Hermann Schmid umarmt Werner Schlager
Masseur Hermann Schmid war als erster Gratulant bei Werner Schlager. Der Weltmeister selbst kann sich an diese Sekunden nicht mehr erinnern.
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Bei der WM 2003 ist Werner Schlager 30 Jahre alt und als Weltranglisten-Sechster in der Blüte seiner Karriere. Das Turnier nimmt für das ÖTTV-Team einen chaotischen Anfang. Zur Vorbereitung hätte das Nationalteam Hongkongs nach Faak am See kommen sollen, wegen des Sars-Virus dürfen die hochkarätigen Gäste nicht einreisen. Trainer Ferenc Karsai organisiert kurzfristig Trainingspartner aus Ungarn.

Werner Schlager: "Ich habe dann die beste Vorbereitung meines Lebens gehabt. Macht man das mit guten Leuten, trainierst du nur die halbe Zeit für dich, den Rest der Zeit machst du Übungen für dein Gegenüber. Es war ein Glücksfall."

Schlager ist zum Zeitpunkt der WM frisch verliebt. ÖTTV-Sportdirektor Hans Friedinger entscheidet im Vorfeld der WM, dass Schlagers Freundin Bettina Müller mit ins Teamhotel darf.

Schlager: "Ich war in erster Linie froh, dass Bettina mit war."

Bettina Müller (Schlagers damals neue Freundin, mittlerweile seine langjährige Partnerin und Mutter seiner zwei Kinder): "Wir haben uns im Oktober 2002 kennengelernt und danach jeden Tag telefoniert, bis Februar 2003 haben wir uns nicht wiedergesehen. Ich habe damals beim Saarländischen Rundfunk gearbeitet, im April ist bei der EM jemand ausgefallen, also bin ich hingefahren. Werner ist da Mixed-Europameister geworden, wir haben zusammen gefeiert, seitdem waren wir offiziell zusammen. Paris ist nicht so weit weg von Saarbrücken, also bin ich mit dem Zug hingefahren."

Karl Jindrak (Schlagers Doppelpartner): "Ich glaube, dass das ein ganz großer Faktor war. Der Leistungsdruck war nicht da, weil eine andere Priorität im Kopf war."

Müller: "Ich bin mit riesigen Weisheitszahnschmerzen nach Paris gereist. Das ganze Wochenende habe ich Tabletten gefuttert."

Schlager startet mit einem 4:1-Sieg gegen den nigerianischen Meister Segun Toriola ins Turnier.

Schlager: "Man ist bei einer WM nie haushoher Favorit. Die erste Runde ist schwierig – erstes Spiel in der Haupthalle, die Bedingungen sind anders. Im Tischtennis geht es um die stundenlang eintrainierten Automatiken, die muss man dann an die Bedingungen anpassen: Tisch, Boden, Luftfeuchtigkeit, Größe der Halle, Sound – das spielt alles mit. Die Bälle, die Ballmarke, die Klimaanlage."

Mit Siegen gegen Koji Matsushita (Japan/4:0), Slobodan Grujic (Serbien/4:1) und Kim Taek-soo (Südkorea/4:2) schafft es Schlager ins Viertelfinale.

Hermann Schmid (Masseur): "Er hatte die mentale Unterstützung vom Publikum. Er wurde von Renault gesponsert und hatte ein Renault-Pickerl am Dress. Damit haben sich die Franzosen im Publikum identifizieren können und haben ihn gepusht. Das war eine Kontinentalangelegenheit, die vielen Asiaten haben sich Schreiduelle mit den Franzosen geliefert."

Jindrak: "Er war spielerisch zu der Zeit unglaublich gut drauf, konnte jeden schlagen – es war Sache der Tagesverfassung. Wenn er gut drauf ist, gewinnt er gegen die Topleute, wenn er schlecht drauf ist, verliert er."

Müller: "Irgendwann habe ich gedacht: Okay, jetzt wird’s ernst."

Im Viertelfinale wartet Wang Liqin, damals der amtierende Weltmeister und einer der zwei chinesischen Topfavoriten, die auf Schlagers Seite des Turnierbaums gelost wurden.

Schlager: "Ich habe gegen die Chinesen damals nur eine Chance gehabt, wenn sie gegen sich selbst verloren haben. Sie trainieren so viel mehr und intensiver, das gibt es im Westen nicht. Der Chinese kann 20 bis 50 Prozent besser spielen als du, also musst du ihn dazu bringen, dass er an sich selbst zweifelt."

