Johnny Depp, Musik
Johnny Depp und US-Schockrock-Vater Alice Cooper vergangenes Wochenende während eines Festivalauftritts in der Schweiz.
IMAGO/Björn Trotzki

Man sieht es dem verlebten 75-jährigen US-Musiker zwar nicht an, aber: Alice Cooper ist heute ein jedweden Drogen abschwörender, gläubiger Christenmensch. Früher glaubte man ihn für das Gute fast verloren. In den 1970er-Jahren pflegte er als Steilvorlage für Marilyn Manson oder die kleinen Rammsteins mit elektrischem Stuhl, Guillotine, Theaterblut und Pyrotechnik bewaffnet den tabulosen und dauerbedröhnten Schockrocker zu geben.

Für seine Rocky-Horror- und Kabarett-Show verwendete er schon Jahre vor den (unternehmerisch effizienteren) Kuschelmonstern Kiss das noch heute in norwegischen Kirchenniederbrenner- und Black-Metal-Kreisen so beliebte schwarz-weiße Monster-Make-up. Leider konnten die bescheidene Stimme und die hoppertatschigen Songs nie so ganz mithalten.

Musikalische Stammtischrunde

I’m Eighteen, School’s Out, No More Mr. Nice Guy oder Billion Dollar Babies werden auch heute noch tapfer von seiner aktuellen Allstar-Band Hollywood Vampires gespielt. Die nach Coopers ehemaliger Absturzhütten- und Stammtischrunde sündiger Rockstars benannte Partie verdankt ihren Weltruhm aber auch nicht unbedingt ihrem Leadgitarristen Joe Perry (72). Der war vor einem halben Jahrhundert als "Toxic Twin" mit den Rockern Aerosmith aktiv, bevor sich diese nach einer Entgiftung in den 1990ern der pathetischen Powerballade für Hollywood-Blockbuster zuwandten: I Don’t Want to Miss a Thing.

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Nein, für große Bühnen, gute Hotelzimmer und Privatjets ist auf jeden Fall Johnny Depp (60) verantwortlich. Der lebt mit den Hollywood Vampires seit 2015 seinen Traum von einem tief in allen Klischees badenden Leben als Rockstar alter Schule. Er ist mittlerweile kostümbildnerisch und schauspielerisch seinem überlebensgroßen Vorbild Keith Richards schon sehr nahegekommen. Allerdings hat einst Keith Richards die Klischees erfunden. Jetzt kann nur noch nachgeahmt werden. Vorsicht bei den starken Suchtmitteln!

Musikalisch setzt Mann vor allem auf Coverversionen. Der Sinn, alte Hadern wie My Generation, Whole Lotta Love oder Brown Sugar eins zu eins, aber ohne gescheite Sänger nachzuspielen, erschließt sich nicht wirklich. Johnny Depp als David Bowie in Heroes? Das muss nicht sein. Aber süß schaut er aus! Und so ein Männerurlaub mit den Haberern auf Tour ist vor den nächsten Dreharbeiten sicher auch sehr entspannend. Alice Cooper sollte halt nicht zu oft die Bibel auspacken. (Christian Schachinger, 26.6.2023)