Internationales Filmfestival Innsbruck
Das von 6. bis 11. Juni stattfindende Festival eröffnet mit der ukrainischen Komödie "Luxembourg, Luxembourg". Darin begeben sich Zwillingsbrüder auf die Suche nach ihrem Vater.
IFFI

Wie verändert Krieg eine Gesellschaft? Was bedeutet er für Menschen und Alltag? Das sind Fragen, an die das 32. Internationale Filmfestival Innsbruck (IFFI) auf unterschiedlichen Ebenen andockt. "Wir vergessen oft, dass es in der Ukraine auch noch so etwas wie einen Alltag gibt", sagt IFFI-Direktorin Anna Ladinig und meint damit auch das ukrainische Kulturleben, das trotz fraglos schwieriger Bedingungen nicht vollständig zum Erliegen gekommen ist.

Vor knapp zwei Monaten, so La­dinig, habe das Spielfilmdebüt von Maksym Nakonechnyi in einem vollen Kinosaal in Kiew seine Premiere erlebt. Butterfly Vision wurde kurz vor der russischen Invasion in der Ukraine fertiggestellt, spielt in der Zeit des Krieges im Donbas und nimmt vieles von dem vorweg, was seither auf tragische Weise an Dringlichkeit gewonnen hat. Der Film erzählt die Geschichte einer Drohnenpilotin der ­ukrainischen Armee, die traumatisiert aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Ihr Ehemann hat sich unterdessen einer ultranationalistischen Gruppierung angeschlossen, sie selbst lehnt die mediale Vereinnahmung als Heldin oder Opfer ab.

Klassiker bis Experiment

Eine andere Seite des ukrainischen Filmschaffens zeigt die Komödie Luxembourg, Luxembourg, mit der das IFFI am Dienstag in Anwesenheit von Regisseur Antonio Lukich eröffnet wird. Er begleitet die Zwillingsbrüder Kolja und Vasja (gespielt von den Rappern Amil und Ramil Nasirov) auf einer Reise zu ihrem im Sterben liegenden Vater nach Luxemburg und durch die Zeit nach der ukrainischen Unabhängigkeit.

"Weltweite Visionen" heißt eine traditionsreiche IFFI-Kategorie, sie trifft auch den Kern der Sache: Seit mehr als dreißig Jahren macht sich das größte Filmfestival Westösterreichs um die Erweiterung des ­kinematografischen Blicks verdient und lenkt diesen auf internationale Filmkunst, die im Kinomainstream unterrepräsentiert ist. Im Spielfilmwettbewerb steht neben Butterfly Vision auch das kolumbianische Roadmovie Los reyes del mundo von Laura Mora, das in eine Gesellschaft entführt, die von jahrzehntelangem Bürgerkrieg und Landraub geprägt ist.

Rund 70 Filme stehen bis 11. Juni auf dem Programm, Preise werden in fünf Kategorien vergeben. Außer Konkurrenz läuft die Retrospektive, der auch das diesjährige Festivalmotto entsprungen ist: "We are not alone" ist eher als Mahnung denn als Trost zu verstehen, geht es doch um die aus dem anthropozentrischen Weltbild erwachsenen Krisen. Die filmische Auseinandersetzung damit reicht von Klassikern wie Robert Bressons Au hasard Bal­thazar von 1966 bis zu Experimentellem der Schweizer Videokünstlerin Ursula Biemann. (Ivona Jelčić, 6.6.2023)