Wang gewinnt den ersten, Schlager den zweiten, Wang den dritten Satz. Im vierten Satz vergibt Schlager drei Satzbälle und verliert 13:15. Nun ist er nur mehr einen Satzverlust vom WM-Aus entfernt.

Schlager: "Du versuchst speziell gegen einen stärkeren Gegner immer wieder, neue Variationen anzubringen. Wenn einfach beide ihre hundert Prozent spielen, kannst du gleich heimgehen. Er hat auf alles schnell eine Antwort gehabt. Ich war ziemlich fertig und habe gewusst: Jetzt muss mir etwas einfallen."

Schmid: "Er hat einfach drauflosgespielt. Wo andere verzweifeln und die Flinte ins Korn hauen würden, hat er gedacht: Augen zu, und los geht's!"

Schlager holt mit 11:9 den fünften Satz. Im sechsten Satz reißt bei 5:5 der Faden, Wang erspielt sich einen 10:6-Vorsprung und vier Matchbälle.

Schlager: "Bei 6:10 habe ich gewusst: Er hat so viel Druck, der spielt gegen sich selbst."

Müller: "Natürlich war ich unendlich nervös. Ein paar graue Haare hat er mich schon gekostet."

Schlager: "Im Tischtennis geht es darum, die Automatismen des anderen zu unterbrechen. Wenn er nachdenken muss, habe ich meistens schon gewonnen. Ich hatte das ganze Match nicht mit viel Unterschnitt serviert, also habe ich es dann probiert."

Wangs Return geht ins Netz.

Schlager: "Bei 7:10 habe ich erst im Aufwurf entschieden, wie ich aufschlage. Das ist wie Teufelchen und Engelchen auf der Schulter: 'Scheiß drauf, ich mach ein Risikoservice!', 'Nein, bist du deppert, kein Risikoservice!' Ich habe dann ein schnelles Service riskiert."

Schlager spekuliert auf die Vorhand und wehrt den Matchball ab.

Schlager: "Meine Vermutung war, dass er in der Anspannung das spielt, was er am meisten trainiert hat. Wäre er gut drauf gewesen, hätte er gesehen, dass ich nach dem Service zur Vorhand rauslaufe. Er hätte ihn mir nur mit Halbgas in die Rückhand spielen müssen, und ich hätte ausgeschaut wie der größte Vollidiot. Er hat aber aggressiv gespielt und ich habe dort schon gewartet. Es ist immer eine Kombination aus Glück und Können."

Bei 9:10 aus Sicht des Österreichers hat Wang seinen vierten Matchball. Es ist der Moment, in dem Schlagers WM dem Ende so nahe kommt wie sonst nie. Nach kurzem Ballwechsel schlägt der amtierende Weltmeister eine gewaltige Vorhand auf Schlagers Körper. Der weicht reflexhaft aus, biegt sich in der Luft, bringt den Ball irgendwie zurück – und Wangs nächste Vorhand ist zu lang. Schlager reckt die Fäuste in die Luft.

Schlager: "Bei 10:10 habe ich gewusst, jetzt habe ich ihn. Der war gebrochen."

WTTC 2003 Schlager vs Wang Liqin highlight
TT Japan

Schlager gewinnt den sechsten Satz 13:11, der siebente Satz ist mit 11:5 eine klare Sache. Mit dem Halbfinaleinzug hat Schlager wie schon bei der WM 1999 eine Medaille sicher, Platz drei wird nicht ausgespielt.

Schmid: "Die Stimmung war euphorisch. Das Viertelfinale war phänomenal, dann hat man dran geglaubt: Jetzt hat er den gepackt, jetzt geht’s weiter."

Müller: "Vor der WM habe ich sportlich überhaupt nichts erwartet. Als ich ihn kennengelernt habe, war Werner zwar unter den Top fünf der Weltrangliste, aber ich kannte sein Potenzial nicht. Ich war mir auch nicht bewusst, was ich in ihm ausgelöst habe. Klar, man war verliebt, aber ich hatte ja keine Ahnung."

Schlager: "Wegen Bettina habe ich diese Leistung bringen können, weil ich gewusst habe: Egal wie ich spiele, sie wartet auf mich."

Jindrak: "Es hat keine Veränderung im Verhalten gegenüber ihm gegeben, im Gegenteil: Wir haben geschaut, dass alles den normalen Rhythmus hat."

