Dominic Thiem bei den French Open
Es bleibt schwierig.
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Nach einer seiner bittersten Niederlagen hat Dominic Thiem am Montagabend einige Zeit gebraucht, um sich der internationalen Presse in Roland Garros zu stellen. Auch noch über 90 Minuten nach seiner Fünf-Satz-Niederlage samt unbelohnter Aufholjagd gegen Pedro Cachin (ARG) wirkte Thiem niedergeschlagen, griff sich ständig ins Gesicht und begründete das mit einer übersteigerten Erwartungshaltung an sich selbst. Er verordnet sich nun eine "Zugabe" auf Sandplatz.

An den Fans lag es nicht. Selbst nach dem Aus skandierten sie bei Thiems Abgang von Court 6 "Dominic, Dominic". Diese Erwartungshaltung von außen, erklärte Thiem später, sei nicht schuld an seiner Misere. "Die Stimmung war top, das war eher beflügelnd. Ich glaube eher, dass es die eigene Erwartungshaltung ist. Eigentlich weiß ich, wo ich stehe, aber tief drinnen will ich viel und will ich immer mehr. Das passt nicht ganz zusammen, die Erwartungshaltung und mein Tennis", sagte Thiem selbstkritisch.

Augenhöhe

Für den Ex-US-Open-Sieger war es "sicher die schmerzhafteste Niederlage seit einiger Zeit". Warum? "Weil ich sehr gute Sätze gespielt habe, gegen (Jannik) Sinner, gegen (Holger) Rune, gegen (Andrej) Rublew. Da war ich im Training auf Augenhöhe mit den absoluten Topspielern. Sicher hat das was mit mir gemacht, aber im Match ist es nochmals komplett anders." Das will er aus Paris mitnehmen. "Ich brauche noch viel mehr solche Wochen wie die letzten Wochen waren."

Zu seiner Gefühlslage nach dem Aus gab Thiem erneut lange andauernde Motivationsprobleme zu Protokoll. "Es ist sehr, sehr bitter, aber ich habe sicher eineinhalb Jahre nicht zu hundert Prozent meine Arbeit gut gemacht. Die letzten sechs Wochen definitiv wieder, aber das reicht offensichtlich nicht, um einen guten Lauf zu starten. Deshalb ist es extrem bitter, aber es ändert jetzt nicht so viel am ganzen Prozess."

Nachgefragt, warum er eineinhalb Jahre nicht alles gegeben hat, erklärte der frühere Weltranglisten-Dritte dies wieder mit der gewissen Sättigung, die manche Sportler manchmal erreichen. "Ganz klar, weil ich das große Ziel erreicht habe und dann die Frage gekommen ist, warum, wofür? Warum jeden Tag den ganzen Aufwand betreiben? Und sobald die Frage kommt, dann ist eh schon alles klar. Da ist schon automatisch der letzte Drive weg", sagte er.

Das Limit

Jeden Tag ans Limit zu gehen, sei sehr anstrengend. Doch dieser Drive sein nun wieder da. Genauer gesagt seit sechs Wochen. Da sei er nun wirklich wieder in seiner Karriere drinnen. Thiem: "Aber das Ganze muss ich noch viel länger durchziehen, dass ich konstante Resultate bringen kann."

Sowohl mental als auch von den Schlägen her fehlt es bei Thiem noch. "Ein bisserl beides. Es fehlt irgendwie die Überzeugung, den letzten Schritt zu gehen - das muss ich mir erarbeiten. Ich habe eh fast jede Woche die Chance dazu, so ein Match zu gewinnen. Heute habe ich es nicht geschafft. Ich muss schauen, dass ich es bei den nächsten Turnieren schaffe. Von den Schlägen her waren die Trainingssätze richtig gut und dann im Match, wenn ich angespannt bin, ist es nicht so wie es sein soll." 44 Winner in fünf Sätzen standen nach dem Match gegen Cachin nicht weniger als 84 unerzwungene Fehler gegenüber.

Damit sich das ändert will Thiem nun sogar seine Sandplatz-Saison verlängern. Eigentlich sei ein kurzer Urlaub geplant gewesen. "Aber ich fühle mich nicht wirklich danach, sondern dass ich eher am Platz bleiben will. Es schaut grad jetzt so aus, dass ich nächste Woche noch einen Challenger spiele - Heilbronn oder Bratislava. Wenn die Möglichkeit besteht, dann eventuell in der Woche nach Paris noch einen." Am Rasen-Plan ändert das nichts: Halle und dann wieder einmal Wimbledon möchte Thiem durchziehen. (APA, red, 30.5.2023)