Lebensmittel kosten in Österreich brutto im Schnitt um 18 Prozent mehr als in Deutschland. (Symbolbild)
IMAGO/Martin Wagner

Wien – In Österreich liegt die Inflation seit Monaten deutlich über dem europäischen Schnitt, auch verglichen mit Deutschland steigen die Preise hierzulande deutlich stärker an. Das macht sich auch bei den Lebensmittelpreisen bemerkbar. Laut einem Preismonitor der Arbeiterkammer (AK) sind vergleichbare Markenartikel in Österreich brutto im Schnitt um 18 Prozent teurer als in Deutschland, netto – also ohne die unterschiedliche Mehrwertsteuer – waren es 15 Prozent.

Die AK hat im Mai die Preise von 71 Markenartikeln in österreichischen (Billa, Interspar) und deutschen Online-Shops (Rewe, Edeka, Kaufland) verglichen. Von den 71 waren die Bruttopreise von 57 Artikeln höher als in Deutschland, 13 Produkte waren billiger, und ein Produkt kostete gleich viel.

Beim Vergleich der Nettopreise waren 53 der 71 Lebensmittel in Österreich teurer als in Deutschland. Bei den Nettopreisen wurde die unterschiedliche Mehrwertsteuer der beiden Länder herausgerechnet. In Österreich liegt der Umsatzsteuersatz bei 20 Prozent, der ermäßigte Steuersatz liegt bei zehn Prozent. In Deutschland liegen die Sätze bei 19 beziehungsweise sieben Prozent.

Bruttopreisunterschiede

Vereinzelt zeigten sich laut AK extreme Bruttopreisunterschiede von bis zu etwa 150 Prozent. Beispielsweise kostet eine 175-Gramm-Packung Philadelphia-Frischkäse in Österreich 2,49 Euro, in Deutschland aber nur 0,99 Euro – das entspricht einem Preisunterschied von 152 Prozent.

Auch Produkte wie Leibniz-Butterkekse waren in Österreich um 73 Prozent teurer als in Deutschland, eine 500-Gramm-Packung De-Cecco-Penne-Nudlen kostete hierzulande um 60 Prozent mehr als im Nachbarland. Bei einer Dose Red Bull betrug der Preisunterschied rund 33 Prozent, bei einem Liter Sprite waren es 66 Prozent.

Handelsverband: "Äpfel-Birnen-Vergleich"

Der Handelsverband sieht in dem Preisvergleich einen "Äpfel-Birnen-Vergleich", der viele strukturelle Komponenten ausblende, die für die Preisunterschiede verantwortlich seien. So ignoriere die AK die höhere Filialdichte in Österreich, höhere Personal- und Lohnnebenkosten, generell höhere Steuern und Abgaben, einen höheren Anteil an Bio-Produkten, teurere Verkehrswege und häufigere Rabattaktionen.

Auch die territorialen Lieferbeschränkungen (Territorial Supply Constraints oder TSC) würden eine zentrale Rolle spielen. Denn diese würden es großen Markenartikelherstellern erlauben, den EU-Binnenmarkt künstlich entlang nationaler Landesgrenzen zu segmentieren und in jedem Land unterschiedliche Preise zu verlangen - mit Einkaufspreisunterschieden von bis zu 60 Prozent. Würde man die Beschränkungen verbieten, ergäbe sich ein Einsparpotenzial von rund 14 Milliarden Euro für die gesamte EU, rechnet der Handelsverband vor.

Zugewinn für Diskonter 

Daten zeigen auch, dass Österreicherinnen und Österreicher weniger Lebensmittel einkaufen. Die Einkaufsmenge lag in den ersten drei Monaten des Jahres um zwei Prozent unter den Werten von Anfang 2019, also vor der CoronaKrise. Zugleich greifen die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt zu Aktionswaren und gehen häufiger zum Diskonter, zeigen die Daten der RollAMA (rollierende Agrarmarktanalyse) vom ersten Quartal 2023. 

Trotz stärkerer Nutzung von Aktionen ist der "RollAMA-Einkaufskorb" im Schnitt um 16,6 Prozent teurer als vor einem Jahr – bei einer Inflationsrate (VPI) von etwa neun Prozent. Da die Haushalte die Einkaufsmengen im Jahresabstand um fünf Prozent reduziert haben, sind ihre Ausgaben für Lebensmitteleinkäufe "nur" um elf Prozent gestiegen. Fast ein Drittel der Einkaufsausgaben fließt in die Kassen der Diskonter. Rabatte werden immer wichtiger – Fleisch wird zur Hälfte mit Rabatt erworben, Wurst zu einem Drittel. "Debatten rund um mehr Tierwohl werden angesichts dieser Entwicklungen voraussichtlich noch lange geführt werden. Denn bei einer derartigen Preissensibilität und unter ihrem Wert verkauft, werden sich Tierwohlprodukte nur schwer am Markt durchsetzen können", heißt es in der Mitteilung der RollAMA.

