Diese Drohne aus Sperrholz wurde von ukrainischen Soldaten abgeschossen.
Oberkommando der Streitkräfte der Ukraine/Об’єднаних Сил ЗС України

Eine russische Drohne aus Holz, Styropor, Klebeband und Teilen aus chinesischen Onlineshops sorgt für hämische Kommentare. Doch hinter der Drohne Marke Eigenbau könnte die Strategie stecken, den ukrainischen Luftraum mit billigen und entbehrlichen Fluggeräten zu überschwemmen. Das soll wohl die Luftabwehr verwirren und überfordern.

"Unwissenheit in der Gestaltung"

Eine der Drohnen wurde am 4. Mai in der Oblast Sumy von ukrainischen Soldaten abgeschossen, als das Fluggerät die Grenze passierte. Das Luftfahrzeug wirkt wie das Bastelprojekt aus dem Werkunterricht. Sperrholzplatten bilden den Rahmen eines konventionell aussehenden Flugzeugs. Die Räder könnten auch an einem Kinderwagen montiert sein, und die Tragflächen sind dick mit Klebeband umwickelt. Beim ukrainischen Militär gab man sich einigermaßen erstaunt, dass die Drohne überhaupt so weit gekommen ist: Das "Bastelprodukt" zeuge von der Unwissenheit des Erbauers über grundlegende Aerodynamik, teilte das Oberkommando der ukrainischen Streitkräfte mit.

Ganz so lächerlich wie dargestellt dürfte das Fluggerät aber nicht sein, wie man bei "Blitz Aircraft Unmanned" herausfand. Zwar bestehe die Drohne aus Bastelmaterial aus dem Baumarkt und sei in ihrer Konstruktion sehr einfach, aber nicht weniger effektiv. So sei das Fluggerät durchaus in der Lage, einen bis zu zehn Kilo schweren Gefechtskopf zu tragen.

Der Motor vom Typ DLE-60 stammt aus China, wird von Modellfliegern gerne eingesetzt und ist problemlos um rund 630 Euro online bestellbar. Die Drohnen dürften laut "Defence Blog" über eine Reichweite von 600 Kilometern verfügen.

Außerdem steckt in dem Sperrholzflieger einiges an Elektronik: So wurde ein GSM-Modul verbaut, das vermutlich zum Empfang von Steuersignalen dient. Die elektronischen Bauteile dürften ebenfalls aus chinesischen Onlineshops stammen. Bei der ukrainischen "Euromaidan Press" geht man davon aus, dass die billigen Eigenbaudrohnen die ukrainische Luftabwehr überfordern sollen, um den Weg für iranische Shahed-Kamikazedrohnen oder Marschflugkörper freizumachen.

Das russische Militär hatte es 2018 in Syrien mit ähnlichen Holzdrohnen zu tun. Damals wurde der Luftwaffenstützpunkt Khmeimim von selbstgebauten Kampfdrohnen angegriffen.

Die Luftabwehr verwirren

Diese Taktik des "Flutens" der Luftabwehr mit billig herzustellenden Zielen ist nicht neu. Anfang Mai wurden Teile einer russischen Cruise Missile nahe der polnischen Stadt Bydgoszcz gefunden. Diese war aber nicht mit einem Sprengstoff ausgestattet, sondern verfügte statt eines konventionellen Gefechtskopfs über ein Betongewicht.

"Eine Rakete kann ohne Gefechtskopf nicht fliegen, also hat jemand einen solchen Höhepunkt russischen technischen Denkens installiert", wird ein Vertreter der polnischen Luftwaffe von "Yahoo News" zitiert. Auch hier dürfte das Ziel sein, die ukrainische Luftabwehr mit einer Vielzahl von billigen Zielen abzulenken, indem man alte Raketen mit Betongewichten in den Luftraum schickt. (pez, 23.5.2023)