Dreieinhalb Jahre nach deren Ankündigung im türkis-grünen Regierungsprogramm soll die Ermittlungs- und Beschwerdestelle (EBS) für Opfer von Polizeigewalt nun noch vor dem Sommer beschlossen werden. Die Stelle wird im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) verankert. Dass damit das Innenministerium selbst bei der Prüfung von Vorwürfen gegen seine Bediensteten zuständig bleibt, sorgt für Kritik.

Bei einer Klimademo im Mai 2019 in Wien wurde ein zu Boden gebrachter Demonstrant fast von einem Polizeiwagen überfahren.
Lukas Beck

Dass es überhaupt so lange dauerte, bis die explizite Meldemöglichkeit für nicht angemessene Polizeigewalt geschaffen wird, liegt auch am teilweise massiven Widerstand, den Polizeivertreter dem Projekt entgegenbrachten. Der größte Widerspruch kam und kommt von den freiheitlichen Personalvertretern von AUF und FEG. Unter dem Motto "Polizisten sind keine Verbrecher" machen sie unter anderem mit Unterschriftenaktionen gegen "diese fragwürdige Inquisitionsbehörde" mobil. Die blauen Polizistinnen und Polizisten, die bei den Personalvertretungswahlen 2019 rund ein Fünftel der Stimmen gewannen, warnen ausdrücklich vor einer "multiprofessionellen Zusammensetzung" der Beschwerdestelle.

Finanzielle Einbußen verhindern

Die sozialdemokratische FSG hingegen verschließt sich der geplanten EBS nicht prinzipiell. Der Fraktionsvorsitzende Hermann Greylinger, der etwas mehr als ein Viertel aller Polizeibediensteten vertritt, möchte aber sicherstellen, dass Polizeibeamte im Fall von ungerechtfertigten Vorwürfen keine finanziellen Einbußen erleiden. Bei einer vorläufigen Suspendierung wird nur ein Teil des Gehalts ausbezahlt. Stellen sich Vorwürfe als falsch heraus, kommen die zurückgehaltenen Bezüge nachträglich aufs Konto. Das gilt aber nicht für Nebengebühren wie Feiertags- oder Gefahrenzulagen, die einen wesentlichen Teil eines Polizisteneinkommens ausmachen. Die rote Gewerkschaft fordert, dass auch diese Gelder gesichert sind.

Die stimmenstärkste Personalvertretung der ÖVP-nahen FCG (fast 50 Prozent in der Polizei) hielt sich bisher mit Kommentaren zur geplanten Meldestelle zurück. Reinhard Zimmermann, der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, verweist anstatt dessen auf zunehmende Attacken, mit denen Polizistinnen und Polizisten konfrontiert seien. (Michael Simoner, 24.5.2023)