Schlager: "Es half, dass Bettina selbst eine gute Tischtennisspielerin war. Sie hat genau gewusst, wann sie mich in Ruhe lassen muss und wann sie für mich da sein muss. Eine Viertelstunde nach der Partie brauchst du mich gar nicht anreden. Da habe ich selber so viel mit mir zu tun, die Emotionen zu verarbeiten."

Hans Friedinger (damals ÖTTV-Sportdirektor): "Werner war am Samstag mit Bettina noch bis etwa 22 Uhr bei uns. Plötzlich kommt der Hotelinhaber auf uns zu und sagt uns, dass morgen ein großer Streik in Paris stattfindet. Die Strecke zur Halle wird ab etwa acht Uhr gesperrt sein. Werner hätte in ein Hotel nahe der Halle übersiedeln können, aber wir waren uns einig, dass wir rechtzeitig in der Früh zur Halle fahren."

Sonntag, 25. Mai 2003. Der Finaltag startet mit den Halbfinalspielen.

Friedinger: "Ich habe über zwei Ecken erfahren, dass am Finaltag Logen anzukaufen sind. Ich bin eher ein Abendmensch, bin aber am Sonntag um sieben Uhr früh zur verantwortlichen Turnierleitung, und es hat geklappt. Die Loge war für zehn Personen, 50 Prozent habe ich aus meiner Tasche bezahlt. Werner hat gesagt, dass ihm die Loge wahnsinnig viel gegeben hat."

Jindrak: "Das war die beste Entscheidung, die Hans treffen konnte. Wir waren hautnah dabei, das war toll. Ein unvergessliches Erlebnis, wenn du da sitzt und 15.000 Leute „Schlagi, Schlagi, Schlagi" rufen – und wir mittendrin. Das war ein super Erlebnis. Ein Märchen.“

Im Halbfinale trifft Schlager auf Kong Linghui, Olympiasieger von 2000.

Schlager: "Kong Linghui war mir lieber als Wang Liqin. Bei Wang hast du gewusst: Wenn der mit seiner Vorhand kommt, wächst da kein Gras mehr. Kong war vielseitiger, erfahrener."

Kong ist der letzte verbliebene Chinese im Turnier.

Schlager: "Ich hatte als kleiner David den Riesengoliath besiegt. Jetzt hatten die Chinesen noch mehr Angst vor mir, und Kong war mental sowieso schwächer als Wang. Er hat enormen Druck gehabt, da schauen 700 Millionen Menschen zu. China hat bei der WM sonst alle Goldmedaillen geholt. Wang hat mir später gesagt, dass sie die alle für Gold im Herren-Einzel eingetauscht hätten."

Schlager gewinnt drei der ersten vier Sätze.

Schlager: "Erfahrene Spieler geben nicht einfach auf. Er war wie ich sehr wandelfähig, hat sich angepasst, mein Spiel durchschaut. Es war ein taktisches Spiel, was ich liebe. Wie beim Schach."

Kong gewinnt die nächsten zwei Sätze und geht mit Rückenwind in den Entscheidungssatz.

Schlager: "Wenn du Leistung bringen willst, darfst du nicht urteilen, über dich selbst schon gar nicht. Ein bisschen Anspannung ist positiv, damit du zu Höchstleistungen getrieben wirst. Die Angst ist aber das, was Wang Liqin verlieren lassen hat. Sie blockiert das logische Denken. Während des Ballwechsels hast du kaum Zeit, rationale Entscheidungen zu treffen – das passiert zwischen den Ballwechseln: Was ist passiert? Wie hat er reagiert? Was sollte ich verändern? Wenn du Angst hast, passiert das nicht, dann fehlt die Analyse."

Schlager vergibt zwei Matchbälle, beim zweiten hilft Kong die Netzkante. Bei 12:11 hat der Chinese seinen ersten Matchball.

Schlager: "Es geht nur um das Mentale. Kong hat sich beschwert, dass der Boden auf seiner Seite nass war. Für mich war das ein Signal: Der ist nicht bereit für seinen Matchball. Genau so war es. Er hat das normale Service gemacht und war so nervös, dass er ihn mit der Kante getroffen hat."

Schlager reagiert mit einer perfekten Vorhand.

Schlager: "Für einen Chinesen ist es das Schlimmste, wenn er einen Matchball vergibt – vor allem als nominell stärkerer Spieler."

