Als das Action-RPG "Forspoken" Anfang 2023 erschien, hätten die Kritiken unterschiedlicher nicht sein können. Die einen lobten die malerische Grafik mit schickem Raytracing, die anderen beklagten niedrige Framerates. Manche Tester zeigten sich von opulenten virtuellen Gebäuden beeindruckt, andere kritisierten eintönige Landschaften. Und vor allem Protagonistin Frey, eine afroamerikanische junge Frau, sorgte für Diskussionsstoff: Tritt sie mit ihren frechen Sprüchen in die Fußstapfen von Ash aus den "Tanz der Teufel"-Filmen oder nervt sie nur? Ist die Möglichkeit zum Lackieren der Fingernägel ein innovatives Feature oder ein sexistisches Klischee? Nährt ihr Underdog-Dasein rassistische Vorurteile oder ist das eine clevere Hommage an Sebastian in "Die unendliche Geschichte"?

In einem Punkt waren sich die meisten Kritiker wiederum einig: Die offene Fantasywelt von "Forspoken" ist zwar groß, aber leer. Und die Nebenmissionen sind so öde, dass sie den Namen nicht einmal verdienen. Das war für einen Vollpreistitel dann doch etwas schwach, was sich auch in entsprechend schwachen Verkaufszahlen widerspiegelte. Schließlich wurde der dahinter stehende Developer Luminous Productions am 1. Mai in Square Enix integriert.

Einen DLC gibt es trotzdem noch, "In Tanta we Trust" ist bereits erhältlich. Der STANDARD hat ihn auf der Playstation 5 getestet. Je nach Spielstil und Schwierigkeitsgrad können zum Durchspielen desselben ein bis zwei Abende veranschlagt werden. Der DLC kostet derzeit 12,49 Euro, das dafür nötige Hauptspiel wird im Playstation Store noch immer für 79,99 Euro angeboten. Die "Digital Deluxe Edition" kommt auf 104,99 Euro. 

Forspoken - In Tanta We Trust Gameplay Trailer | PS5 Games
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Vorwärts in die Vergangenheit

In der Hauptstory von "Forspoken" verschlägt es die New Yorkerin Frey in eine schöne, aber gefährliche Fantasywelt. Schon bald erkennt sie, dass die zaubern kann, was sie wiederum einem magischen Armreif zu verdanken hat. In einer Story mit verschiedenen Wendungen muss sie anschließend zuerst gegen die "Tantas" - mächtige Herrscherinnen mit ebenfalls magischen Fähigkeiten - und zum Abschluss gegen einen fiesen Dämonen kämpfen, der von einem verfeindeten Volk ins Leben gerufen wurde.

Inhaltlicher Sprung zum DLC. Durch einen nicht sonderlich ausführlich erklärten Zeitsprung wird Frey in die Zeit versetzt, in welcher die beiden Völker einen blutigen Krieg gegeneinander führten. Sie selbst schlüpft dabei in den Körper einer damals lebendigen Soldatin und wird von einer der Tantas begleitet, die zugleich ihre leibliche Mutter ist. 

In Tanta We Trust DLC Forspoken test
Das finale Bild von "In Tanta We Trust" zeigt eine Mutter-Tochter-Beziehung, die im DLC selbst aber kaum thematisiert wird.
Screenshot

Zeitweise wird versucht, diese Mutter-Tochter-Beziehung zu thematisieren, was jedoch nur an der Oberfläche geschieht. Stattdessen haben sich die Scriptwriter bemüht, Gefühle für das Schicksal der jungen Soldatin zu wecken, in deren Haut Frey geschlüpft ist. Da die körpergebende Person jedoch selbst nicht sprechen kann, gelingt dies nicht wirklich, und so endet eine Gamingsession mit "In Tanta we Trust" eher in emotionaler Unberührtheit.

"In Tanta we Trust" glänzt an unerwarteter Stelle

Stattdessen glänzt "In Tanta we Trust" an unerwarteter Stelle – nämlich, indem es das weglässt, woran das Hauptspiel schwächelte. So bewegt man sich in den recht kurzen DLC eher durch schlauchartige Level; eine offene Welt ist zwar für kurze Zeit vorhanden, aber so kompakt gestaltet, dass sie sich nicht so leer anfühlt wie das Athia der Gegenwart. Somit kann kaum Langeweile aufkommen. Frustriert war ich lediglich, als ich in der Open World längere Zeit nach dem Eingang zu einer Burg suchen musste.

Weggespart wurden auch die Fingernägel und allerlei andere Sachen, die im Hauptspiel potenziell störend waren. Zwar kann die begleitende Tanta mit Tools ausgestattet werden, dieses Feature hält sich aber stark in Grenzen. Florieren tut das Gameplay ohnehin eher in den Kämpfen, und hier vor allem im Mutter-Tochter-Duett: Setzt eine der beiden einen speziellen Angriff ein, so kann die andere anschließend stärker zuschlagen. Das macht Spaß, und auch ansonsten punktet Frey wieder mit einem bunten Sammelsurium an Zaubersprüchen und der Fähigkeit, flott durch die Welt zu flitzen.

Offenes Ende im "Forspoken"-Franchise

In punkto Gameplay übertrifft das DLC somit das Hauptspiel, bei der Story hingegen schwächelt es. Und obendrein wird das Spiel noch mit einem vermeintlichen Cliffhanger beendet, der die Lust auf einen zweiten Teil zu triggern versucht. Dort wird dieser jemals erscheinen? Square Enix wollten sich auf Anfrage des STANDARD zu der Zukunft des Franchises nicht äußern. Während medial von einer Schließung des Studios geschrieben wurde, scheibt man beim Publisher lieber von einer "Integration in Square Enix", durch welche die Stärken gebündelt werden sollen.

Ob dadurch aber in Zukunft mit einer Fortsetzung von "Forspoken" zu rechnen ist, darf angezweifelt werden, dagegen sprechen auf jeden Fall die schwachen Verkaufszahlen des ersten Teils. Was schade ist, zumal Freys Geschichte, das Setting und das Gameplay durchaus Potenzial gehabt hätten. Andererseits sind über 90 Euro für ein Hauptspiel plus DLC schon ein recht happiger Preis. Hier zahlt es sich wohl aus, ein entsprechendes Angebot oder gar eine Integration Playstation Plus abzuwarten. (Stefan Mey, 29.5.2023)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Ein Zugang zum Spiel wurde dem STANDARD von Square Enix zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.