Der Prozess fand im Straflandesgericht in Graz statt.
APA/KARIN ZEHETLEITNER

Graz/Zürich – Ein 24-Jähriger hat sich am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen des Verdachts des Mordes an einer 41-jährigen Frau verantworten müssen. Der rumänische Staatsangehörige gestand, dass er sie im Februar des Vorjahres mit einer Vielzahl an Scherenstichen getötet habe, ehe er in ihrer Wohnung einen Brand gelegt habe. Kurz nach seiner Festnahme wurden gegen ihn auch Ermittlungen wegen eines weiteren Mordes in Zürich gestartet. Auch dies gestand er am Dienstag in Graz.

Nach dem Brand in der Wohnung der 41-jährigen Grazerin hatte es am 7. Februar 2022 rasch den Verdacht gegeben, dass das Feuer gelegt wurde, um möglicherweise einen Mord zu vertuschen. Die in der Wohnung gefundene Leiche wies zahlreiche Einstichverletzungen auf. Rund eineinhalb Tage später wurde der heute 24-Jährige festgenommen. Er soll die Nacht vor dem Brand mit der Frau verbracht und sie anschließend getötet haben. An seiner Kleidung wurden belastende Spuren gefunden. Schon bei den ersten Befragungen gestand der Mann, dass er sie getötet habe. Sein Motiv sei der "Hass auf Frauen". Wenig später wurde auch die Leiche einer Frau in Zürich gefunden. Der Verdächtige sagte bereits während seiner Untersuchungshaft, auch dafür verantwortlich zu sein.

Beim Prozess in Graz wird allerdings nur der Fall in der steirischen Landeshauptstadt verhandelt, unterstrich die Staatsanwaltschaft. Die Schweizer Behörden werden noch ein eigenes Verfahren gegen den Mann führen. Staatsanwältin Eva Pachernigg warnte die Geschworenen zu Prozessbeginn: "Es war eine sehr schreckliche Tat. Sie werden mit menschlichen Abgründen und schlimmen Bildern konfrontiert." Die Ergebnisse der Ermittlungen seien eindeutig, so die Staatsanwältin. Zweifel an der Schuld des Angeklagten hatte sie nicht.

Verteidiger: Schwere Kindheit, Alkohol und Drogen

Der Verteidiger des 24-Jährigen kündigte an, dass sein Mandant weiterhin geständig sei: "Er wird die Verantwortung übernehmen. Es tut ihm leid, was passiert ist." Der Mann habe eine schwere Kindheit gehabt, habe Alkohol getrunken und Drogen genommen. Das sei keine Entschuldigung, aber er erhoffe sich dadurch ein milderes Urteil.

Der Beschuldigte beantwortete anschließend alle Fragen ruhig und emotionslos: Er habe die Frau vorher nicht gekannt. Sie habe ihn am Abend des 6. Februar 2022 am Grazer Hauptbahnhof gefragt, ob er ihr Zigaretten und Alkohol kaufe. Das machte er und sie lud ihn zu sich in die Wohnung ein.

Der 24-Jährige schilderte, dass er einvernehmlichen Sex mit der Frau gehabt habe und sie danach einschlief: "Ich habe mich aufgeregt, weil sie eingeschlafen ist. Ich habe sie probiert zu wecken." Als das nicht gelang, habe er sie plötzlich töten wollen. Er suchte nach einem Messer, fand eine Schere und stach zu, bis ihn die Kraft verließ, sagte er selbst bei den Vernehmungen. Die Staatsanwältin sprach von einem "Overkill".

Grundlagen der Zurechnungsfähigkeit gegeben

Der Angeklagte sagte weiter, dass er danach ein Feuer gelegt und die Wohnung verlassen habe. Seine Jacke sei aber zurückgeblieben. Die Jacke und Videoaufzeichnungen vom Hauptbahnhof führten bereits im Februar 2022 zu ihm. Vor Gericht sagte der 24-Jährige, dass er die 41-Jährige in dem Moment töten wollte. Er habe sich gekränkt gefühlt, weil sie Zigaretten und Alkohol vom ihm wollte. Das habe ihn an seine frühere Frau erinnert, die ihn ausgenutzt und verlassen habe und auf die er immer noch wütend sei. "Wenn ich trinke, kommen die Erinnerungen hoch", sagte er.

Die Gerichtsmedizinerin schilderte, dass auf das Opfer Dutzende Male eingestochen wurde. Der Tod trat durch Verbluten ein, sagte die Sachverständige. Angesichts der schwerwiegenden Verletzungen meinte sie, dass ein "massiver Kraftaufwand" durch den Täter nötig war.

Psychiaterin Adelheid Kastner beschrieb anschließend detailliert die Biografie des Angeklagten, darin seien die Hintergründe für die Tat zu suchen. Er sei "unter maximal furchtbaren Verhältnissen aufgewachsen", mit alkoholkranken Eltern und einem frühen Leben auf der Straße. Der Beschuldigte sei wie ein Dampfkochtopf, "der irgendwann explodieren muss". Sie habe nur "wenige funktionsfähige Anteile" in seiner Persönlichkeit gefunden. Eine lange therapeutische Behandlung seiner ausgeprägten Persönlichkeitsstörung sei nötig, deren Ausgang aber offen. Trotz seines Alkohol- und Drogenkonsums seien zum Tatzeitpunkt "die Grundlagen der Zurechnungsfähigkeit" gegeben gewesen. (APA, red, 23.5.2023)