St. Pölten – Geht es nach dem Land Niederösterreich, sollen künftig für Studierende aus Deutschland die gleichen Zulassungsbeschränkungen für das Medizinstudium gelten wie in ihrem Heimatland. Es sei unfair, wenn Studierende in Deutschland den Numerus clausus nicht erfüllen und anschließend in Österreich ihr Medizinstudium antreten, sagt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Denn mehr als drei Viertel der deutschen Medizinabsolventen würden nach drei Jahren wieder zurück nach Deutschland gehen, kritisiert Mikl-Leitner. Das sei wegen des aktuellen Ärztemangels besonders ärgerlich. 

Johanna Mikl-Leitner spricht bei einer Pressekonferenz.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will, dass mehr Medizinerinnen und Mediziner im Land bleiben.
APA/ Roland Schlager

"So muss der österreichische Steuerzahler alljährlich hunderten Numerus-clausus-Flüchtlingen das Medizinstudium finanzieren", betont Mikl-Leitner. Man habe deshalb den Europarechtsexperten Walter Obwexer mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, um die EU-Rechtslage auszuwerten. Dieses wolle man nun der Bundesregierung vorlegen, man sei auch schon mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in Kontakt, um eine Gesetzesänderung zu erarbeiten, sagt Mikl-Leitner. 

Anpassung des Universitätsgesetzes

Bisher gilt eine Quotenregelung für das Medizinstudium in Österreich: 75 Prozent der Plätze werden österreichischen Maturantinnen und Maturanten zugesprochen, 20 Prozent sind für Personen aus der EU vorgesehen und fünf Prozent für Personen aus Drittländern. Österreich könne aber, so betont Obwexer im Rahmen einer Pressekonferenz, das Universitätsgesetz anpassen und eine besondere Universitätsreife fordern.

"Die Ausgangslage hat sich geändert. Wir haben in Österreich einen akuten Ärztemangel. Gleichzeitig sehen wir, dass jene, die hier bei uns Medizin studieren, zum überwiegenden Teil nicht in Österreich bleiben, um zu arbeiten", sagt Obwexer. Der Rechtsexperte sieht darin keinen Bruch mit dem Unionsrecht. Es könne nämlich mit dem Ärztemangel argumentiert werden, dass diese Regelung notwendig ist, um die Gesundheitsversorgung weiterhin zu gewährleisten. 

Daher ist es laut Obwexer legitim, dass für Medizinstudenten aus dem Ausland die gleichen Zulassungsvoraussetzungen in Österreich gelten wie in ihrem Heimatland. Durch diese Änderung sollen rund 270 Medizinerinnen und Mediziner pro Jahr gewonnen werden, trotz gleichbleibender Anzahl an Studienplätzen, erklärt Obwexer. Eine zweite Möglichkeit bestünde darin, einen verpflichtenden Zeitraum von mindestens fünf Jahren vorzugeben, in dem im österreichischen Gesundheitssystem gearbeitet werden muss. (Max Stepan, 20.6.2023)