Der Radverkehr in Wien hat heuer weiter zugelegt. Nun fordert der VCÖ in den vier Monaten, die für den Radverkehr am attraktivsten sind, temporäre Radwege.
Christian Fischer

Die Monate Juni bis September sind jene, an denen die meisten Menschen mit dem Rad fahren. In dieser Zeit sollen daher temporäre Radwege dort errichtet werden, wo derzeit Engstellen sind, fordert der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Hintergrund dafür ist auch, dass der Radverkehr in Wien heuer weiter gestiegen ist. Und das, obwohl das Wetter heuer im Frühling schlechter war als im Vorjahr. "In Wien waren bei den 18 Radverkehrszählstellen heuer in den ersten vier Monaten insgesamt um 4,5 Prozent mehr Radfahrerinnen und Radfahrer unterwegs als im gleichen Zeitraum des Vorjahres", analysiert der VCÖ. "Der häufigere Niederschlag machte sich bei Freizeit- und Radausflugsfahrten am Wochenende bemerkbar, an den Werktagen hingegen ist der Radverkehr gestiegen. Das Fahrrad wird häufiger als Verkehrsmittel im Alltag genutzt."

Mehr Fahrrad- als Pkw-Haushalte in Wien

In den vergangenen zwei Jahren war der Juni der radstärkste Monat. "Schon jetzt ist es auf Radwegen teilweise eng", alteriert sich der VCÖ, dass der Radverkehr zu wenig Platz habe. Insgesamt waren heuer in den ersten vier Monaten an den bestehenden Radzählstellen 2,67 Millionen Radfahrerinnen und Radfahrer unterwegs, um rund 115.000 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Entschärfen sollen die Situation auf der Straße nun zeitlich begrenzt errichtete Radwege. "Durch die temporäre Umwidmung von Kfz-Fahrbahnen dort, wo es möglich ist, können für die Bevölkerung rasch sichere Bedingungen zum Radfahren geschaffen werden. Die Kosten sind gering, der Nutzen sehr groß", erklärt Michael Schwendinger vom VCÖ. Er verweist dabei auch auf internationale Erfahrungen aus dem ersten Corona-Jahr. Eine Evaluierung von rund 2.000 Kilometer temporären Radwegen in 106 Städten hat demnach gezeigt, dass der Radverkehr auf diesen Strecken um elf bis 48 Prozent gestiegen ist.

Um die Autofahrerinnen und Autofahrer macht sich der VCÖ bekanntlich weniger Sorgen. In diesem Fall rechtfertigt er es damit, dass es mehr Fahrrad- als Pkw-Haushalte in Wien gebe. In 60 Prozent der Haushalte in Wien gibt es demnach zumindest ein Fahrrad, während in 53 Prozent der Haushalte ein Auto vorhanden ist. Zudem würden temporäre Radwege Wien dem Klimaziel näherbringen und, wenn mehr Menschen wegen attraktiverer Infrastruktur aufs Rad umsteigen, die Staus reduziert werden.

Ausbau der Radinfrastruktur im Burgenland

In einer viel kleineren Großstadt, in Eisenstadt nämlich, sind Pop-up-Radwege aktuell kein Thema – hier setzt man auf den Ausbau der permanenten Radinfrastruktur. "2021 und 2022 waren Rekordjahre. Es wurde mehr in den Rad- und Fußwegeausbau investiert als in den Straßenbau. Damit wurden so viele Projekte und Kilometer umgesetzt wie nie zuvor", sagt Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP). Seit 2021 hat Eisenstadt beinahe zwei Millionen Euro in den Ausbau des Geh- und Fahrradwegenetzes investiert, heuer folgen weitere 800.000 Euro, um weitere zehn Kilometer Radwege zu errichten. Es gehe darum, die Hauptwege durch die Stadt alltagstauglicher und sicher zu machen, erklärt Anja Haider-Wallner (Grüne).

Ein Stück weiter südlich, am Bahnhof von Wulkaprodersdorf, versucht man mit einem weiteren Projekt, den Umstieg aufs Fahrrad attraktiver zu machen. An Werktagen steigen dort täglich fast 1.000 Menschen beim Zug ein oder aus. 2019 stellte man dort neben den 250 Pkw-Parkplätzen erste versperrbare Fahrradboxen auf. Deren Anzahl wurde nun von acht auf 26 erhöht. Um sieben Euro pro Monat und 50 Euro Kaution kann man eine solche Fahrradgarage am Bahnhof mieten.

Dies sei ein "wirklich gutes Angebot", sagt Hana Dellemann, stellvertretende Generaldirektorin der Raaberbahn. "Wir haben gesehen, wie gut die Radboxen seit 2019 angenommen werden. Sie waren bisher permanent vermietet. Wer bei uns mietet, tut das langfristig. Und für die neuen Boxen haben wir schon die ersten Interessenten." (Guido Gluschitsch, 31.5.2023)