Dort, wo sich bis vor kurzem in der Nähe des Riesenrads eine "schirche Novomatic-Spielhalle" befand, wie es Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) formulierte, wird in einem Neubau aus Holz künftig das neue Wiener Pratermuseum untergebracht. Eingezwängt ist der Bau in der Nähe des Riesenrads zwischen ein Autodrom, einen Imbissstand und eine Sportbar, Platz für das Museum wurde vor allem nach oben gewonnen: Der Ausstellungsraum ist auf drei Ebenen mit zahlreichen historischen Objekten aus der bewegten Pratergeschichte geplant. Am Freitag wurde die Dachgleiche nach bisher neunmonatiger Bauzeit gefeiert. Die Eröffnung ist für März 2024 geplant – "im sechzigsten Jahr des Bestehens des Museums", wie es von der Stadt Wien heißt.

So soll der 16 Meter hohe Neubau einmal aussehen.
Rendering: Pratermuseum

Bis Mai 2023 befand sich das Wiener Pratermuseum am Rande des Areals versteckt in einem kleinen Raum des Planetariums. Der Raum in einem Seitentrakt war für eine museale Nutzung aber gar nicht vorgesehen und wurde für die Pratersammlung zu klein. Mit der Umsiedlung in den Neubau im kommenden Jahr erhält das Museum nicht nur deutlich mehr Platz, sondern wird auch ins Zentrum des Wurstelpraters gerückt. Geplant ist eine Dauerausstellung, die der mehr als 250-jährigen Geschichte des Vergnügungsparks gerecht wird, wie es am Freitag hieß. Matti Bunzl, Direktor des Wien-Museums (zu dem auch das Pratermuseum gehört), strich den bedeutenden Beitrag der privaten Praterfamilien hervor, die um einen moderneren Standort für das Pratermuseum kämpften.

Der Holzneubau befindet sich in unmittelbarer Nähe des Riesenrads (links im Bild).
Kollektiv Fischka/Kramar

Erdgeschoßzone kostenfrei zugänglich

Die gesamte Nettonutzfläche des 16 Meter hohen Holzgebäudes beträgt rund 400 Quadratmeter, wobei knapp die Hälfte für die Dauerausstellung reserviert ist. Das 110 Quadratmeter große Foyer ist von beiden Seiten des Gebäudes zugänglich und wird eine konsumfreie, kostenfrei zugängliche Zone: Hier soll neben der Kassa und einem Buchshop auch ein kleiner Veranstaltungsbereich umgesetzt werden. Die Museumsfläche mit der Dauerausstellung selbst beginnt in der Galerie im ersten Stock (120 Quadratmeter) und wird durch eine 60-Quadratmeter-Fläche im zweiten Stock ergänzt. Ein zusätzlicher kleiner Balkon erlaubt einen netten Blick über den Prater, der Blick aus dem Riesenrad oder diversen anderen Attraktionen ist freilich spektakulärer.

Die Aussicht vom kleinen Balkon über den Wurstelprater.
Kollektiv Fischka/Kramar

Architekt Michael Wallraff sprach von einem "kleinen, aber komplexen Projekt". Die Leichtbauweise schließe an die Tradition historischer Praterarchitekturen an, interpretiere diese aber radikal neu. Eine Wärmepumpe heizt und kühlt das Holzgebäude, am Dach befindet sich eine Photovoltaikanlage, Klimapaneele regulieren die Luftfeuchtigkeit und reduzieren laut Stadt die Größe der Lüftungsanlage erheblich. Für die Finanzierungskosten wird mit 4,16 Millionen Euro geplant. Stadträtin Kaup-Hasler freute sich über den Holzneubau, erinnerte aber auch daran, dass dafür im Gemeinderat kräftig nachdotiert werden musste. Ursprünglich hätte das Pratermuseum in die alte, adaptierte Spielhalle übersiedeln sollen, dafür waren 1,63 Millionen Euro vorgesehen. Kaup-Hasler habe "dafür politische Watschen erhalten", die zusätzlichen Gelder haben sich demnach aber ausgezahlt. Der Wiener Prater mit dem neuen Museum sei jedenfalls laut Kaup-Hasler "unique" – also einzigartig. Der Prater würde "disneylandhaften, industrialisierten Shapes" nicht folgen.

Pratermuseum
In der Dauerausstellung wird auch der historische Heiratsvermittlungsautomat aus der Zeit um das Jahr 1900 zu sehen sein.
Wien Museum/Birgit und Peter Kainz

In der neuen Dauerausstellung soll ein historischer Watschenmann ebenso zu sehen sein wie ein lebensgroßer Braunbär aus einer Schießbude, eine nackte Venus aus dem Wachsfigurenkabinett oder ein Heiratsvermittlungsautomat aus der Zeit um 1900. Mit Informationen versehen und abgebildet werden soll aber auch die bewegte, mehr als 250-jährige Geschichte des Praters. So fand 1873 auch die bislang einzige Weltausstellung in Wien hier statt.

Pratermuseum
Der Kasperl und das Krokodil passen zum Prater wie der Watschenmann.
Wien Museum/Birgit und Peter Kainz

In der mehrere Tausend Objekte umfassenden Pratersammlung befinden sich auch Ringelspielfiguren, Teile einer Grottenbahn, historische Spielautomaten und Kasperlfiguren oder Objekte aus dem Kuriositätenkabinett sowie zahlreiche Fotos, Pläne, Plakate und Eintrittskarten. Aktuell zieren historische Fotos den Baustellenzaun um den Holzbau: Sie zeigen Ringkämpfer um 1890, eine Stemmerin und andere Athleten, die auch in der modernen Welt als Wrestler durchgehen könnten. (David Krutzler, 16.6.2023)