Götterdämmerung
Die "Götterdämmerung" in der Staatsoper.
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Es ist vollbracht. Die Götter bezwungen, die Menschen verschlungen, der Ring befreit. Ein großes Abschiednehmen – nicht nur für Wagner, sondern auch für Franz Welser-Möst. Am Sonntag dirigierte er seine vorletzte Götterdämmerung. Nur einmal noch, am 30. Juni, wird man ihn mit dem letzten Teil von Wagners Tetralogie erleben, dann sagt er dem Ring Adieu. Seinen Abschied zelebriert Welser-Möst mit einer fünfeinhalbstündigen Klangekstase zwischen zartester Transparenz und wuchtiger Kraft. Da wundert es kaum, dass Nietzsche Wagners Musik einmal als Nervengift bezeichnet hat. Seine Götterdämmerung ist zugleich der Zusammenbruch eines Weltentwurfs. Wo Gier und Verrat herrschen, ist der Untergang unausweichlich. Fabelhaft, wie Welser-Möst und das Staatsopernorchester die düstere Stimmung aus dem Graben tragen.

Erschütternde Kraft

Nach Klaus Florian Vogt singt Burkhard Fritz die Rolle des gealterten Helden. Bei Fritz wirkt die Stimme matt, das Spiel farblos. Was sich bereits im ersten Duett mit Brünnhilde bemerkbar macht, endet im zweiten Aufzug schließlich mit Komplettversagen in den Höhen und veranlasst die Direktion zu einer Ansage: Fritz habe wahrscheinlich eine allergische Reaktion, werde die Partie aber zu Ende singen. Im dritten Aufzug singt sich der Tenor, gelöst vom Druck, endlich frei.

Unangefochtener Star des Abends ist Ricarda Merbeth. Ihre Brünnhilde ist von erschütternder Kraft, die dynamische Bandbreite ohne Konkurrenz. Wenn sie sich Siegfried zu Füßen wirft und Rache schwört, geht das durch Mark und Bein. Frenetischer Jubel im Publikum. (mda, 19.6.2023)