Die Skulptur "Arcus (Schatten eines Regenbogens)"von Sarah Ortmeyer und Karl Kolbitz zitiert das Symbol der LGBTIQ-Bewegung – jedoch in grauschattierten Trauerfarben.
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Seit den 1970er-Jahren fungiert der Regenbogen international als Symbol der LGBTIQ-Bewegung. Nicht bunt, sondern in sechs Grauschattierungen formt er nun im Wiener Resselpark seinen imaginären Schatten: als Denkmal für in der NS-Zeit als Homosexuelle verfolgte Menschen.

Die von Sarah Ortmeyer und Karl Kolbitz geschaffene Skulptur Arcus (Schatten eines Regenbogens) soll sowohl an die dunkle Vergangenheit erinnern als auch ein Zeichen gegen gegenwärtige Homophobie und Diskriminierung setzen, wie Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) bei der Präsentation am Montag betonten.

VIDEO: Präsentation des Denkmals "Arcus"
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Hannes Sulzenbacher, Co-Leiter des Zentrums für queere Geschichte und Juryvorsitzender, sieht die Errichtung des Denkmals als "Meilenstein der österreichischen Erinnerungskultur, wird hier doch einer der letzten, jahrzehntelang verschwiegenen Opfergruppe gedacht".

Die Schicksale all jener, die von den Nationalsozialisten wegen "Unzucht wider die Natur" verfolgt wurden, liegen mehrheitlich im Dunkeln und lassen sich allenfalls über Strafakte rekonstruieren. Bis heute zählen sie zu den am schlechtesten dokumentierten und erforschten Opfergruppen.

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Denkmal für Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellenverfolgung in der NS-Zeit wurden.
KOER/Iris Ranzinger

Aufarbeitung und Opferstatus

Einer historischen Aufarbeitung und angemessenen Bewertung ihrer Verfolgung stand das gesellschaftliche Klima ebenso entgegen wie der politische Wille, wie Andreas Brunner und Hannes Sulzenbacher als Autoren des soeben publizierten ersten wissenschaftlichen Sammelbands zum Thema betonen: Homosexualität und Nationalsozialismus (Mandelbaum-Verlag) richtet den Fokus auf die ideologischen Grundlagen und auf die juristische Dimension der Verfolgung, auf Rechtsauslegung, Strafverfahren, Gerichte.

Anknüpfend an bereits bestehende Bestimmungen waren die Gesetze 1935 in Deutschland verschärft worden. Außergerichtliche Maßnahmen betrafen etwa eine sogenannte Schutz- oder Vorbeugehaft, die von Kriminal- bzw. Gestapo-Beamten verhängt werden konnten und eine zeitlich unbeschränkte Einlieferung in ein Konzentrationslager vorsah.

Mit dem "Anschluss" war auch hierzulande das Strafmaß deutlich erhöht worden und stieg die Anzahl der Verfolgten dramatisch. Beschuldigte wurden von den Behörden kriminalisiert, landeten in Gefängnissen, Nervenkliniken, Operationssälen oder im Konzentrationslager. Aus Wien wurden mehr als 100 Männer deportiert, von denen nur ein Drittel überlebte.

Den Betroffenen blieb allerdings die Anerkennung ihres Opferstatus jahrzehntelang verwehrt, da ihre Verfolgung nicht als typisch nationalsozialistisches Verbrechen galt. Noch 1992 hatte Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) im Parlament eine Berücksichtigung unter Verweis auf das zum Zeitpunkt des "Anschlusses" gültige österreichische Strafrecht ausgeschlossen. Bis 1971 war Homosexualität unter Erwachsenen hierzulande bekanntlich strafbar.

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Skulptur vor Skulptur im Resselpark am Karlsplatz.
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Neuausschreibung

Erst 2005 erfolgte die Anerkennung im Opferfürsorgegesetz. Im gleichen Jahr startete die Gemeinde Wien den Prozess zur Errichtung eines Denkmals. Die Umsetzung sollte jedoch dauern. Den ersten Wettbewerb für das ursprünglich am Morzinplatz vorgesehene Mahnmal gewann Hans Kupelwieser 2006. Das 20 mal 20 Meter große, mit rosa Wasser befüllte Bassin, durch das sich der Schriftzug "Que(e)r" ziehen sollte, wurde jedoch nicht realisiert. Es habe sich keine alltagstaugliche Farbe gefunden, wie es aus dem Büro des damaligen Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) hieß.

Fortan wurde der Morzinplatz im Rahmen der Initiative "Kunst im öffentlichen Raum" mit temporären Mahnmalen bespielt. Erst 2019 fiel die Entscheidung für den neuen Standort des Denkmals im Park beim Karlsplatz. Das Budget in der Höhe von 300.000 Euro steuerten die Stadt Wien und der Nationalfonds der Republik Österreich bei.

Der erste Siegerentwurf – zwei überdimensionale Hände auf einem verspiegelten Tisch – wurde jedoch vom britischen Künstler Marc Quinn im Sommer 2021 zurückgezogen. Es folgte eine Neuausschreibung, die Sarah Ortmeyer und Karl Kolbitz für sich entschieden: ein Regenbogen, der Trauer und Gedenken in den Vordergrund rückt.(Olga Kronsteiner, 5.6.2023)