Ein Mann vor einer von Kugeln durchlöcherten Krankenstation im Süden von Khartum.
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Khartum – Trotz der US-Sanktionen gegen die Konfliktparteien hat es in der sudanesischen Hauptstadt Khartum in der Nacht auf Freitag erneut heftigen Artilleriebeschuss gegeben. Besonders betroffen war die Umgebung des staatlichen Fernsehsenders, wie Anrainer berichteten.

Die USA hatten am Donnerstag wegen der anhaltenden Gewalt Sanktionen gegen die Streitkräfte des Landes und gegen die paramilitärische RSF-Miliz verhängt, darunter Einreisebeschränkungen für Vertreter beider Konfliktparteien. Außerdem wurden vier Unternehmen, welche die Konfliktparteien unterstützen, mit Sanktionen belegt. Analysten bezweifeln allerdings die Wirksamkeit dieser Maßnahmen.

Brüchige Waffenruhen

Die sudanesische Armee kündigte an, weitere Truppen aus anderen Landesteilen in die Hauptstadt Khartum zu verlegen. Sie erwarte in Kürze einen "massiven Angriff", erklärte die Expertin Kholood Khair vom in Khartum ansässigen Politikinstitut Confluence Advisory im Onlinedienst Twitter. "Die Armee will militärische Gewinne verzeichnen, um bei einer Wiederaufnahme der Verhandlungen in einer besseren Position zu sein", sagte Khair.

Experten zufolge konnte bisher keine der beiden Seiten einen nennenswerten Vorteil erlangen. Die Armee unter der Führung von Abdel Fattah al-Burhan sei im Besitz von schweren Waffen und Luftgeschossen, die Einheiten der paramilitärischen RSF seien dagegen mobiler und besser für Straßenkämpfe ausgestattet.

Seit Wochen verhandelten Vertreter beider Konfliktparteien unter Vermittlung der USA und Saudi-Arabiens über eine vorübergehende Waffenruhe, um humanitäre Hilfe im Sudan zu ermöglichen. Vereinbarte Waffenpausen erwiesen sich jedoch stets als äußerst brüchig.

"Katastrophale" Lage im Land

Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die Situation im Land "katastrophal": Drei Viertel der Krankenhäuser seien außer Betrieb, 25 Millionen Menschen seien dringend auf Hilfe angewiesen. UN-Angaben zufolge gibt es im Sudan mittlerweile 1,2 Millionen Binnenvertriebene, mehr als 425.000 Menschen flohen in Nachbarländer.

Am Freitag entscheidet die Uno über die Zukunft ihrer Mission im Sudan, deren Mandat am Samstag offiziell endet. Ein Großteil der Hilfskräfte wurde bereits zu Beginn der Kämpfe außer Landes gebracht. Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan forderte Ende Mai die Absetzung des deutschen UN-Sondergesandten Volker Perthes.

Die Gefechte im Sudan zwischen der Armee von Militärmachthaber Burhan und der paramilitärischen RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo hatten Mitte April begonnen. Seitdem wurden nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Acled mehr als 1.800 Menschen getötet. (APA, 2.6.2023)