Das Bild zeigt eine Zeichnung der vermenschlichten Froschfigur Pepe.
Pepe: Was 2005 als Webcomic begann, ist nun auch Symbol für eine Kryptowährung.
Screenshot via www.pepe.vip

Memecoins sind Öl aufs Feuer von Kryptogegnern. Ganz normal im Ökosystem von Kryptowährungen verankert, symbolisieren sie all das, was Kritiker dem gesamten Markt vorwerfen: ein Spekulationsobjekt mit besonders hoher Volatilität zu sein und darüber hinaus absolut keinen sonstigen Zweck zu erfüllen. Was mit Dogecoin einst als Persiflage auf Bitcoin seinen Ursprung nahm und seither viele Nachahmer gefunden hat, erlebte mit Pepe zuletzt einen weiteren Hype. Dabei ist das namensgebende Symbol, ein Comic-Frosch und bekanntes Internet-Meme, nicht ganz unumstritten.

Auf eine Reihe unterschiedlicher Hunderassen folgt nun also offenbar ein Frosch, der das Phänomen Memecoins repräsentieren und es erneut ins Rampenlicht stellen will. Nach der Einführung am 16. April erlebte die Kryptowährung Pepe innerhalb kürzester Zeit einen Anstieg von 7.000 Prozent und erreichte zum vorläufigen Höhepunkt Anfang Mai ein tägliches Handelsvolumen von rund 1,87 Milliarden US-Dollar.

Nutzlos wie die Website

Das Projekt, das auf der Ethereum-Blockchain aufbaut, beabsichtigt laut offizieller Website pepe.vip offenbar, Marktführer unter den Memecoins werden zu wollen. Es sei an der Zeit, dass Pepe die "Herrschaft" von den Hunden übernehme. Eine Münze "für die Leute, für immer", geben die unbekannten Schöpfer bekannt und verweisen auch auf Social Media: Auf Twitter folgen derzeit knapp 300.000 Nutzerinnen und Nutzer dem im April eröffneten Account, der Telegram-Kanal "Pepe Portal" verfügt immerhin über knapp 121.000 Abonnenten.

Spätestens ein Blick ans Ende der Seite veranschaulicht allerdings, dass die Marktführerschaft vielleicht doch nicht allzu ernsthaft in Angriff genommen werden dürfte. Auch wenn kurz zuvor noch – halb im Ernst, halb scherzend – das Gegenteil behauptet wurde, gibt es keine konkreten Pläne für das Projekt, schlimmer noch: "Es gibt kein offizielles Team und keine Roadmap. Die Münze ist völlig nutzlos und dient lediglich der Unterhaltung", gesteht man offen ein.

Im Schatten von Dogecoin

Der Weg zur Nummer eins der Memecoins ist ohnehin weiter weggerückt. Seit dem Hoch Anfang Mai ist der Kurs von Pepe – die hohe Volatilität als Charakteristikum lässt grüßen – wieder stark gefallen. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 580 Millionen Dollar befindet sich die Währung derzeit laut CoinMarketCap dennoch in den Top 100 der Kryptowährungen wieder. Damit ist Pepe quasi auf Anhieb drittgrößte Memecoin nach Dogecoin und Shiba Inu, die zwar beide als Internetwitze über japanische Hunderasse entstanden sind, aber nach wie vor über einen Marktanteil in der Höhe von zehn Milliarden bzw. fünf Milliarden US-Dollar verfügen.

Der Grund für die anfängliche Explosion von Pepe scheint bei näherer Betrachtung auch alles andere verwunderlich zu sein: Das Timing war einfach sehr smart. Memecoins neigen nämlich tendenziell immer dann zu einem rasanten Kursanstieg, wenn der restliche Markt ins Stocken gerät. Blickt man auf die beiden Branchengrößen Bitcoin und Ethereum, konnten sie ihren Kurswert seit 17. April nicht mehr übertreffen. "Memecoins flammen nur gelegentlich auf, und historisch gesehen passiert das immer dann, wenn der Markt ein wenig unruhig ist oder sich seitwärts bewegt", sagt Kryptoexperte Todd Groth von Coin Desk Indices gegenüber Reuters. "Es wirkt fast so, als würden Händler diese kleineren Token zum Handeln finden, wenn der Markt nicht schnell genug steigt."

Ein weiterer Grund für den rasanten Anstieg dürfte nicht zuletzt auch daran gelegen haben, dass Pepe sehr rasch auf allen gängigen zentralisierten Kryptobörsen gelistet war, allen voran auf Binance. Das erleichterte nicht nur den Marktzugang, sondern auch den Handel mit Derivaten von Pepe. Das birgt zusätzliches Potenzial für hohe Preisschwankungen – in beide Richtungen.

