Meta CEO Mark Zuckerberg und Twitter-Chef Elon Musk
Mark Zuckerberg und Elon Musk werden wohl keine großen Freunde mehr.
APA/AFP/MANDEL NGAN/ALAIN JOCARD

Der Zeitpunkt wirkt beinahe so, als hätte Meta spontan eine Twitter-Alternative entwickelt. Nun mag der Angriff auf den krisengebeutelte Kurznachrichtendienst just zu jenem Zeitpunkt erfolgen, zu dem Twitter-Chef Elon Musk die Zahl der lesbaren Tweets deutlich eingeschränkt hat.

Doch Gerüchte über einen "Twitter-Killer" aus Mark Zuckerbergs Konzern kursieren schon seit einigen Wochen. Am Montagabend erhielt die Twitter-Alternative schließlich einen Namen und ein Veröffentlichungsdatum: Threads soll am kommenden Donnerstag erscheinen.

VIDEO: Elon Musks Twitter-Übernahme.
DER STANDARD

App-Stores leaken Release

Das geht aus dem App-Store-Eintrag für die iPhone-Version der App hervor. Auch bei Google Play war war ein entsprechender Eintrag bereits am Samstag kurz online.

Dem eher dürftigen Beschreibungstext ist zu entnehmen, dass Threads wohl auf Instagram basieren dürfte, jedoch den Fokus von Fotos in Richtung Text verlagert, was somit ein Twitter sehr ähnliches Erlebnis bieten dürfte. Diesen Verdacht bestätigten auch Screenshots, die im Juni durch "The Verge" geleakt wurden.

Import von Mastodon möglich

Die neue App wird auf ActivityPub, einem dezentralen Protokoll für soziale Medien, aufgebaut sein. Damit ist es den Nutzerinnen und Nutzern der neuen App theoretisch möglich, ihre Konten und Follower von anderen Apps mit ähnlicher Technologie mitzubringen – Mastodon wäre nur ein Beispiel.

Anhand der Screenshots ist auch zu sehen, dass man sich wohl mit dem Instagram-Handle einloggen kann. "The Verge" zitiert darüber hinaus den Chief Product Officer von Meta, Chris Cox, mit einem Seitenhieb auf Elon Musk: Man habe von Creators gehört, die an einer vernünftig betriebenen Plattform interessiert sind, der sie vertrauen und auf die sie sich verlassen können.

"Ratenlimit" für Tweets

Seit Musk Twitter im letzten Jahr gekauft hat, kommt der Dienst nicht zur Ruhe. Musk feuerte einen Großteil der Belegschaft, ließ am Algorithmus herumbasteln und schränkte willkürlich die Sichtbarkeit ihm unliebsamer Themen ein. Am Wochenende verkündete der Milliardär schließlich, dass die Zahl der kostenlos lesbaren Tweets eingeschränkt wird.

Für diesen Schritt gab er anderen Unternehmen die Schuld: Sie würden den Datenschatz von Twitter "scrapen", also verbotenerweise abgreifen. Schon bald erhielten die Twitter-Nutzer die Meldung, dass sie ihr "Ratenlimit" überschritten hatten, wodurch die App nach kurzer Zeit unbrauchbar wurde.

Meta arbeitet schon länger an Threads

Laut einem Bericht der "New York Times" wird bereits seit Musks Übernahme von Twitter darüber diskutiert, wie man aus dem Chaos Kapital schlagen könnte. "Twitter ist in der Krise, und Meta braucht sein Mojo zurück", wird ein Meta-Mitarbeiter letztes Jahr in einem internen Post zitiert. Nachsatz: "Nehmen wir ihnen die Butter vom Brot."

Das Ergebnis ist also Threads, das intern den Codenamen "Project 92" trägt. Musk und Twitter reagierten nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme. Threads erregte jedoch schnell Aufmerksamkeit im Internet: Jack Dorsey, einer der Gründer von Twitter, twitterte einen Screenshot der Datenschutzrichtlinie der App, und Musk antwortete: "Ja."

Größter Twitter-Konkurrent

An Alternativen zu Musks Twitter mangelt es indes nicht: Tumblr, Nostr, Post, Spill, Mastodon und Bluesky sind nur einige davon. Meta ist aber nun das Unternehmen mit dem längsten finanziellen Atem. Threads wäre auch eine Gelegenheit für Meta, aus den Negativschlagzeilen zu kommen.

Das Unternehmen hat in der Vergangenheit massiv ins Metaverse investiert, doch das Konzept wollte nicht abheben und erreichte nie eine große Anhängerschaft. Meta musste zurückrudern und stieg verspätet in den Wettlauf um die Marktführerschaft bei künstlicher Intelligenz ein. Aber: Meta ist wohl immer noch der ernsthafteste Konkurrent für Twitter, vor allem, wenn es gelingt, einen Teil der rund 1,6 Milliarden Instagram-User für die neue Plattform zu gewinnen.

Fliegende Fäuste

Musk war von den Gerüchten über Threads wenig begeistert und forderte Zuckerberg im Juni zu einem Käfigkampf heraus. Seitdem postet der Milliardär Fotos von sich beim Kampfsporttraining. Zuckerberg gilt ohnehin als versierter Kampfsportler. Angeblich meinen es beide CEOs ernst. Neben gehässigen Kommentaren könnten zwischen den beiden also auch bald die Fäuste fliegen. (pez, 4.7.2023)