Polizisten am Samstag in Hongkong.
AP/Louise Delmotte

Hongkong/Peking – Im Vorfeld des 34. Jahrestags der blutigen Niederschlagung der Demokratie-Proteste auf dem Pekinger Tian'anmen-Platz hat die Polizei in Hongkong mehrere Aktivisten festgenommen, die an das dunkle Kapitel der chinesischen Geschichte erinnern wollten. Nach Angaben der Polizei wurden am Samstag acht Personen wegen "aufrührerischer Aktionen" oder Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen. Öffentliches Gedenken war in der chinesischen Sonderverwaltungsregion nicht erlaubt. Die Polizei hatte im Vorfeld vor "illegalen Aktionen" gewarnt.

Bis 2019 waren in Hongkong zum Jahrestag immer noch Zehntausende zu einer Kerzenandacht zusammengekommen, um an die Opfer des Massakers vom 4. Juni 1989 zu erinnern. Doch hat die Führung in Peking ihre Kontrolle über die seit der Rückgabe an China 1997 eigentlich autonom verwaltete frühere britische Kronkolonie verschärft. Die Opposition wird seit 2020 mit vage formulierten Sicherheitsgesetzen verfolgt, die weitreichende Spielräume für Repressionen eröffnen.

Opfergruppe stellt Forderungen

In der Volksrepublik war ohnehin noch nie ein öffentliches Gedenken an die Opfer erlaubt. Vielmehr wurden Bürgerrechtler und Angehörige häufig unter Hausarrest gestellt oder an andere Orte gebracht. Vor dem Jahrestag forderten die "Mütter von Tian'anmen" - ein Zusammenschluss der Familien der Opfer - in einem Appell, dass sie die Wahrheit über den Militäreinsatz erfahren, Entschädigung erhalten und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Bei dem gewaltsamen Einsatz der Volksbefreiungsarmee gegen friedliche Demonstranten um den Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen) in Peking waren damals einige hundert Menschen ums Leben gekommen. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Tausende wurden verletzt und inhaftiert. Das Massaker ist in China auch 34 Jahre danach ein Tabu-Thema.

Taiwans Regierung forderte die Kommunistische Partei in China auf, über die Lehren der Niederschlagung der Demokratiebewegung zu reflektieren. Präsidentin Tsai Ing-wen äußerte die Hoffnung, dass junge Leute in China eines Tages die Freiheit bekommen, ohne Angst ihre Meinung auszudrücken. In Taipeh, der Hauptstadt der demokratischen Inselrepublik, war am Sonntagabend eine Gedenkveranstaltung geplant.

China sucht Dialog

Im Zuge des Shangri-La-Dialogs, dem wichtigsten Sicherheitsgipfels Asiens, sagte der chinesische Verteidigungsminister Li Shangfu, in der asiatisch-pazifischen Region lebe die alte Mentalität des Kalten Krieges wieder auf, obwohl sein Land den Dialog der Konfrontation vorzieht. "Die Rückkehr zum Kalten Krieg erhöht die Sicherheitsrisiken erheblich", sagte Li Shangfu am Sonntag. "Gegenseitiger Respekt sollte Vorrang vor Schikane und Herrschsucht haben." In seiner Rede in Singapur nahm der Politiker die Vereinigten Staaten indirekt in die Kritik und beschuldigte "einige Länder", das Wettrüsten zu intensivieren und sich vorsätzlich in die inneren Angelegenheiten anderer einzumischen.

"China und die USA haben unterschiedliche Systeme und unterscheiden sich auch in vielerlei anderer Hinsicht", sagte Li Shangfu in seiner ersten wichtigen internationalen Ansprache seit seiner Ernennung zum chinesischen Verteidigungsminister im März. "Dies sollte die beiden Seiten jedoch nicht davon abhalten, nach Gemeinsamkeiten und gemeinsamen Interessen zu suchen, um die bilateralen Beziehungen auszubauen und die Zusammenarbeit zu vertiefen." Es sei unbestreitbar, dass ein schwerer Konflikt oder eine Konfrontation zwischen China und den USA eine schwerwiegende Katastrophe für die Welt bedeuten würde.

Li Shangfu kritisierte die Waffenlieferungen und das militärische Training durch die USA für Taiwan sowie die Aufwertung der Beziehungen zwischen Washington und Taipeh. Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas, in die sich niemand einmischen dürfe, sagte er: "Taiwan ist Chinas Taiwan." Es sei "absurd und gefährlich", das Ein-China-Prinzip Pekings zu unterhöhlen. Danach gehört Taiwan zur Volksrepublik. Die "Wiedervereinigung" sei unaufhaltsam, sagte der Minister.

Am Samstag rügte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin China in einer Rede auf dem Sicherheitstreffen für seine Weigerung, militärische Gespräche zu führen.

Die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und China befinden sich auf einem Tiefpunkt. Die beiden Mächte sind tief gespalten bei Themen wie der Souveränität des demokratisch regierten Taiwan, das nach dem Verständnis der Volksrepublik zu China gehört oder den Territorialstreitigkeiten im südchinesischen Meer. (APA, Reuters, red, 4.6.2023)