Die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek hat ihre Herdprämie am Verhandlungstisch mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) durchgesetzt.
APA / Barbara Gindl

Bei der Präsentation des gemeinsamen Regierungsübereinkommens in Salzburg in der Vorwoche gaben sich sowohl Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) als auch seine künftige Stellvertreterin FPÖ-Chefin Marlene Svazek zurückhaltend mit Details aus dem Koalitionspakt. Haslauer versicherte, es gebe keinen Sideletter oder sonstige Nebenabreden zum Regierungsübereinkommen. Zudem betonte er in Hinblick auf das niederösterreichische Programm, dass es weder einen Corona-Fonds noch Rückzahlungen von Strafen gebe.

Auch Svazek wich der Frage aus, wo sich denn die blaue Handschrift im Regierungsprogramm finde. Es sei bei den Verhandlungen nicht darum gegangen, dass sich die FPÖ durchsetzen müsse. Das 60 Seiten starke Programm ist für alle Online abrufbar. Einzelne Regierungsvorhaben sorgen bei der Opposition und Organisationen jedoch bereits für laute Kritik. Auch bei der Großdemonstration am Pfingstmontag mit rund 1500 Menschen auf der Straße wurde gegen die Vorhaben demonstriert. Der STANDARD hat einige dieser Punkte aus dem Regierungsprogramm näher beleuchtet.

Herdprämie

"Wichtig ist uns die Wahlfreiheit: Das bedeutet einerseits die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, andererseits die Wertschätzung und Anerkennung für jene Familien, die ihre Kinder familienintern betreuen wollen." Geprüft werden soll auch eine finanzielle Unterstützung für Familien, die Kinder länger zu Hause betreuen.

Diese sogenannte Herdprämie, wie sie die Salzburger FPÖ nach oberösterreichischem Vorbild seit langem fordert, kritisieren Neos und Grüne. "Das ist Politik der 1950er-Jahre", betonte die Salzburger Grünen-Chefin Martina Berthold. Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der Wiener Arbeiterkammer, sagte in der ZiB 3, Österreich habe im internationalen Vergleich bereits sehr lange Berufsunterbrechungen von Frauen. Es brauche einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, erst dann könne man von Wahlfreiheit sprechen.

Salzburg liegt bei der Kinderbetreuungsquote der unter Dreijährigen mit 24,3 Prozent unter dem Österreich-Schnitt und erfüllt das Barcelona-Ziel, für ein Drittel einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, nicht. Svazek ist mit den Agenden der Familien und Kinderbetreuung künftig auch als Landesrätin ressortzuständig.

Deutschpflicht

Die Landesregierung will eine Deutschpflicht für die Vergabe von geförderten Mietwohnungen einführen. "Davon ausgenommen sind aber Personen, die in Mangelberufen tätig sind", sagte Svazek. Im Programm liest sich das so: "Der förderbare Personenkreis für die Vergabe gefördert errichteter Wohnungen wird sich nach dem WGG gemäß dem Modell Oberösterreich richten; ausgenommen davon sind Beschäftigte in Mangelberufen, die dies entsprechend nachweisen."

Von der Opposition hagelt es Kritik für die Deutschpflicht, die es neben Oberösterreich auch in Kärnten und Vorarlberg gibt. Damit ziehe nun die Fremdenfeindlichkeit ins Wohnungsressort ein, sagt Berthold. "Rassistische Spaltung macht keine einzige Wuchermiete günstiger", betont KPÖ-Chef Kay-Michael Dankl, der Grammatik- und Vokabeltests für ein Dach über dem Kopf ablehnt. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom Juni 2021 verstoße die Forderung nach dem Nachweis von Deutschkenntnissen unter bestimmten Bedingungen gegen EU-Recht. In der Stadt Salzburg sind 2018 ebenfalls bereits die Vergaberichtlinien für geförderte Mietwohnungen mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Neos verschärft worden. Seither bekommen Drittstaatsangehörige nur dann eine Wohnung, wenn sie Deutschkenntnisse nachweisen können.