Kein Rückgang des Bio-Anteils

Die starken Preisanstiege bei Milchprodukten ließen den Absatz von Joghurt um sieben Prozent einbrechen. Käse und Butter blieben aber im Einkaufswagerl von Frau und Herr Österreicher. Der Gemüseeinkauf ging um 8,5 Prozent zurück, vor allem weil Fruchtgemüse wie Tomaten oder Paprika mit einem 17-prozentigen Minus einbrach. Dafür hat die Krise nicht zu einem Rückgang des Bio-Anteils bei den Einkäufen geführt. 11,9 Prozent Bioanteil ist der zweithöchste Wert nach dem ersten Quartal 2022. Dazu beigetragen hat, dass der Preisunterschied zwischen Bio und konventionellen Lebensmitteln in den meisten Kategorien geschrumpft ist. Seit 2019 ist der Bioanteil bei heimischen Lebensmitteleinkäufen mit Schwankungen leicht gestiegen.

Basis für die RollAMA (rollierende Agrarmarktanalyse) sind Aufzeichnungen von 2.800 Haushalten über ihre Lebensmitteleinkäufe. Erfasst werden Fleisch und Geflügel, Wurst, Milch und Milchprodukte, Käse, Obst, Gemüse, Eier, Erdäpfel, Tiefkühlprodukte, Fertiggerichte, aber nicht Brot und Gebäck.

Höhere Sparzinsen in Deutschland

Wer sein Geld jederzeit verfügbar haben und doch etwas bessere Zinsen erhalten will, sollte sich außerdem bei deutschen Banken umschauen. Denn obwohl die Inflation im Nachbarland deutlich niedriger ist, bieten manche Geldinstitute etwas höhere Zinsen für Tagesgeld an, zeigen Preisvergleiche im Internet. Die besseren Angebote gelten in beiden Ländern in der Regel nur für Neukunden – und sie liegen immer noch weit unter der Teuerungsrate. Tagesgeld verliert also laufend an Kaufkraft.

Immerhin 2,5 Prozent Zinsen bieten bei einer Veranlagung von 10.000 Euro in Österreich laut dem Portal Durchblicker.at die Santander Consumer Bank, die Renault Bank und die Bawag. Dieser Zinssatz ist allerdings nur ein paar Monate garantiert, danach fällt die Verzinsung auf einen variablen Wert, derzeit sind es 1,9 bzw. 1,8 Prozent und 0,01 Prozent (Bawag). Auch gilt das Angebot nur für Neukunden beziehungsweise im Juni neu eingezahlte Beträge. Die Bawag bietet als Zuckerl bei hohen Veranlagungsbeträgen über 150.000 Euro befristet bis zu drei Prozent Zinsen. Mit 2,35 Prozent kommt auch das Dadat-Konto für Neukunden über die Schwelle von zwei Prozent.

Neukunden oder neu eingezahlte Beträge

In Deutschland bietet hingegen ein halbes Dutzend Institute, darunter etwa die Volkswagen Bank, Barclays oder die ING, drei Prozent Zinsen oder sogar etwas mehr. Auch hier sind die hohen Zinsen nur für ein paar Monate garantiert, meistens gilt das Angebot für Neukunden oder neu eingezahlte Beträge.

Das Geld zu binden bringt übrigens kaum höhere Zinsen. Für Festgeld bieten österreichische Banken laut durchblicker.at bei dreijähriger Bindung bis zu 3,25 Prozent Zinsen. In Deutschland sind Angebote für diese Laufzeit bis zu 3,75 Prozent zu finden.

Obwohl die Zinsen in Deutschland höher sind, ist die Inflation deutlich niedriger. In Deutschland lag die Teuerungsrate im Juni laut Schnellschätzung bei 6,1 Prozent, in Österreich bei 8,7 Prozent (HVPI). In beiden Ländern sind Einlagen bis zu einem gewissen Grenzwert staatlich garantiert.

Bei allen diesen Veranlagungen ist aber zu bedenken, dass die Inflation wesentlich höher ist und das Geld daher gemessen an der aktuellen Teuerungsrate real pro Jahr um drei (Deutschland) bis sechs Prozent an Wert verliert. (APA, red, 5.6.2023)