Riesiger Gebäudekomplex.
Im Kia-Werk Sillein (Žilina) werden derzeit alle vier Derivate des Ceed produziert und des SUV Sportage. Außerdem werden hier Verbrennungsmotoren gefertigt.
Kia/Gilbert Haake

"Wir waren die Letzten in der Slowakei, die zumachten – und die Ersten, die wieder öffneten." Tomáš Potoček, Sprecher des Kia-Werks in Sillein (Žilina), berichtet von herausfordernden Zeiten und Durchstarten in der Zeit nach der Pandemie, in schlichten Zahlen liest sich das so: Der Tiefpunkt war 2020 mit 268.200 gebauten Autos erreicht, mit 311.000 fuhr die Produktionsstätte 2022 aus der Krise heraus, heuer liegt der Plan bei 340.000, was der maximalen Jahreskapazität von 350.000 schon wieder nahekommt. Das entspricht rund einem Zehntel der globalen Kia-Produktionskapazität von 3,74 Millionen Autos, und was soll man sagen: Der Laden brummt, wie man in Wien zu sagen pflegt (Achtung: Ironie).

Wir – Kia-Österreich-Pressechef Gilbert Haake und meine Wenigkeit – sind die ersten Medienbesucher von außerhalb der Slowakei seit vor der Seuche, wolkenverhangen zeigen sich die von frühlingsgrünem Flaum überzogenen Beskiden, mir doch wurscht oder so, wir sind nicht zur Sommerfrische hier, und der Werkssprecher hat einen Blumenstrauß an aktuellen Informationen vorbereitet. Unter anderem die: Derzeit fährt man im Dreischichtbetrieb und sogar samstags, um den Bestellüberhang abzuarbeiten, und erstaunlich, aber wahr: Der deutlich kostspieligere Sportage ist mit 57 Prozent deutlich stärker gefragt als die vier Derivate des Ceed (43 Prozent) zusammen, nämlich 5-Türer, Sportswagon (Kombi), der Schönling Proceed (Shooting Brake) und XCeed (SUV).

Ein Plan des Werkgeländes von Kia.
Die maximale jährliche Produktionskapazität im 192 Hektar großen Werksgelände – hier ein Übersichtsplan – liegt bei 350.000 Fahrzeugen.
Kia / Gilbert Haake

Kia in der Slowakei, das kann man als Erfolgsgeschichte sehen, wie Potoček dies tut. 2004 wurden die Verträge unterzeichnet, 2006 lief die Produktion auf dem 192-Hektar-Gelände mit dem ersten Ceed, der sich noch cee’d schrieb, an, 2007 folgte der Sportage.

Die Strategie dahinter: Kias in Europa für Europa designen (Frankfurt), entwickeln (Rüsselsheim) und bauen (Sillein). 3700 Mitarbeiter sind bei Kia Slovakia beschäftigt, 2,3 Milliarden Euro investierten die Koreaner bisher, und wenn Sie ein noch ein größeres Bild zum Überblick betrachten möchten, bitte sehr: 261.000 Menschen sind in der Slowakei in der Automobilindustrie beschäftigt, die Branche steht für 50,3 Prozent der Industrieproduktion, die vier hier tätigen Konzerne – VW, Stellantis, Jaguar Land Rover und eben Kia – produzierten vor Corona 1,1 Millionen Fahrzeuge, heuer sollte die Million wieder erreicht sein. Mit Volvo sicherte sich der nächste Hersteller das begehrte "Made in Slovakia" und will im neuen Werk Elektroautos bauen.

Wie es damit bei Kia aussieht, will ich beim Werksrundgang wissen. "Die Elektrifizierung wird immer wichtiger. Wir bauen hier Mild-, Voll- und Plug-in-Hybride und bilden das Personal intensiv aus." Für batterieelektrische Autos sind die Weichen offenbar auch gestellt, es gibt aber noch keine offizielle Stellungnahme. Deren Produktion sei jedoch problemlos in die derzeitige integrierbar, sagt Potoček.

Neben Ceed und Sportage baut Kia auch vier Verbrennungsmotoren: Einen Diesel und drei Benziner, die Stückzahl betrug im Vorjahr 460.000, davon 89 Prozent Ottomotoren.

Gelbe Roboter bauen graue Autos zusammen.
Im Reich der Roboter: Im Karosseriebau setzt Kia voll auf Automatisation.
Kia/Gilbert Haake

Pro 7,5-Stunden-Schicht treten im Werk rund 1100 Mitarbeiter an, die mit "-innen" hinten dran machen 15 Prozent der Belegschaft aus, und ganz ehrlich: Im Karosseriebau sieht man praktisch keine Menschenseele. 100 Prozent Automatisation: Dies ist das Reich der Schweißroboter (nix Kuka oder ABB, nein, alles Hyundai, so wie auch im Presswerk nur Pressen von Hyundai Rotem zu sehen sind). 386 von ihnen sorgen dafür, dass von den vorher gepressten Blechen zusammenwächst, was zusammengehört.

Der Karosseriebau beherberge das Gros der rund 600 im Werk (wo man auch von Jahr zu Jahr ein klein wenig umweltfreundlicher und energieeffizienter produziert) eingesetzten Roboter, und sie werden laufend durch jüngste Entwicklungen ersetzt, das Bessere ist des Guten Feind – "leicht zu erkennen", schmunzelt Potoček: "Alt: schmutzig. Neu: sauber."

