Schwarz-Weiß-Laserscan-Luftbild der neu entdeckten Maya-Stadt Ocomtún
Auf Laserscan-Luftbildern konnten Fachleute eine bisher unentdeckte Maya-Stadt ausmachen.
Ivan Ṡprajc

Es gibt sie noch, die unerkundeten Gebiete der Erde. Das zeigt ein bemerkenswerter archäologischer Fund in einem bewaldeten Naturschutzgebiet Mexikos. Dort stieß ein Forschungsteam auf eine bislang unbekannte antike Stadt der Maya-Kultur, wie das Institut für Anthropologie und Geschichte (INAH) des Landes mitteilte. Die Bauten, die älter als 1.000 Jahre sind, dürften ein wichtiges Zentrum für die zentrale Tieflandregion der Halbinsel Yucatán gewesen sein.

Stufenartig angeordnete Steine im Wald.
Die pyramidenartigen Strukturen sind im Wald erkennbar.
Ivan Ṡprajc

Entdeckt wurde die Stätte dank eines Kartierungsprojekts, das die Bauwerke in den vergangenen Monaten mittels 3D-Laserscans der Lidar-Technologie aus der Luft ausmachte. Mittlerweile wurde die Fundstätte auch von Fachleuten besucht, der Weg führte sie für 60 Kilometer über dicht bewachsene Wege. Denn die Fundstätte befindet sich im Naturschutzgebiet Balamkú in einem weitgehend unerforschten Urwaldgebiet, das größer als Luxemburg ist. In der Region befindet sich auch die kleine Ruinenstadt Balamkú, die für ein Fries mit Kröten als Führer in die Unterwelt bekannt ist. Die INAH gab der Anlage den Namen Ocomtún, was in der Sprache Mayathan "Steinsäule" bedeutet.

Die neue Fundstätte Ocomtún befindet sich in einer Region, in der bereits die Maya-Stätte Balamkú entdeckt wurde.

Der Name nimmt einige der beeindruckenden Strukturen dieser Stätte vorweg, deren Kerngebiet mehr als 50 Hektar umfasst und auf einer Anhöhe inmitten von Feuchtgebieten liegt. Imposant sind auch mehrere 15 Meter hohe pyramidenartige Strukturen, sagte der leitende Archäologe Ivan Ṡprajc am Dienstag. Außerdem gibt es weitere Gebäude und in fast konzentrischen Kreisen angeordnete Strukturen sowie einen Ballspielplatz. Die Maya trugen dort Spiele aus, bei denen es mitunter um Leben und Tod ging, erst kürzlich wurde die "Anzeigetafel" eines offenbar besonders wichtigen Spiels gefunden.

Moosbewachsene Steinsäule der Maya liegt umgekippt im Wald
Eine der Steinsäulen, nach denen die Fundstätte benannt wurde.
Ivan Ṡprajc

Mysteriöser Niedergang

Untersuchungen von Materialien, die aus Gebäuden in Ocomtún entnommen wurden, lassen darauf schließen, dass die Stätte um 800 bis 1000 nach Christus verfiel. Die Maya-Zivilisation, bekannt für ihre fortschrittlichen mathematischen Kalender, erstreckte sich über den Südosten Mexikos und über Teile Mittelamerikas. Ein weitreichender politischer Zusammenbruch, über dessen Gründe weiterhin spekuliert wird, führte zu ihrem Niedergang Jahrhunderte vor der Ankunft der spanischen Konquistadoren, deren Feldzüge im späten 17. Jahrhundert zur Zerstörung der letzten Festung führten.

Hochkantig aufgestellter Stein, an dem eingeritzte Strukturen zu erkennen sind.
Ein Steinblock mit Relief an der Ocomtún-Fundstätte.
Ivan Ṡprajc

Archäologe Ṡprajc berichtete zudem von weiteren Strukturen, die entdeckt wurden und ähnliche Eigenschaften wie die Ocomtún-Stätte aufweisen und sich von anderen Funden unterscheiden. Auch in einem Gebiet bis zum Fluss La Rigueña gebe es Treppen und monolithische Säulen, die Bauwerke tragen dort ebenfalls keine Inschriften. Bei weiteren Fundkomplexen mit noch unbekanntem Zweck könne es sich um eine regionale Besonderheit handeln, sagt der Experte: Es sei "möglich, dass es sich um Märkte oder Räume für Gemeinschaftsrituale handelt", künftige Forschungen dürften mehr darüber verraten. (red, APA, Reuters, 21.6.2023)