Pepe, der Nazifrosch?

Apropos Notierung: Nicht gelistet ist Pepe auf der Kryptobörse Coinbase, wo man in einem Newsletter auch auf die umstrittene Verwendung des Froschsymbols hinweisen wollte. Nach der Kritik an der Währung geriet man aber offenbar selbst ins Kreuzfeuer der Pepe-Anhänger und ruderte über Twitter wieder zurück, wohl um einen Shitstorm der Community zu verhindern.

Ursprünglich ist Pepe eine anthropomorphisierte Froschfigur, die aus der Feder des Comiczeichners Matt Furie stammt. Was 2005 als harmloser Webcomic mit einer Zeichnung von Frosch Pepe und der Sprechblase "feels good man" begann, entwickelte sich über die Jahre zum beliebten Internet-Meme. Dementsprechend ließen auch abgewandelte Versionen von Pepe nicht lange auf sich warten, nicht immer im Sinne seines Schöpfers.

Besonders im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampfs im Jahr 2016 wurde die Comicfigur von Donald Trumps Unterstützern und der US-amerikanischen Alt-Right in sozialen Medien instrumentalisiert. Dass Pepe unter anderem auch mit Hitlerbart oder mit Ku-Klux-Clan-Kutte Verbreitung im Internet fand, führte dazu, dass die Anti-Defamation League den Frosch zu einem rassistischen Hasssymbol erklärte. Auf ihrer Website weist die Menschenrechtsorganisation darauf hin, dass die Verwendung rassistischer Pepe-Varianten zwar zunehme, es sich aber nicht per se um ein rassistisches Meme handle und man es immer im Kontext betrachten müsse.

Erfinder Matt Furie selbst hat sich von solchen missbräuchlichen Abbildungen stets distanziert und ist mit zahlreichen Aktionen im Internet bemüht, unter anderem auch mit einer Kickstarter-Kampagne, das Image seiner Figur aus dem rechten ins richtige Licht zu rücken.

Zur Memecoin hat Furie noch keine Stellungnahme abgegeben, allerdings ist davon auszugehen, dass er keine große Freude damit haben dürfte. Auch wenn man auf der offiziellen Website der Kryptowährung betont, dass die Coin keinen Bezug zu Matt Furies Schöpfung habe und lediglich eine Hommage an ein Meme sei, das "wir alle lieben und kennen", sind die Bilder eindeutig zweideutig. Die Schriftzüge "Make Memecoins great again" und "Make Pepe great again" auf den Schirmkappen der Pepe-Abbildungen sind jedenfalls nicht schwer zuzuordnen.

Wie das Internet: Vom Gefühl der Community getrieben

Richtig populär wurden Memecoins während der "Wall Street Bets"-Bewegung im Jahr 2021, bei der sie vorwiegend von Klein- und Kleinstanlegern angetrieben wurden. Ihr Wert und ihre Bekanntheit basieren hauptsächlich auf dem Hype in den sozialen Medien und der Begeisterung, die von Communitys ausgelöst wird. Diese Coins haben in der Regel keinen intrinsischen Wert oder Nutzen und verlassen sich stattdessen auf die Begeisterung der Kleinanleger und Händler, um ihre Marktkapitalisierung so nach oben zu treiben.

Das Prinzip ist simpel: Wenn immer mehr Menschen in diese Coins investieren, schnellt ihr Kurs in die Höhe, was zu noch mehr Interesse und – nicht zuletzt aus der Angst heraus, etwas zu verpassen – zu mehr Investitionen führt. Von diesem raschen Preisanstieg profitieren aber meist nur Initiatoren und frühe Investoren. Die Abhängigkeit von der Emotionalität sozialer Medien macht Memecoins besonders anfällig für plötzliche und dramatische Kurseinbrüche. In letzter Konsequenz führt das meistens dazu, dass ihr Wert gegen null tendiert. Wer zu hohen Kursen spät einsteigt, hat das Nachsehen und verliert seine Investition an jene frühen Anleger, die ihr Geld bereits wieder abziehen.

Wann und ob das Gefühl der Community bei Pepe wieder aufflammt, ist reine Spekulation wie die Memecoin selbst. Oder um es mit den Worten der anonymen Schöpfer von Pepe zur "Roadmap" zu beschreiben: "Erwarten Sie auf dem Weg Überraschungen." (Benjamin Brandtner, 25.5.2023)