Der Klimawandel setzt den Wäldern mit zunehmender Hitze und Trockenheit zu. Wenn es so weitergeht, besteht die Gefahr, dass viele Bäume mit den neuen Standortbedingungen nicht mehr zurechtkommen. Schäden, Schädlingsbefall oder gar das komplette Absterben können die Folge sein. Um zukünftige Ausfälle zu verhindern, sucht die Forstwissenschaft nach besonders hitze- und trockentoleranten Bäumen.

Riesige Auswahl

Eichen gelten als besonders vielversprechend, die Auswahl ist riesig: Mehr als 500 Eichen-Arten gibt es weltweit, über 30 davon in Europa. Unter den europäischen Arten sind die Stiel-, Trauben- und Flaumeichen (Quercus robur, Qu. petraea, Qu. pubescens) die häufigsten und diejenigen mit dem größten Verbreitungsgebiet. Sie gedeihen sowohl an gut mit Wasser versorgten als auch an sehr trockenen Standorten.

Stieleiche (Quercus robur) im Gegenlicht mit der Sonne
Stieleichen (Quercus robur) zählen zu den am meisten verbreiteten Eichenarten in Europa.
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In einem unter anderem von der EU und dem Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt namens ACORN (englisch für Eichel) arbeitet ein internationales Team unter Leitung der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien daran, besonders trockenheitsresistente Individuen zu identifizieren und aus ihnen die Eichen der Zukunft heranzuziehen. Dabei sind Forschende aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Griechenland und der Türkei im Einsatz. Geleitet wird das Projekt von Charalambos Neophytou, der an der Boku tätig war, bevor er in diesem Jahr an die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg wechselte.

Klimafitte Selektion

Die Grundidee von ACORN ist, dass sich in wasserarmen Gebieten auf die Dauer nur jene Bäume einer Art halten können, die es schaffen, sich an die Trockenheit anzupassen. Diese Anpassungen sollten sich im Erbgut niederschlagen und somit auch auf die Nachkommen übertragen. Ist das der Fall, könnte man diese Bäume gezielt für Aufforstungen von Wirtschaftswäldern verwenden, deren ursprüngliche Arten beziehungsweise Individuen mit dem Klimawandel nicht oder nur schlecht zurechtkommen.

Die Idee eines solchen "assisted gene flow", also eines unterstützten Genflusses, gibt es schon seit fast zwei Jahrzehnten. In die Praxis umgesetzt wurde das aber bisher so gut wie nicht. Im Zuge der fortschreitenden Erderwärmung könnte sich das aber ändern: Laut Klimaprognosen für das Ende des Jahrhunderts müsste etwa die Flaumeiche ihr Verbreitungsgebiet um 200 bis 500 Kilometer nach Norden verschieben, um weiter unter den heutigen Bedingungen wachsen zu können. Tatsächlich braucht sie auf natürlichem Wege aber hundert Jahre, um ihr Vorkommen hundert Kilometer voranzutreiben.

Eichen Feldweg neben Gebüsch
Eichen sind seit Jahrtausenden Teil unserer Kulturlandschaft. Der Klimawandel macht aber auch ihnen zu schaffen.
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Um besonders trockenheitsresistente Eichen zu finden, untersuchten die ACORN-Forschenden 123 Populationen in Zentral- und Südosteuropa und gewannen DNA-Proben von mehr als 3000 Bäumen. Durch deren Analyse hoffen die Forschenden jene Gene zu identifizieren, die für Trockenheitsanpassungen verantwortlich sind. Gelingt das, könnte Saatgut in Zukunft auf diese Eigenschaften hin untersucht und nur von jenen Bäumen gewonnen werden, die über eine entsprechende Hitzeresistenz verfügen.

Überlebenskünstler

Bei ihren Feldarbeiten suchten die Wissenschafter und Wissenschafterinnen aber auch nach speziellen Eichen-Beständen: Diese sind in der Regel nicht mehr als zehn Kilometer Luftlinie voneinander entfernt, wachsen aber unter sehr verschiedenen Bedingungen: die einen an Standorten mit guter Wasserversorgung, die anderen auf sehr trockenen Böden.

Insgesamt 60 solcher Bestandspaare – je zehn pro Art jeweils in Zentral- und Mitteleuropa – wurden ausgewählt. Eines der Untersuchungsgebiete liegt im Wienerwald, und zwar am Leopoldsberg. Dort finden sich an den trockenen Steilhängen Flaumeichen mit Bonsai-artigem Wuchs, wie Projektleiter Neophytou ausführt, während einige Exemplare im Bereich des Klettergartens nahe beim Gipfel unter deutlich besseren Bedingungen leben. Die "Bonsai-Eichen" dürften dort immer schon natürlich vorgekommen sein.

Ortsgebundene Dominanz

"Wir gehen davon aus, dass die im sonstigen Wienerwald dominierende Buche an diesen extremen Standorten nie eine Chance hatte", erklärt Neophytou. Er ist allerdings skeptisch, ob die kleinen Eichen eine große Zukunft als Klimawandelersatz haben werden: "Es ist anzunehmen, dass solche Bäume auch noch andere Anforderungen erfüllen müssen als nur Hitzeresistenz."

Unabhängig davon wurden von allen 60 Bestandspaaren Eicheln gewonnen und auf Versuchsflächen in Wien, Zürich und Ankara gepflanzt. Dadurch wachsen Sämlinge ganz unterschiedlicher Herkunft jeweils unter denselben Umweltbedingungen auf. Ihre Entwicklung soll Aufschluss darüber geben, inwieweit bestimmte Merkmale genetisch fixiert sind oder aber von der Umgebung hervorgerufen werden.

Türkische Eichen in Wien

Eines dieser Merkmale ist der Zeitpunkt, ab dem die Bäume neue Triebe entwickeln. "Wir wollen sehen, ob beispielsweise die Nachkommen türkischer Eichen in Wien so früh austreiben wie ihre Eltern daheim oder gleichzeitig mit den hiesigen Bäumen", erläutert Neophytou. Ein früheres Austreiben würde auf eine genetische Verankerung des Geschehens schließen lassen, während Gleichzeitigkeit ein Hinweis darauf wäre, dass Umweltfaktoren, wie etwa die Tageslänge, der Auslöser sind, unabhängig vom Genotyp. Am Ende des Projekts, das noch bis 2024 läuft, sollen Empfehlungen herauskommen, welche Eichen für welche Gebiete im Zeichen des Klimawandels am besten geeignet sind. (Susanne Strnadl, 9.7.2023)