Schmid: "Werner hat immer gut gespielt, gescheitert ist er meiner Meinung nach nur daran, dass er mehr technisch spielen wollte als kämpfen. Und damals hat er einen Kampf geliefert, hat die Chinesen eliminiert, nachdem er schon auf verlorenem Posten war."

2003 WTTC ━ 🇦🇹 Werner Schlager vs Kong Linghui 🇨🇳
topspin+

Zwei Ballwechsel später steht Schlager im WM-Finale. Dort trifft er auf den südkoreanischen Überraschungsmann Joo Sae-hyuk, der sein Halbfinale gegen Kalinikos Kreanga in fünf Sätzen gewinnt. Der auf dem Papier stärkere Grieche hatte zuvor unter anderem den Chinesen Zhiwen He, Vladimir Samsonov und den Österreicher Chen Weixing ausgeschaltet.

Schlager: "Auf dem Papier war Joo Sae-hyuk die Nummer 62, aber er hat wesentlich besser gespielt."

Müller: "Erst im Finale hat er gegen jemanden gespielt, der keinen großen Namen hatte. Da habe ich ein bisschen zu zittern angefangen. Ich habe einen deutschen Kollegen gefragt, wie die Chancen stehen. Er hat nur gesagt: 'Der Werner macht das schon.'"

Schmid: "Werner ist ein Typ, der relativ schnell regeneriert hat. Er hat im Laufe der WM nur wenig Massagen gehabt, er hat abschalten können, und der Körper hat sich erfangen. Erst ab dem Semifinale habe ich gemerkt, dass er langsam müde wird. Da haben wir dann ein spezielles Programm gemacht."

Dass Joo ein Verteidiger ist, stellt Österreichs Team vor ein logistisches Problem. Für das Halbfinale hat er sich wie vor jedem Match gegen einen Angreifer mit Kostadin Lengerov aufgewärmt, nun braucht er für eine perfekte Vorbereitung Chen.

Schmid: "Große Hektik: Wo ist der Chen? Ich bin mit dem Taxi ins Hotel, er war im Freizeitgewand. Wir haben ruck, zuck zusammengepackt und sind hingefahren, sind aber auf der Strecke von einem Streikposten, die die Straße gesperrt haben, aufgehalten worden und durften nicht weiterfahren. Ich hab dann einen Mordswirbel gemacht und hab denen erklärt, dass es da um einen Weltmeistertitel geht. Nach langem Hin und Her haben sie uns durchgelassen. Chen ist gerade so hingekommen, dass sich Werner vor dem Match einspielen können hat."

Schlager: "Ich habe im Training mit Chen jeden Tag unglaubliche Bälle gespielt, dass die anderen zum Trainieren aufgehört haben. Ich habe mich nur auf die Partie freuen können. Vor dem Einmarsch hab ich durch den Vorhangspalt geschaut und sehe: ein Tisch, 15.000 Leute. Wahnsinn. Du hast schon die 'Schlagi, Schlagi'-Sprechchöre gehört. Du kriegst alles mit. Jeden Einzelnen, der schreit, jeden Fotografen, dem eine Speicherkarte runterfliegt.“

Schlager liegt im ersten Satz die meiste Zeit knapp zurück, gewinnt ihn aber 11:9. Den zweiten Satz entscheidet er 11:6 für sich. Satz drei geht 11:6 an Joo, im vierten scheint das Spiel gekippt zu sein. Joo hat bei 10:7 drei Satzbälle.

Schlager: "Es war für mich verdammt wichtig, dass ich in dem Satz den Sack zumache. Bei den ersten Services war ich relativ energiegeladen, am Schluss hatte ich keine Energie mehr in den Beinen. Ich habe gewusst: Ich muss in dem Satz gewinnen, sonst habe ich verloren. Deswegen war es sehr enttäuschend, wie er mir davongelaufen ist."

Müller: "Die Matches waren nervlich schon hardcore."

Schlager wehrt die ersten zwei Satzbälle ab. Bei 9:10 schlägt er auf, es entsteht ein schier endloser Ballwechsel. 17-mal fliegt die Zelluloidkugel über das Netz, ehe der 23-jährige Joo eine diagonale Vorhand des Österreichers nicht mehr erreicht.

Schlager: "Junge Spieler schenken dir oft Partien, weil sie völlig unbeschwert als Underdog beginnen, über ihrer Leistung spielen, dann zum Favoriten werden und mit der Situation überfordert sind."

