Zwei Wölfe streifen durch den Wald.
Zwei Wölfe sind nun auch in Salzburg zum Abschuss freigegeben. Die Jagd auf den Beutegreifer hat begonnen.
APA/dpa/Armin Weigel

Kaum ist die schwarz-blaue Landesregierung in Salzburg im Amt, geht es ruckzuck mit der ersten Abschussverordnung betreffend "Problemwölfe". Vergangenen Dienstag hat die Salzburger Jagd-Landesrätin Marlene Svazek (FPÖ) eine Verordnung in Begutachtung geschickt, die die Entnahme von zwei Wölfen ermöglicht. Diese Woche dürfen Jäger bereits auf Wölfe schießen.

Das Jagdgebiet umfasst fast den gesamten Pinzgau und weite Teile des Pongaus und Tennengaus. 25 Schafe und Ziegen sind seit Mitte Mai im Pinzgau gerissen worden, zehn weitere in Rußbach am Pass Gschütt im Tennengau. Bei vier der sechs Vorfälle ist ein Wolfsriss per DNA-Analyse bestätigt. Bei den anderen seien die Spuren laut dem Wolfsbeauftragten des Landes, Hubert Stock, eindeutig. Er geht davon aus, dass sich derzeit drei bis vier Wölfe im Bundesland aufhalten. Ihr Abschuss ist in sechs Wildregionen in einem Zehn-Kilometer-Radius rund um die letzten Risse erlaubt. Bei jedem neuen Vorfall verschiebt sich der Radius hin zu den aktuellsten Rissen.

Svazek will wolfsfreie Zonen

Die betroffenen Landwirte werden von Stock beraten und unterstützt. "Eine kurzfristige Entlastung für die Bauern in den Almgebieten kann aber nur die Entnahme von Problemwölfen sein", sagt Marlene Svazek. Die Begutachtungsfrist soll künftig entfallen. "Die Sachlage und die Inhalte der Stellungnahmen werden sich auch in künftigen Fällen nicht wesentlich ändern", sagt die Landesrätin, die selbst leidenschaftliche Jägerin ist. Langfristig müssten das System geändert und die Gesetze so anpasst werden, dass es wolfsfreie Zonen in den Almgebieten gebe. "Das schaffen wir in diesem Sommer nicht mehr, aber das schnellere Handeln durch die Verordnung ist eine praktikable Sofortmaßnahme." Svazeks Ziel ist es, gemeinsam mit den anderen betroffenen Bundesländern auf EU-Ebene eine Herabsetzung der strengen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie zu erwirken. "Die legale Jagd mit Schuss- und Schonzeiten für den Wolf muss stattfinden können."

In Tirol kann das streng geschützte Raubtier nach Rissen ebenfalls sofort abgeschossen werden. Denn die schwarz-rote Landesregierung hat bereits im März alle 2100 Almen zum Alpschutzgebiet erklärt und den Herdenschutz als nicht machbar eingestuft. Damit sei gewährleistet, "dass es hier keine gelinderen Maßnahmen braucht", erklärte ÖVP-Agrarlandesrat Josef Geisler. Die Tiroler Landesregierung hat seither bereits sechs Mal eine Abschussverordnung für Wölfe per Umlaufbeschluss erlassen. Damit können Beutegreifer innerhalb eines Radius von zehn Kilometern von Almen, auf denen wiederholt Weidetiere getötet wurden, abgeschossen werden. Gelungen ist dies bisher noch keinem Tiroler Jäger.

Anonyme Schützen

In Kärnten hingegen haben Jäger bereits fünf Wölfe erlegt. Wer jeweils der Schütze war und wo er den Wolf geschossen hat, wird in Kärnten übrigens nicht bekanntgegeben. Das wünscht sich auch der Salzburger Landesjägermeister Max Mayr Melnhof. Der Schütze solle anonym bleiben, um nicht zur Zielscheibe von radikalen Tierschützern zu werden.

Mit rund 28 gesichteten Wölfen im Vorjahr und drei Rudeln sind in Kärnten die meisten Wölfe unterwegs. Die Verordnung ist bereits seit Jänner in Kraft. In einer Resolution fordern Almbauern von EU-Vertretern, den Schutzstatus herabzusetzen. Auch Vertreter des Kärntner Alpenvereins sprechen sich bereits für Wolfsabschüsse aus.

Auch in Oberösterreich ist am Montag eine Wolfsverordnung, mit der der Abschuss von "Risiko- und Schadwölfen" ermöglicht werden soll, beschlossen worden. Die oberösterreichische Lösung sieht vor, dass ein Wolf "mehrmals auffällig" geworden sein und ein ausreichender Schutz für die Nutztiere vorhanden sein muss. Auch in der Steiermark arbeitet die Landesregierung derzeit eine Verordnung aus.

EU-rechtswidrig

Mit dem Instrument der Verordnung wird übrigens der Beschwerdeweg für Tierschutzorganisationen ausgehebelt. Denn anders als Bescheide können sie nicht beeinsprucht werden. Es gibt zwar die Möglichkeit Stellungnahmen abzugeben, diese müssen jedoch nur gesichtet und nicht berücksichtigt werden. Tierschutzorganisationen wie der WWF haben bereits angekündigt, rechtlich gegen die Verordnungen vorzugehen.

Die beiden an der Uni Innsbruck lehrenden Europarechtler Walter Obwexer und Peter Hilpold bewerteten die Vorgehensweise als eindeutig EU-rechtswidrig. Denn die Aarhus-Konvention räume NGOs und Privatpersonen ein entsprechendes Beschwerderecht ein. Mit der Verordnung gebe es aber keine Möglichkeit, diese vor Gericht zu bekämpfen. Hilpold bewertete dies als "eklatanten Verstoß gegen diese Konvention". Die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil sie die Umsetzung der Konvention hierzulande bemängelt.

Österreich muss etwa erklären, ob für den Schutz der Schafe alle Möglichkeiten ausgereizt wurden – darunter Herdenschutz inklusive Behirtung, Elektrozäune, Nachtpferche sowie Hirtenhunde. Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) hat am Montag angekündigt, Kärntner Tierhalter anzuzeigen, die Schafe "einfach so völlig ungeschützt und unbehirtet in der freien Natur ausgesetzt" hätten. (Stefanie Ruep, 27.06.2023)