Bei der Krankheit Morbus Fabry kann der Körper gewisse Enzyme nicht herstellen. Organe wie das Herz sind besonders betroffen.
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Ungeachtet der enormen medizinischen Fortschritte sind selten auftretende Krankheiten für die Forschung eine Herausforderung. Zu einer solchen zählt auch Morbus Fabry. Dabei handelt es sich um eine lysosomale Speicherkrankheit – der Körper kann bestimmte Enzyme, die Lysosomen, nicht mehr selbst herstellen. Die Krankheit betrifft die Gefäße in diversen Organen. Vor allem Nieren, Herz und das Gehirn können stark beeinträchtigt werden.

Lysosomen haben wie alle Enzyme die Aufgabe, im Körper befindliche Stoffe zu spalten. Fehlen sie im Körper, kommt es zu Ablagerungen im Gewebe, die dazu führen, dass das Gewebe nicht mehr funktionsfähig ist. Die Krankheit äußert sich auch in einer verkürzten Lebenserwartung der Betroffenen.

Zeitlich gleichmäßiger verteilt

Ein Forschungsteam von Joanneum Research Health unter der Leitung von Thomas Birngruber ist nun auf dem besten Weg, einen vielversprechenden Therapieansatz für Morbus Fabry zu entwickeln. Möglich macht dies eine spezielle Nanotechnologie, die ursprünglich für die Entwicklung eines Krebsmedikaments erforscht wurde.

"Die Enzyme müssen künstlich hergestellt werden. Das Problem an der bisherigen Therapie ist, dass sie einerseits teuer ist und die Enzyme eine geringe Halbwertszeit haben. Die Betroffenen sind also immer für eine gewisse Zeit unterversorgt", erklärt Birngruber. Man kann es ihnen aber nicht so oft spritzen, wie sie es bräuchten. Hier setzt die Nanotechnologie an.

Das Enzym (a-Galactosidase A) kann in Nanokapseln verpackt werden und so über einen längeren Zeitraum im Körper verbleiben. Dieses Verfahren wird als Low-Level-Permanent-Treatment bezeichnet, da die Bioverfügbarkeit der Enzyme durch die Verkapselung herabgesetzt wird. Dadurch stehen sie dem Körper über einen längeren Zeitraum zur Verfügung. Bei diesem Verfahren kommt es nicht zu einem Peak der verabreichten Substanzen, sodass auch die Nebenwirkungen geringer sind. Nach der Verabreichung zerplatzen die Kapseln nach und nach wie Seifenblasen und setzen so die Enzyme frei.

Kleine Kapseln, große Wirkung

Die Kunst bei der Herstellung besteht darin, die Kapseln möglichst gleich groß zu machen und sie gleichmäßig zu beladen. Zusätzlich können die Kapseln durch eine Pegylierung mit Rezeptoren versehen werden, die ihnen sagen, an welche Stelle im Körper sie gehen sollen. Die Pegylierung ist eine Schutzschicht, die die Kapsel für das Immunsystem unsichtbar macht und sie somit schützt. Dadurch ist auch die Gefahr einer Reaktion auf die Nanopartikel deutlich geringer, wenn sich die Nanokapseln unter dem Radar des Immunsystems bewegen.

Den Aufbau der Kapseln kann man mit dem Aufbau von Waschmitteln vergleichen. Es gibt eine wasserliebende und eine wasserabweisende Seite. Diese bilden zusammen eine Kugel, weil sich die wasserliebende Schicht nach außen und die wasserabweisende nach innen orientiert. "Das Aufplatzen der Kapseln ist relativ zufällig, aber es geht darum, diese Zufallsreaktion möglichst gut zu beschreiben", erklärt Birngruber.

Blut-Hirn-Schranke bereitet Schwierigkeiten

Das Grazer Team will unter anderem herausfinden, ob es gelingt, die Bioverfügbarkeit zu verlängern und ob die Nanokapseln auch ins Gehirn gelangen. Das ist eine Herausforderung, denn die Blut-Hirn-Schranke erschwert es, dass Substanzen auch ins Gehirn vordringen. Im Gehirn gibt es nur ein sehr eingeschränktes Immunsystem. Das Gehirn schützt sich stattdessen mit der Blut-Hirn-Schranke, über die nur Substanzen ins Gehirn gelangen.

Es ist einerseits eine Frage der Freisetzung der Enzyme und andererseits eine Frage, ob Nanopartikel ins Gehirn gelangen können. "Man kann sagen, dass die Verfügbarkeit der Kapseln im Allgemeinen gut funktioniert, aber die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke bereitet in diesem Projekt noch gewisse Schwierigkeiten."

Das von der EU geförderte Projekt Smart4Fabry wird von Nora Ventosa geleitet, die in Barcelona zu diesem Thema forscht. Das Grazer Forschungsteam ist mit an Bord, um verschiedene Parameter im Tierversuch zu messen. Der logische nächste Schritt sind nun Versuche am Menschen. Diese erfordern ein wesentlich höheres Maß an Kontrolle und Qualität und sprengen daher das Budget eines geförderten Projekts. Nun wird ein Pharmapartner gesucht, mit dem das Medikament auf den Markt gebracht werden kann. (Karin Grabner, 8.6.2023)