In der Goethesiedlung in der Stadt Salzburg müssen Drittstaatsangehöhrige für eine geförderte Mietwohnung Deutschkenntnisse vorweisen. Schwarz-Blau will das auf das ganze Land für alle ausweiten.
Stefanie Ruep

Landesumweltanwältin

"Eine generelle Überarbeitung der Kompetenzen und Mitwirkungsrechte der Landesumweltanwaltschaft ist unumgänglich" , steht im Koalitionspakt. Sowohl naturschutzrechtliche Verfahren als auch jene für den Ausbau der erneuerbaren Energie sollen beschleunigt werden. Durch "Fristsetzung, Einschränkungen von Nachforderungen und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten" sollen die Verfahren entbürokratisiert werden.

Die Allianz der Umweltbewegungen, das Ökobüro, warnt vor den geplanten Einschnitten in Rechtsschutz und Beteiligung im Umweltrecht, "inmitten der größten Klima- und Biodiversitätskrise ein fatales Signal". Der WWF und der Umweltdachverband betonen, dass die Regierung die LUA entmachte und SchutzStandards unterwandere. Das sei kurzsichtig und gefährlich. Die LUA sei eine der letzten Instanzen, die auf Landesebene dem Wildwuchs von naturzerstörerischen Projekten Einhalt gebieten könne. Die bisherige Umweltlandesrätin Berthold (Grüne) sagt, dass die LUA massiv geschwächt und "die bisherigen Energieziele als unerreichbar ad acta gelegt" worden seien.

Abtreibungsalternativen

"Wir werden eine Informationskampagne des Landes zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaft sowie zu Adoption und Pflegeelternschaft als Alternative zum Schwangerschaftsabbruch ausarbeiten." Zudem will die Regierung eine Studie zu den Gründen für Abtreibungen durchführen, um die Beratung anpassen zu können.

Die grünen Frauensprecherinnen sehen in dieser Kampagne riesige Rückschritte bei der Selbstbestimmung von Frauen. "Anstatt ungewollt Schwangeren einen niederschwelligen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu garantieren, greift Schwarz-Blau hart erkämpfte Frauenrechte an." Die Plattform Pro Choice Austria bezeichnet die Vorschläge als "zutiefst sexistisch", die Entscheidungsfähigkeit von Schwangeren werde infrage gestellt. "Eine Adoption ist etwas grundsätzlich anderes als ein Schwangerschaftsabbruch und daher keine Alternative." Der Österreichische Frauenring reiht sich in die Kritik ein: "Frauen entscheiden und bezahlen ihre Abbrüche selbst. Ihre Entscheidung geht niemanden etwas an, schon gar nicht die Politik, Statistiken darüber sind unzulässig." In Salzburg gibt es derzeit zwei Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Sachleistungen für Asylwerber

Die Regierung will "prüfen, inwiefern Geldleistungen in der Grundversorgung in Sachleistungen umgewandelt werden können". Die Umwandlung der Grundversorgung in Sachleistungen hat auch die schwarz-blaue Regierung in Niederösterreich in ihrem Programm. Die FPÖ will hier alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Neu ist dieses Vorhaben nicht, schon 2017 wollte Schwarz-Blau im Bund nur noch Sachleistungen. Zu hundert Prozent ist dieses Vorhaben aber nicht umzusetzen, da etwa das Taschengeld EU-rechtlich vorgegeben ist.

Eine drängende Aufgabe wird für die Regierung die Suche nach neuen Asylquartieren. Denn Salzburg liegt unter der gesetzlich festgeschriebenen Quote der Unterbringung von Menschen, die um Asyl angesucht haben, und steht bereits jetzt an viertletzter Stelle im Bundesländervergleich. Die Asylagenden hat Schwarz-Blau aus dem Sozialressort, das nun von der FPÖ geleitet wird, herausgelöst. Neue Asylquartiere zu schaffen ist nun die Aufgabe von VP-Landesrat Josef Schwaiger, der rasch handeln muss. Denn in den Gemeinden Wals und Puch laufen die Verträge für zwei Großquartiere aus. (Stefanie Ruep, 1.6.2023)