Jetzt geht es los. Der neue Eigentümer der Kika/Leiner-Gruppe (eigentlich Leiner Kika Möbelhandels GmbH mit Sitz in St. Pölten) räumt auf. In einer Mitteilung gab das Unternehmen am Donnerstag eine "tiefgreifende Restrukturierung" bekannt. 23 Standorte würden geschlossen, 1.900 von rund 3.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen das Unternehmen verlassen. Begründet wurden die tiefen Einschnitte damit, dass das operative Geschäft "massiv sanierungsbedürftig" sei; es bestehe akuter Handlungsbedarf. Das Unternehmen sei mit einem operativen Verlust von mehr als 150 Millionen übernommen worden. Der monatliche Liquiditätsbedarf liege bei monatlich acht bis zehn Millionen Euro.

VIDEO: Kika/Leiner - 23 Filialen schließen, 1.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren Job
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Man wolle nun retten, was zu retten ist, wird der neue Eigentümer und Geschäftsführer Hermann Wieser in der Aussendung zitiert. Bedauerlicherweise seien die Hauptleidtragenden die Mitarbeiter, die am wenigsten dafürkönnen würden. 

Die Kika/Leiner-Gruppe baut fast 2.000 Jobs ab.
Die Kika/Leiner-Gruppe baut fast 2.000 Jobs ab.
APA/HELMUT FOHRINGER

Brancheninsider mutmaßen angesichts der tiefroten Geschäftszahlen und hohen Verbindlichkeiten freilich, dass die Sanierung des Unternehmens ohne Insolvenz nicht gelingen könne. Möglicherweise werde es bald zu einem Insolvenzantrag kommen. Zuständig dafür wäre das Gericht in St. Pölten. Die Verbindlichkeiten liegen dem Vernehmen nach bei mehr als 300 Millionen Euro. 

Auch Insolvenz wird geprüft

Sollte es tatsächlich zu einem Insolvenzantrag  kommen, müsste er am Gericht in St. Pölten eingebracht werden. Seitens des Sprechers von Kika/Leiner, Michael Slamanig, hieß es, bis nächste Woche würden sämtliche Optionen geprüft – inklusive Insolvenz.

Er beruhigte die Kundinnen und Kunden, was Anzahlungen, Aufträge und Gutscheine betrifft. Die Anzahlungen seien gesichert, alle Aufträge würden wie bestellt ausgeführt und Gutscheine behielten ihre Gültigkeit. Das gelte auch für den Fall einer etwaigen Insolvenz.

23 Filialen werden geschlossen

Für jene, die gekündigt werden, sei ein Maßnahmenpaket beschlossen worden, eine Art Job-Plattform mit Angeboten von Arbeitgebern wie Obi, Billa, Bipa oder Deichmann, so die Ankündigung. "Geschlossen werden per Ende Juli 2023 die Leiner-Standorte in Judenburg, Wels, Linz, Steyr, Amstetten, Vöcklabruck, Villach und Wien-Nord sowie die Kika-Standorte in Lienz, Mistelbach, Liezen, Ried, Feldbach, Leoben, Saalfelden, Horn, Unterwart, St. Johann, Wörgl, Stockerau, Imst, Eisenstadt und Wien-Ottakring", heißt es in der Aussendung.

Als Grund für die Schieflage des Unternehmens werden vor allem Altlasten genannt, also Management-Fehler, daneben explodierende Kosten, komplizierte Abläufe, falsche Markenstrategien und vieles mehr. Mit dieser Analyse kritisieren die neuen Eigentümer die Arbeit ihrer Vorgänger bei der Möbelhandelskette. Man werde einen hohen zweistelligen Millionenbetrag einschießen, wurde außerdem angekündigt. 

Eigentümerwechsel mit Folgen

Die Möbelhaus-Gruppe hat erst vorige Woche den Eigentümer gewechselt. Die Signa-Gruppe rund um René Benko hat die erst 2018 erworbene Gruppe mit rund 40 Standorten in zwei Schichten verkauft: Die Immobilien gingen an die Supernova-Gruppe von Frank Albert und das operative Handelsgeschäft an den Möbelhandelsexperten Hermann Wieser. Er wird das Unternehmen gemeinsam mit zwei weiteren Managern führen, von denen einer selbst bei Kika gearbeitet hat. Der Kauferlös der Signa-Gruppe aus den Immobilien lag bei unter 400 Millionen Euro, für die Geschäfte soll Wieser einen symbolischen Euro bezahlt haben. Wobei die Kaufpreise weder vom Verkäufer noch von den Käufern bestätigt werden. Die Schieflage betrifft das operative Geschäft, dessen Standorte jeweils in eigenen GmbHs untergebracht sind.

Am späten Dienstagnachmittag reagierte der Spar-Konzern auf die Kündigungswelle beim Möbelhändler und bot laut einer Aussendung allen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern "ab sofort" Jobs an. Interessierten und motivierten Menschen stünden im ganzen Unternehmen Tür und Tor für einen sicheren Job offen, warb der stellvertretende Spar-Vorstandsvorsitzender, Hans Reisch. (Renate Graber, 6.6.2023)