St. Pölten – Die ÖVP Niederösterreich macht deutlich, wie sie die neue Strategie des "Kante-Zeigens" von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner konkret anlegt. In einer Presseaussendung vom Dienstag greift Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner den Chefredakteur des "Falter", Florian Klenk, wegen dessen politischer Einstellung an. Klenk hatte in einem Interview mit der bürgerlich-liberalen "Presse" bekundet, sich als "linksliberal" einzuordnen. Er sei dadurch "zwangsläufig" ein "Gesinnungsjournalist", findet Ebner. "Dr. Florian Klenk ist damit politischer Akteur und so zu behandeln, der 'Falter' kann nicht mehr mit Qualitätsjournalismus in Verbindung gebracht werden."

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner verordnete ihrer Landespartei mehr "Kante". Ihr Geschäftsführer Bernhard Ebner erfüllt den Auftrag.
apa / helmut fohringer

Klenk reagierte darauf auf Twitter. "Bernhard Ebner und sein Pressesprecher wollen natürlich nur unabhängigen Journalismus diskreditieren", schreibt der Journalist. "Sie wollen Typen, die ihnen das Mikro hinhalten, in das sie dann ihre Propaganda reinmurmeln." Man könne Ebners Angriff als "Geste interpretieren": "Wenn du nicht unserer Partei angehörst, dann hast du ein Problem. Nein, mich beeindruckt das nicht. Andere aber vielleicht schon. Das ist das Problem."

"Groteskes Medienverständnis" 

Die Kritik am Angriff der Volkspartei folgte umgehend. Sigrid Maurer, grüne Klubchefin im Parlament, mutmaßte, die Landespartei habe "vergessen, was die Aufgabe der vierten Gewalt im Staat ist. Journalist:innen hinterfragen und kritisieren die Politik", nicht umgekehrt. Niederösterreichs Neos-Chefin Indra Collini attestierte der ÖVP ein "hochnotpeinliches, groteskes Medienverständnis". Und der niederösterreichische SPÖ-Chef Sven Hergovich erklärte, die Attacken auf Medien durch die Landeshauptfraupartei "richten sich von selbst und sollten sofort eingestellt werden". 

Fritz Hausjell, Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, ortet hinter der Aussendung der ÖVP ein "klares Kalkül", Ebner sei lange im Geschäft und wisse, was er tue. "Das ist einer der vielen Nadelstiche gegen Journalismus, der unangenehm ist." "Manche in der Politik" würden diese Methoden einsetzen, um "Journalismus zu desavouieren". Eine politische Meinung zu haben und als Journalistin oder Journalist zu arbeiten "schließt sich selbstverständlich nicht aus", sagt der Kommunikationswissenschafter.

Lange Zwistgeschichte

Es ist nicht die erste Auseinandersetzung zwischen Klenk und der ÖVP Niederösterreich. Die Landespartei reagierte im Jahr 2017 heftig auf die Enthüllungen des "Falter"-Chefs über üppige Landesförderungen für die "Dr. Erwin Pröll Privatstiftung" – der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll trat wenig später zurück. Ebner warf Klenk in einer Reaktion auf den Bericht "Fake News" vor, Klenk klagte dagegen. Die ÖVP musste die Aussage im Rahmen einer außergerichtlichen Einigung widerrufen und 7.500 Euro an Klenk bezahlen, der das Geld spendete. Klenk musste klarstellen, dass sich Pröll kein Geld schenken ließ. (sefe, 4.7.2023)