Der jubelnde Sportdirektor Friedinger ist mit seinem Überschwang und Österreich-Schal längst zum Liebling der TV-Kameras geworden. "Werner! Werner!"-Sprechchöre schallen durch die Arena. Schlager macht auch die nächsten zwei Punkte und stellt nach Sätzen auf 3:1.

Schlager: "3:1 oder 2:2 ist ein riesiger Unterschied. So konnte ich mehr Energie auf den nächsten Satz konzentrieren, mehr alles auf eine Karte setzen."

Joo gewinnt Satz fünf trotzdem 11:8. Der sechste Satz wird zur Achterbahnfahrt. Schlager macht bei 0:2 sechs Punkte in Serie, verliert dann aber sieben der nächsten acht. Bei 9:9 springt Joo ein Ball von der Netzkante ins Out, den resultierenden Matchball setzt Schlager ins Netz. Mit einem spektakulären Vorhand-Konter erspielt er sich die nächste Chance auf den Turniersieg. Wieder entspinnt sich ein längerer Ballwechsel. Joo lässt sich zu einem Angriff hinreißen, feuert ihn ins Out und geht zu Boden. Schlager schaut ungläubig, lässt den Schläger fallen, hebt die Arme und geht langsam im Kreis.

WTTC 2003 Highlights: Werner Schlager vs Joo Se Hyuk (Final)
©TMS
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Schlager: "Das Gehirn schützt sich vor extremen Emotionen. Es ist wie ein Autounfall, an den du dich nicht erinnern kannst. Ich habe ein Blackout. Ich sehe noch, wie der Ball ins Out segelt, weiß noch, dass ich die Hände in die Luft gebe, und dann ist ein Blackout."

Schmid klettert über die Werbebande und hebt Schlager von hinten in die Luft, auch Trainer Karsai ist schnell bei dem Weltmeister. Schlager reißt sich los, um Joos Hand zu schütteln, hält dann fassungslos die Hände vors Gesicht. Friedinger kommt angelaufen und busselt den Sieger ab, bei der Umarmung geht die Brille des Sportdirektors fast zu Bruch. Schlager applaudiert den Fans, irgendwann geht er zu Boden, man sieht ihn zur Seite schauen und überglücklich fünfmal "Ja!" schreien.

Schlager: "Ich weiß nichts mehr, bis ich dann am Boden liege und der Hermann Schmid mir aufhilft."

Schmid: "Es war grenzenloser Jubel."

Schlager wird von Weltverbands-Offiziellen in die Mixed Zone zu Presseterminen geleitet. Beim Abgang ballt er zu einem Abschiedsapplaus die Fäuste.

Schlager: "Ich habe jetzt noch Tränen in den Augen, wenn ich mir das Video anschaue. Ich durchlebe das jedes Mal von neuem. Das ist ein wunderschönes Gefühl, aber deshalb schaue ich es mir auch nicht oft an. So blöd das klingt, ich denk mir immer noch: Gewinne ich das oder nicht? Die negativen Emotionen kommen genauso noch einmal. Ich wäre heute auch nicht mehr in der Lage, das emotional noch einmal zu leisten. Das muss man auch trainieren."

Müller: "Ich habe ihn nach dem Titel eine Stunde lang nicht gesehen. Er war in den Katakomben verschwunden. Ich hatte keine Akkreditierung und durfte gar nicht runter, aber das war mir in dem Moment egal. Ich habe mich dann durchgemogelt."

Die Verbandsspitze improvisiert eine Feier für die österreichische Delegation.

Müller: "Sonntagabend habe ich wegen der Zahnschmerzen gesagt: Werner, es geht nicht mehr. Ich muss zurück ins Zimmer."

Friedinger: "Nach unserer Feier sind wir noch zur großen Abschlussfeier marschiert. Jan Ove Waldner hat zu Werner gesagt: 'Du warst der Beste!' und ist im Anschluss vom Hocker gefallen.“

Schlager: "Es hat mein Leben sehr verändert. Bei allem Positiven und auch Negativen will ich es nicht missen, es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Ich bin sehr dankbar, dass ich diese wundervolle Erfahrung machen durfte." (Martin Schauhuber, 25.5.2023)

Ferenc Karsai eilt zu den jubelnden Hermann Schmid und Werner Schlager.
Trainer Ferenc Karsai war der zweite Gratulant.