Die drei angeklagten Männer aus Afghanistan wurden von mehreren Polizeibeamten in den Gerichtssaal begleitet.
Anfang Dezember ergingen die Urteile im Fall der getöteten 13-jährigen Leonie.
APA/EVA MANHART

Der Fall, über den der fünfköpfige Senat des Obersten Gerichtshofs am Mittwoch ab zehn Uhr zu entscheiden hatte, hatte viel Aufsehen auf sich gezogen. Die Verhandlung drehte sich um die getötete 13-jährige Leonie W. Sie soll im Juni 2021 von drei Männern aus Afghanistan zunächst unter Drogen gesetzt und anschließend sexuell missbraucht worden sein – mit Todesfolge. Anfang Dezember 2022 wurden die Angeklagten am Wiener Straflandesgericht wegen Mordes bzw. Mordes durch Unterlassung sowie Vergewaltigung schuldig gesprochen.

Zwei davon legten Berufung ein, um ihre Strafe zu mildern. Dem erteilte der Oberste Gerichtshof jedoch eine Absage. Die Urteile sind damit rechtskräftig. 

Für den Hauptangeklagten Zubaidullah R. (24) setzte es im Dezember eine lebenslange Haftstrafe. Er war vor dem Tatzeitpunkt nämlich bereits älter als 21 Jahre. Bei Ibraulhaq A. (19) und Ali H. (20) beträgt das Strafmaß 20 beziehungsweise 19 Jahre. Nur Ibraulhaq A. akzeptierte sein Urteil. Ihm gehörte die Wohnung, in der Leonie W. ums Leben kam. Die beiden anderen Männer legten Rechtsmittel ein, weshalb ihre Urteile noch nicht rechtskräftig waren.

Zubaidullah R. wollte mit einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen sein Urteil vorgehen. Damit wollte er seinen Schuldspruch wegen Mordes gekippt sehen. Sowohl Zubaidullah R. als auch Ali H. meldeten überdies eine Strafberufung an. Damit versuchten die beiden, doch noch ein milderes Urteil zu erreichen.

Die Anwälte von Ali H. argumentierten dies etwa damit, dass ihr Mandat noch jung sei und als einziger der drei Männer keine Vorstrafen aufweise. Zubaidullah R.s Vorstrafenregister weist mehrere Delikte im Zusammenhang mit Suchtmitteln auf. Dessen Verteidiger befand etwa, dass sein Mandat angeblich noch versucht habe, Leonie W. vor ihrem Tod zu helfen, und deshalb keine vorsätzliche Tat vorliege. 

"Geradezu zur Sache degradiert"

Die Generalprokuratur hielt von diesen Argumentationen aber nichts, führte im Fall des Hauptangeklagten die "massiv gleichgültige Einstellung gegenüber der körperlichen Unversehrtheit, der sexuellen Selbstbestimmung und dem Leben an sich" ins Treffen. Eine Strafmilderung für Ali H. sei ebenfalls abzulehnen, hieß es.  

Der fünfköpfige Senat des Obersten Gerichtshofs folgte den Berufungen ebenfalls nicht. "Das Opfer, ein 13-jähriges Mädchen, wurde geradezu zur Sache degradiert", sprach der Vorsitzende des Senats, Rudolf Lässig. "Dem Opfer wurde so viel Suchtgift verabreicht, dass es de facto wehrlos war, in diesem Zustand wurde das Mädchen von drei Männern auf das Übelste missbraucht." Als Leonie W. mit dem Tod rang, hätten die Täter die Hilfe unterlassen und das Mädchen "wie eine Sache" auf der Straße abgelegt. "Ich glaube, mehr gibt es dazu nicht zu sagen", schloss der Vorsitzende. "Wir sind seit vielen Jahren Strafrichter, aber uns ist ein so hoher Grad an Schuld kaum einmal wo untergekommen." Alle drei Urteile sind damit rechtskräftig. (Jan Michael Marchart, 31.5.2023)