Mehrere Monate war es ein Hin und Her, jetzt hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gehandelt: Am Montag stellte sie gemeinsam mit Ermittlern des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) eine Vielzahl von Daten aus dem Bundeskanzleramt sicher. Dabei geht es um E-Mail-Postfächer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die unter dem damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun hatten. Diese Daten sollen neue Beweise in der Causa Inserate rund um mutmaßliche Deals mit Boulevardmedien bringen.

Angeordnet hatte die WKStA die Sicherstellung der Daten schon im August 2022 – doch das Kanzleramt weigerte sich, die E-Mail-Postfächer und andere elektronische Akten zu übermitteln. Die Anordnung der WKStA sei überschießend und greife in die Privatsphäre der Mitarbeiter ein, argumentierte das Kanzleramt damals sinngemäß.

Beschuldigte sollen E-Mails "fast vollständig gelöscht" haben

Die Korruptionsermittler erklärten ihrerseits, dass einige Beschuldigte in der Inseratencausa – gemeint: das Umfeld von Sebastian Kurz – ihre E-Mail-Postfächer vor der Hausdurchsuchung im Oktober 2021 "nahezu vollständig gelöscht hatten", darunter war auch der jetzige ÖVP-Kommunikationschef Gerald Fleischmann. Daher müsse man ihre Kommunikation gewissermaßen über die E-Mail-Postfächer ihrer damaligen Kollegen rekonstruieren.

Kurz und Nehammer
Die Ermittlungen gegen Sebastian Kurz (links) beschäftigen das Kanzleramt auch unter dessen Nachfolger Karl Nehammer.
Heribert Corn

In mehreren Besprechungen zwischen Kanzleramt, Wolfgang Peschorn – dem Chef der Finanzprokuratur – und der WKStA wurde keine Einigung über das weitere Vorgehen erzielt, weshalb das Straflandesgericht Wien eingeschaltet wurde. Das wiederum hat dem vom Bundeskanzleramt eingebrachten Einspruch wegen Rechtsverletzung aus formalrechtlichen und inhaltlichen Gründen nicht stattgegeben. Nun muss sich das Oberlandesgericht (OLG) Wien mit der Angelegenheit beschäftigen, Entscheidung hat es noch keine gefasst.

Drohender "Beweismittelverlust"

Warum die WKStA jetzt gehandelt hat? In einer Pressemitteilung heißt es, dass "aufgrund zwischenzeitlicher Erkenntnisse aus den bisherigen Ermittlungen die Sicherstellung ergänzender Beweismittel nötig geworden war, um Beweismittelverlust zu vermeiden". Unter Umständen hätte es zu routinemäßigen Löschungen kommen können.

Die Daten wurden nun versiegelt und liegen bei Gericht, weil Widerspruch gegen die Sicherstellung eingelegt wurde. (Renate Graber, Fabian Schmid, 13.6.2023)