Haben Sie das auch manchmal, den Streaming-Blues? Alles schon gebingt? Die Neuerscheinungen: bestenfalls zum Gähnen. In den oberen und mittleren Ebenen der Programmmenüs nichts Interessantes, nur Blockbuster. Und für tiefer schürfende Recherchen fehlt die Energie oder ist die Menüführung des Smart-TV zu langsam.

"Motive"-Ermittlerin Angie Flynn (Katherine Lehmann).
CTV Trailer Screenshot

Tataaa!

Und trotzdem: Tataaa! Plötzlich stolpern wir über Motive – eine in Vancouver angesiedelte Krimiserie, die vorderhand reichlich konventionell erscheinen würde (guter Polizist und noch gutere Polizistin jagen böse Menschen), wäre da nicht eine ungewöhnliche, spannende Drehbuchidee: In den ersten beiden Szenen jeder Folge lernen wir das Opfer und den Täter oder die Täterin kennen – und zwar völlig unabhängig voneinander.

Dann beginnt die eigentliche Handlung am Tatort. Wir, das Publikum, wissen zwar, wer wen umgebracht hat – aber nicht wie und vor allem nicht warum. Hier sind wir den Detectives plötzlich nicht mehr voraus. Deren Charaktere sind übrigens nicht nur gut gezeichnet, sondern werden von Kristin Lehman, Louis Ferreira, Brendan Penny, Lauren Holly, Warren Christie, Luisa D’Oliveira auch wunderbar interpretiert.

Die Dialoge: gelungen. Die Plots: manchmal etwas durchsichtig, zumeist aber pfiffig. Und ab und zu morden sogar Schauspielpromis, die man nicht nur in Kanada kennt, unter anderem Victor Garber (Sicario, Legends of Tomorrow) und Molly Parker (House of Cards, Goliath).

Und wenn wir schon in Kanada sind: Auch nicht mehr ganz neu, aber mindestens so gut wie eine sehr gute US-Cop-Serie: 19-2. Gibt's sowohl als französisches Original als auch als englischsprachiges Remake. Empfehlung. (Gianluca Wallisch, 5.6.2023)