ersteres sehnsüchtig erwartet haben, können die allermeisten auf Letzteres gut verzichten. Denn die kleinen Sauger sind ziemlich nervig. Sie können einem die lauen Abende nachhaltig vermiesen oder lassen einen nicht zur Ruhe kommen wegen ihres hohen Summens in der Nacht, wenn man eigentlich schlafen will. Noch viel unangenehmer sind die Stiche, die jucken und oft auch ziemlich anschwellen.

Weil die Gelsen im heurigen Jahr so plötzlich gekommen sind, vermitteln sie den Eindruck, besonders zahlreich zu sein. So manche malen schon eine ausgewachsenen Gelsenplage für den Sommer an die Wand. Doch Hans-Peter Führer vom Institut für Parasitologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien rät zum Abwarten: "Ob es heuer viele oder wenig Gelsen geben wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand genau sagen. Unser Monitoring in Ostösterreich zeigt sogar, dass die Anzahl der Stechmücken Anfang Mai heuer die geringste in den vergangenen zehn Jahren war. Nach der langen Regenphase kommen jetzt aber die sogenannten Überschwemmungsmücken zu uns." Und von denen gibt es im Moment wirklich viele. Das kann sich aber auch wieder ändern: "Je nachdem, wie sich das Wetter in den nächsten Wochen entwickelt, ob es etwa zu extremen Trockenperioden kommt oder auch zu lang anhaltenden Niederschlägen, verändert das die Zahl der Populationen."

Brutstätten vermeiden

Aber nicht nur Wettereinflüsse bedingen, wie viele Gelsen um einen herumschwirren. Wer nicht aufpasst, kann ganz unbemerkt Brutstätten für die kleinen Blutsauger schaffen, erklärt der Experte: "Gerade in der Stadt züchten wir uns viele Stechmücken selbst heran. Regentonnen etwa sollten immer mit einem Deckel verschlossen sein. Bei Wasseruntersetzern für Pflanzen empfehle ich, diese einmal wöchentlich auszuleeren. Und vor allem verstopfte Regenrinnen eignen sich hervorragend als Brutstätten für Hausgelsen, aber auch für die Asiatische Tigermücke, die es mittlerweile auch bei uns in Österreich gibt." Und bei ihr gilt es aufzupassen. Während die heimischen Stechmücken nur lästig sind und juckende Gelsendippel hinterlassen, kann die Tigermücke über 20 verschiedene Krankheitserreger übertragen. Bis Mitte Mai dieses Jahres wurde sie bereits in allen österreichischen Bundesländern gesichtet, DER STANDARD berichtete hier.

Nahaufnahme der Asiatischen Tigermücke. Wer eine sichtet, soll ein Foto machen und in der App "Mosquito Alert" hochladen.
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Die Asiatische Tigermücke kann Krankheiten übertragen, die es sonst bei uns nicht gibt, etwa Malaria, Dengue-Fieber, Chikungunya oder Zika. Dennoch sollte man nicht in Panik geraten, wenn man befürchtet, von einer Tigermücke gestochen worden zu sein, denn derzeit gibt es laut Führer diese Virusinfektionen bei uns nicht: "Eine Übertragung kann nur stattfinden, wenn eine Mücke zuvor einen infizierten Menschen gestochen hat und somit das Virus auch in sich trägt." Daher sei die Gefahr, sich in Österreich mit einem dieser Viren zu infizieren, derzeit noch sehr gering. Aber es ist auch nicht ausgeschlossen, und darum ist ein genaues Monitoring wichtig.

"Wer eine potenzielle Tigermücke entdeckt, sollte versuchen, ein Foto von ihr zu machen, am besten in nicht zerquetschten Zustand, und dieses über die App 'Mosquito Alert' hochladen." Fachleute der Ages und der Vet-Med-Uni in Wien schauen sich das Bild dann an und geben so schnell wie möglich Bescheid, ob es sich tatsächlich um eine Tigermücke handelt. Denn das ist für den Laien gar nicht so leicht erkennbar. Immerhin haben die Hälfte aller Stechmücken in Österreich Streifen, wie sie auch typisch für die Asiatische Tigermücke sind. Dennoch gibt es ein paar erkennbare Unterschiede, wie der Parasitologe weiß: "Tigermücken sind am Tag aktiv, und sie kommen massenhaft vor. Heimische Stechmücken hingegen sind vor allem in der Dämmerung unterwegs."

Auf ein Bier mit der Gelse

Wer dann gestochen wird, bekommt meist den typischen Gelsendippel. Dieser juckt, und je mehr man kratzt, umso schlimmer wird es. Johannes Bisschoff, Dermatologe aus Wien, erklärt: "Der Gelsendippel entsteht durch eine allergische Reaktion auf das Eiweiß im Speichel der Gelse. Die Entzündungszellen in der Haut setzen nach einem Stich den Botenstoff Histamin frei, es kommt zur typischen Schwellung mit Rötung und Juckreiz." Wer jetzt zu kratzen beginnt, macht es tendenziell noch schlimmer, denn Bakterien auf der Haut können in die entzündete Stelle eindringen. "Kühlende Kompressen und lokal betäubende Salben oder Antihistaminika lassen den Juckreiz viel besser abklingen", weiß der Dermatologe. Wer sich vor Stichen schützen will, sollte am besten Insektenschutzmittel auftragen, lange Kleidung tragen und sich in den Abendstunden nicht im Freien aufhalten. Denn die Wirksamkeit verschiedener Mückenkerzen oder Duftspiralen sehen Fachleute eher kritisch.

Nach einem Stich können aber auch verschiedene Hausmittel Linderung zu verschaffen. "Das Gel der Aloe-Vera-Pflanze oder kühlende Umschläge mit Topfen oder Eiswürfel helfen, die Schwellung und den Juckreiz zu lindern," berichtet Bischoff. "Auch kleine, akkubetriebene Geräte, die die betroffene Hautstelle kurzzeitig erwärmen, sollen bei allen Insektenstichen helfen." Die Idee dahinter: Der Speichel oder auch das Gift verschiedener Insekten werden durch die Wärme zerstört, somit wird der Juckreiz gelindert.

Stechmücken stechen aber längst nicht jede oder jeden. Die Mischung aus Körpergeruch, Atemluft und bestimmten chemischen Verbindungen, den sogenannten Pheromonen, bestimmt, wer als attraktiver Leckerbissen angesehen wird. Aber auch das Feierabendbier lockt die Blutsauger an: "Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Personen, die Bier trinken, vermehrt gestochen werden," weiß Parasitologe Führer. Und ob man nach einem Stich einen starken Juckreiz verspürt oder nur ein leichte Rötung bekommt, ist ebenfalls ganz individuell. Es kann sogar zu einer Art Gewöhnung kommen: "Wer etwa in seinem Garten immer wieder von der gleichen Stechmückenpopulation gestochen wird, reagiert mit der Zeit weniger stark darauf. Wird man dann an einem anderen Ort, also von einer anderen Population gestochen, kommt es wieder zu einer stärkeren Reaktion". (Jasmin Altrock, 25.05.2023)