Dame mit Fächer / Gustav Klimt
Gustav Klimts "Dame mit Fächer" (1917–1918) soll mindestens 75 Millionen Euro einspielen.
Private Loan © Belvedere, Vienna / Foto: Markus Guschelbauer

Es handelt sich um eine Trophäe, die perfekt in das Beuteschema vermögender Privatsammler mit einer Vorliebe für europäische Kunst der Klassischen Moderne passt: Gustav Klimts Dame mit Fächer (1917–1918), das letzte Porträt, das der Künstler kurz vor seinem Tod im Februar 1918 schuf und das zuletzt für ein knapp einjähriges Gastspiel im Wiener Belvedere ausgestellt wurde.

Wie nun bekannt wurde, wird das Gemälde im Zuge der am 27. Juni in London anberaumten Abendauktion der Sparte "Modern & Contemporary" bei Sotheby's versteigert. Die monetären Erwartungen beziffert das Auktionshaus in einer Presseaussendung mit 65 Millionen Pfund oder umgerechnet 75 Millionen Euro, womit das Gemälde zu den wertvollsten Kunstwerken gehört, die je in Europa auf den Markt kamen.

Ikone der Moderne

Der bisherige Höchstwert in dieser Kategorie liegt bei exakt 65 Millionen Pfund, die eine Skulptur von Alberto Giacometti bei Sotheby's im Februar 2010 erzielte. Das Klimt-Bild könnte diesen Rekord durchaus übertreffen. Hinzu kommt, dass dem Verkäufer unabhängig vom Verlauf der Versteigerung der Erlös von 75 Millionen Euro garantiert wurde, wie auf STANDARD-Anfrage in Erfahrung zu bringen war.

Dame mit Fächer / Belvedere
Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) mit Belvedere-Direktorin Stella Rollig und Kurator Markus Fellinger bei der Präsentation des Bildes im Frühjahr 2021.
Sandro Zanzinger / Belvedere, Wien

Sotheby's-Experten werten Klimts Frauendarstellung als "wahre Ikone der modernen Kunst", vergleichbar mit Picassos Bildnissen von Marie-Thérèse Walter oder Modiglianis Pariser Porträts. Dame mit Fächer steht repräsentativ für das Spätwerk des Künstlers, das auf eine Gesamtwirkung abzielte, die vom postimpressionistischen Einfluss van Goghs, Gaugins oder auch von Matisse zeugt.

Illegale Ausfuhr in den 1980er-Jahren

Zeitgleich dokumentierte Klimt in diesem Werk sein Interesse an ostasiatischer Kunst: Erkennbar an den charakteristischen Ornamenten und Blumen- und Vogelmotiven im Hintergrund und der chinesischen Robe, in die er die Dargestellte hüllte. Ein Aspekt, der im Zuge einer Sonderausstellung rund um das Porträt im Belvedere bis Februar 2022 thematisiert wurde, wo das Bild seit März 2021 zu sehen war: mit einer Sondergenehmigung der Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), die dem Leihgeber und Eigentümer eine Wiederausfuhr des Kulturgutes rechtsverbindlich zusicherte.

Denn das Gemälde, das zwischendurch dem 2010 verstorbenen Sammler Rudolf Leopold gehörte, war Anfang der 1980er-Jahre illegal aus Österreich exportiert worden. Zugehörige Ermittlungen verliefen später im Sand, weshalb die Staatsanwaltschaft das Verfahren im Herbst 1993 einstellte.

Im Mai 1994 kam es erstmals bei Sotheby's in New York zur Auktion, wo es die Familie des jetzigen Verkäufers für umgerechnet 9,3 Millionen Euro (exkl. Aufgeld) ersteigerte. Seither war die Dame mit Fächer nur ein einziges Mal öffentlich ausgestellt worden – im Belvedere in Wien. (Olga Kronsteiner, 14.6.2023)