Andreas Babler sucht den Kontakt zu den Menschen, derzeit ist er am Telefonieren. Es werden Slots vergeben.
Andreas Babler sucht den Kontakt zu den Menschen, derzeit ist er am Telefonieren. Es werden Slots vergeben.
Heribert Corn

Andreas Babler spricht derzeit mehrere Stunden täglich mit Bürgerinnen und Bürgern. Nicht mit Delegierten des Parteitags, sondern mit "normalen Menschen", viele darunter aber Funktionärinnen und Funktionäre der SPÖ. Babler tut dies am Telefon, er sitzt dabei in Traiskirchen. Einen Slot für "Andis Sprechstunde", wie das heißt, kann man auf seiner Homepage Andibabler.at buchen, allerdings nur noch theoretisch. Für diese Woche vor dem Parteitag am kommenden Samstag sind nämlich alle Termine bereits ausgebucht, für jeden einzelnen Tag. Und für die Woche danach gibt’s auch keine Termine mehr, alles ausgebucht.

Hans Peter Doskozil hat die SPÖ-Basisabstimmung gewonnen – allerdings nur knapp. Das STANDARD-Videoteam hat Passantinnen und Passanten in Ottakring vergangene Woche gefragt, was sie vom Ausgang der Befragung halten.
DER STANDARD

Abgesehen davon ist Babler in regem Kontakt mit den Delegierten des Parteitags, es sind insgesamt 609 Personen, insbesondere mit jenen, die noch als unentschlossen gelten und bei denen es die Chance gibt, sie auf seine Seite zu ziehen. "Ein ganz normaler Austausch", betonen seine Mitarbeiter, es gehe keineswegs darum, jemanden anzuagitieren. Es sei üblich, sich vor einem Parteitag auszutauschen. Aber ja, man könne noch einmal auf Argumente und Programm hinweisen, Babler tut das mit Inbrunst, er ist davon überzeugt, der bessere Kandidat für den SPÖ-Vorsitz zu sein. Das trägt er ja sehr offen vor sich her.

Hans Peter Doskozil und Max Lercher sitzen nebeneinander auf einer Couch.
Max Lercher ist ein enger Vertrauter von Hans Peter Doskozil, derzeit führt er in seinem Namen viele Gespräche mit Delegierten.
Heribert Corn

Gastgeber im Südburgenland

Hans Peter Doskozil ist diese Woche auch gut beschäftigt, er ist ja nicht nur Anwärter auf den Parteichef, sondern hauptsächlich Landeshauptmann und derzeit auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Eine Doppel- und Dreifachbelastung quasi. Diese Woche, unmittelbar vor dem SPÖ-Parteitag, findet am Donnerstag und Freitag in St. Martin an der Raab, das ist im Südburgenland, die Tagung der Landeskulturreferenten statt, da kommen etliche Landeshauptleute. Auch Doskozil als Gastgeber ist hier gefragt, da kann er sich nicht absentieren. Und nächste Woche gibt es dann die echte und große Landeshauptleutekonferenz, die muss Doskozil vorbereiten, da gibt es etliche Termine. Es ist sein Anspruch, das nicht nebenbei laufen zu lassen, sondern ernst zu nehmen. Nächste Woche, da ist er dann schon SPÖ-Chef. Oder auch nicht.

Selbstverständlich werden auch im Team Doskozil die Delegierten des Parteitags bearbeitet. Es gebe laufend Gespräche mit Unterstützern, aber auch, und das ist ja entscheidend, mit den Noch-nicht-Unterstützern. Und wie auch im Team Babler weist man bei Doskozil die Darstellung zurück, hier werde jemand anagitiert. Man versuche lediglich, mit Argumenten unentschlossene Funktionärinnen und Funktionäre zu überzeugen. Und dabei auch den Verweis anzubringen, dass es immerhin ein Ergebnis der Mitgliederbefragung gibt, das demokratiepolitisch ein Gewicht haben sollte.

Lercher spricht mit Delegierten

Viele dieser Gespräche führt Max Lercher, ein Vertrauter von Doskozil. Zusammen wollen die beiden versuchen, die Partei auch auf die Wahlen nach dem Parteitag vorzubereiten, da gelte es, mit der größtmöglichen Geschlossenheit aufzutreten.

Ein persönliches Gespräch hatte Doskozil bereits mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der parteiintern als einer der größten und wahrscheinlich als der mächtigste Gegner von Doskozil gilt. Dass er Ludwig noch umstimmen umstimmen hätte können, dachte wohl auch Doskozil nicht, man müsse aber auch an die Zeit nach dem Parteitag denken. Wenn man Wahlen gewinnen wolle, müsse man die Kräfte bündeln, nur dann könne man auch tatsächlich Wahlen gewinnen. Der Wahlkampf könnte schneller kommen als gedacht.

Gerüchte über Neuwahlen

Und tatsächlich werden von mehreren Seiten Gerüchte ventiliert, die ÖVP, die das in der Hand hätte, könnte früher gewählt werden als vorgesehen. Die ÖVP hätte, so ist es aus unterschiedlichen Quellen zu hören, fix damit gerechnet, dass Pamela Rendi-Wagner als Siegerin aus der parteiinternen Chef-Suche hervorgeht. Und hätte gut mir ihr leben können, was nicht unbedingt ein Zeichen des allergrößten Respekts ist. Mit Babler wären wenigstens die Front geklärt: links gegen rechts, darauf war die ÖVP nicht eingestellt, aber das ist eine Aufstellung, die man gut bedienen kann. Ein Lagerwahlkampf würde Kanzler Karl Nehammer helfen. Vor allem auch deshalb, weil Babler vorwiegend im linken Spektrum reüssieren, die rechte Mehrheit aber nicht gefährden würde.

Mit Doskozil schaut das anders aus. Ihm wird viel eher zugetraut, auch Wählerinnen rechts der Mitte anzusprechen, bei der FPÖ, er könnte aber auch in das unzufriedene Lager der ÖVP-Wähler wirken und vor allem Nichtwähler mobilisieren. Doskozil wird also als stärkerer Gegner empfunden. Und je mehr Zeit er bekommt, umso eher hat er die Chance, die SPÖ wieder zu einen und zu sanieren. Das könnte für die ÖVP und die FPÖ gefährlich werden. Deshalb könnte die ÖVP einen Grund suchen, mit den Grünen vorzeitig zu brechen. Anlässe gäbe es genug. Es sind Gerüchte. Und es spricht auch einiges dagegen. Platz drei für die ÖVP etwa. (Michael Völker, 30.5.2023)