Berlin/Wien – Die deutsche Bundespolizei hat an den Grenzen zu Österreich und der Schweiz seit der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich mehr Ausländer zurückgewiesen als zuvor. Wie aus einer Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Frage der fluchtpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, hervorgeht, wurden im ersten Quartal dieses Jahres an der Grenze zur Schweiz 3.063 unerlaubte Einreisen registriert. In drei von vier Fällen kam es demnach zu Zurückweisungen. Der Antwort zufolge, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wurden auch rund 62 Prozent der 3.674 Menschen, deren unerlaubte Einreise der Bundespolizei und den grenzpolizeilich beauftragten Behörden an der Grenze zu Österreich auffiel, zurückgewiesen. An der Grenze zu Polen gab es laut Bundesregierung lediglich drei Zurückweisungen.

Um Menschen an einer unerlaubten Einreise nach Deutschland zu hindern, können Ausländer direkt an der Grenze – an der Landgrenze, der Seegrenze oder an Flughäfen – zurückgewiesen oder als illegal Eingereiste in ein anderes Land zurückgeschoben werden. Im vergangenen Jahr waren 25.538 Menschen an der deutschen Grenze zurückgewiesen worden, deutlich mehr als in den Vorjahren. An der Grenze zu Österreich stiegen die Zahlen bereits im Sommer deutlich an, an der Schweizer Grenze begann diese Entwicklung im Oktober. Im ersten Quartal dieses Jahres gab es insgesamt 4.681 Zurückweisungen.

Die Zahl der festgestellten unerlaubten Einreisen war im ersten Quartal dieses Jahres mit rund 16.000 deutlich niedriger als im letzten Quartal des Jahres 2022 (rund 30.000). Das könnte nach Ansicht von Beobachtern unter anderem mit noch strengeren Kontrollen Polens an der Grenze zu Belarus zusammenhängen sowie mit der von der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit der Schweiz vereinbarten besseren grenzpolizeilichen Zusammenarbeit, insbesondere durch Kontrollen in Zügen auf Schweizer Hoheitsgebiet. Stationäre Kontrollen gibt es aktuell lediglich an der Landgrenze zu Österreich.

Laut einer Antwort der deutschen Regierung auf eine frühere Anfrage der Linksfraktion zählen etwa die versuchte Einreise ohne gültiges Reisedokument oder eine Einreisesperre zu den Gründen, die am häufigsten zu einer Zurückweisung führen. "Es gibt klare Indizien dafür, dass die deutsche Bundespolizei Schutzsuchende insbesondere an der Grenze zu Österreich rechtswidrig zurückweist", sagte Bünger. Das deutsche Innenministerium müsse dem nachgehen, forderte sie.

Staatsgrenze Deutschland-Österreich
Fast zwei Drittel der 3.674 Menschen, deren unerlaubte Einreise der deutschen Bundespolizei und den grenzpolizeilich beauftragten Behörden an der Grenze zu Österreich im ersten Quartal 2023 auffiel, wurden zurückgewiesen.
IMAGO/Eckhard Stengel

Über 1.000 Heimreisezertifikate für Asylwerber

Laut einer Anfragebeantwortung durch das österreichische Innenministerium wurden im Vorjahr 1.005 Ausreisezertifikate für Asylwerber erfolgreich ausgestellt. 253 Versuche bei den jeweiligen Herkunftsstaaten fielen negativ aus, wie es in der Beantwortung an den FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer hieß. Ein großer Teil der angeforderten Zertifikate erwies sich als überflüssig, weil die Asylsuchenden in andere Staaten weiterreisten.

Die Ausstellung von Zertifikaten durch die jeweilige Botschaft ist die Voraussetzung dafür, abgelehnte Asylwerber ohne Reisepass in ihre Herkunftsstaaten zurückführen zu können. So wurde etwa seitens Pakistans 72 Mal die Rücknahme von Flüchtlingen abgelehnt. Bei Nigeria war es in 55 Fällen so. Solche Flüchtlinge haben daraufhin in Österreich einen geduldeten Status, können aber etwa nicht arbeiten. Manche Staaten kooperieren mit Österreich überhaupt nicht – etwa der Iran, der es mit der gesamten EU so hält. Auch zum Beispiel mit Somalia gibt es keine entsprechenden Übereinkunft.

Die meisten Anträge auf Ausstellung eines Ausreisezertifikats gab es im Vorjahr mit Tunesien, gefolgt von Pakistan und Marokko. Gesamt waren es knapp 5.200. Die große Diskrepanz zur Gesamtzahl der erfolgreich ausgestellten und negativ bestimmten Ansuchen ergibt sich eben daraus, dass viele Flüchtlinge das Land von sich aus verlassen haben, weil sie bei ihrem Aufgriff Österreich ohnehin nicht als Zielstaat hatten, speziell Inder und Tunesier.

Werte wie vor der Corona-Pandemie

Grundsätzlich zeigt die Statistik, dass man bei den Ausreisezertifikaten wieder auf Werte der Zeit vor der großen Corona-Krise zurückgekehrt ist. 2019 waren es gut 5.600 Anträge, in den Jahren seither deutlich weniger, 2020 und 2021 rund um 4.000. Gesunken ist die Zahl der Ablehnungen. Die lag 2019 noch bei 712, also deutlich höher als im Vorjahr bei einer ähnlichen Zahl an Anträgen.

Insgesamt kam es im Jahr 2022 zu 12.550 Ausreisen, davon knapp zwei Drittel freiwillig, wobei hier auch heimkehrende Vertriebene aus der Ukraine eingerechnet sind. (APA, krud, 31.5.2023)