Arbeiter mit roten Hosen schrauben an einem halbfertigen Auto in einer Fabrikhalle.
Anders die Montagelinie. Hier liegt ein Hauptaugenmerk auf optimaler Ergonomie für die Mitarbeiter, und – als Rezept gegen mögliche Eintönigkeit – die Teams wechseln ständig.
Kia / Gilbert Haake

In der Montagelinie sind deutlich mehr Menschen zu sehen, überall ist für möglichst ergonomische Körperhaltung gesorgt, und alle müssen praktisch alle Arbeitsschritte beherrschen, denn es wird ständig rotiert, um Eintönigkeit zu vermeiden. Wie es denn aussehe bei der Personalbeschaffung? Ähnlich wie bei uns offenbar, denn der Boom der Automobilbranche bringt mit sich, was der Werkssprecher so formuliert: "Früher suchten wir Fachkräfte. Jetzt suchen wir schon Mitarbeiter."

Wer einmal gefunden ist, bekommt 24 Prozent Mitarbeiterrabatt auf Ceed und Sportage, 63 fertige Autos rollen stündlich von den Bändern, demnächst sollen es 65 sein, und damit verabschieden wir uns von Sillein und Werk, danke für die exklusive Führung, die vielen Informationen und Impressionen, und widmen uns noch kurz den Stationen einer Annäherung und Entfernung, die passend zum Thema in einem Kia Sportage erfolgte.

Ein blaues Auto steht vor zwei weißen Häusern mit roten Dächern.
Die „Wahl der Waffen“ zur Hin- und Rückfahrt nach Sillein war naheliegend: Kia Sportage, hier vor dem Geburtshaus von Gregor Mendel in Heinzendorf bei Odrau (Hynčice) im nördlichen Mähren.
Kia / Gilbert Haake

Genauer gesagt in einem 1,6 CRDi 48V AWD Gold, Handschaltung, Mildhybrid, 136 PS, Allrad, Kostenpunkt: 48.090 Euro. Komfortabler Begleiter auf besseren und schlechteren Straßen unterwegs in Kia-Leithanien, wenn man so will, denn auf Schritt und Tritt begegnet einem: Altösterreich. Blick nach vorne (Kia), Blick zurück (k&k), Anreise trans-, Rückfahrt cisleithanisch, erste Station: Bibersburg (Červený Kameň). Sagt Ihnen nichts? Riesige Renaissance-Feste in den Kleinen Karpaten, nahe Tyrnau (Trnava), mit zwei Besonderheiten: Die Anlage diente im 16. Jahrhundert den superreichen Fuggern als Handelsumschlagplatz – und ein Teil der Konstruktion geht auf den großen Albrecht Dürer zurück.

Das Schloss Dolná Krupá.
Im kleinen klassizistischen Schlösschen Unterkrupa (Dolná Krupá) nahe Tyrnau (Trnava) komponierte Beethoven Teile der Mondscheinsonate, mit dem Ort hängt auch der Mythos der „unsterblichen Geliebten“ zusammen.
Kia / Gilbert Haake

Dann rüber nach Unterkrupa (Dolná Krupá) zum kleinen klassizistischen Schloss derer von Brunsvik. Ist gerade großteils in restauro, aber der Genius Loci zählt: Beethoven komponierte hier Teile seiner Mondscheinsonate, sie vor Ort abzuspielen, ist ebenso naheliegend wie ergreifend.

Ein blauer SUV steht vor einem hohen roten Backsteingebäude.
Sportage-Station vor dem berühmten „Wolkenkratzer“ in Zlin von 1938/39, einst Hauptsitz des Schuhkonzerns Bata – ein Aufzug wurde für den Chef als fahrendes Büro ausgestattet.
Kia / Gilbert Haake

Ein Zwischenstopp noch schnell in Trentschin (Trenčín) mit der Burg als Kulisse und dem mondänen Hotel Elizabeth von 1902. Oben dann in Sillein könnte ein Abstecher in die Hohe Tatra locken, zeitlich leider utopisch, und nächsten Tages dann rüber nach Mähren bei dampfendem Frühdunst, später wird es frühsommerlich warm und klar. Erster Halt: Freiberg

(Příbor). Warum? Besichtigung des Geburtshauses von Sigmund Freud, er kam hier 1856 zur Welt. Anschließend weiter ins Niedere Gesenke, Oder-Querung, Station in Heinzendorf bei Odrau (Hynčice/Vražné): Gregor Mendels Geburtshaus, hübsches Museum, alleweil besuchenswert. Berühmter Erbsenzähler, aber anders und weltbedeutender, als was man heute darunter versteht.

Ein SUV vor einem grauen Gebäude.
Mies van der Rohes berühmte Villa Tugendhat in Brünn – inklusive Sportage-Heckansicht.
Kia / Gilbert Haake

Das Bata-Hochhaus in Zlin will der Sportage auch nicht auslassen, ebenso wenig das malerische Kremsier (Kroměříž) – hierher flüchtete sich in den Revolutionswirren 1848/49 aus Wien der Reichstag der Habsburgermonarchie und arbeitete an einer ersten Verfassung, dem Kremsierer Entwurf. Trat nie in Kraft. Visite Marie von Ebner Eschenbachs Geburtsschloss Zdislawitz gleich ums Eck ist leider nicht mehr drin, Krambambuli aber auch, ein Muss zuletzt aber noch Mies van der Rohes Villa Tugendhat in Brünn. Klassiker der Moderne. Kias aktuelles Design eifert dem ein wenig nach, der Sportage stört vor dem Gebäude überraschend wenig. Und damit ab nach Wien – finaler Blick in den Bordcomputer: 6,5 l / 100 km.

Die Innenstadt von Kroměříž.
Im malerischen ostmährischen Kremsier (Kroměříž) schließlich arbeitete 1848/49 der aus Wien geflohene Reichstag an einer ersten Verfassung für die Habsburgermonarchie, bekannt als Kremsierer Entwurf. Gleich ums Eck: Geburtsschloss Marie von Ebner Eschenbachs.
Kia / Gilbert Haake