Das Bild zeigt die Meta-App Threads
Ein fleißiger Datensammler, der nicht ohne Instagram auskommt: der neue Kurznachrichtendienst Threads von Facebook-Mutter Meta.
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30 Millionen neue Nutzer innerhalb der ersten 18 Stunden: Twitter-Rivale Threads hat einen beachtlichen Start hingelegt. Dass der neue Kurznachrichtendienst von Meta in so kurzer Zeit vergleichsweise viele Nutzerinnen und Nutzer gewinnen konnte, ist großteils der engen Verknüpfung mit Instagram zu verdanken. Wie sich herausstellt, ist sie sogar so eng, dass man seinen Account bei Threads nicht einmal löschen kann, ohne dabei auch das Instagram-Konto aufgeben zu müssen.

Video: Elon Musk hat dem Facebook-Mutterkonzern Meta wegen dessen neuer Plattform Threads eine Klage angedroht.
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Laut Experten könnte Threads derzeit als einziger Dienst Twitter ernsthaft Konkurrenz machen. Der Grund dafür liegt darin, dass sich alle weltweit rund zwei Milliarden aktiven Instagram-Nutzer mit ihren Zugangsdaten bei Threads anmelden können und denselben Konten wie auf Instagram folgen können.

Dass Threads das Kontosystem von Instagram nutzt, bleibt derzeit aber in erster Linie ein Vorteil für Meta selbst. Denn Nutzerinnen und Nutzer des Kurznachrichtendiensts profitieren aktuell bestenfalls davon, solange sie nicht auf die Idee kommen, ihre Präsenz auf der Plattform wieder aufgeben zu wollen. Derzeit ist es nämlich nicht möglich, den Threads-Account zu löschen, ohne gleichzeitig auch das Profil auf Instagram dauerhaft zu entfernen. Das dürfte insbesondere für jene ein Problem sein, die bereits seit Jahren auf der Plattform aktiv sind und ihre dortigen Beiträge behalten möchten.

Workaround bis zur Lösung

In einem Beitrag bestätigt Instagram-Chef Adam Mosseri, dass hinter Threads und Instagram mehr oder weniger nur ein Account stehe. Meta stellt für dieses Problem zwar eine Lösung in Aussicht, einen zeitlichen Rahmen bleibt man hingegen noch schuldig.

Mosseri weist in einer Kurzanleitung immerhin darauf hin, dass man Profil und Inhalte ausblenden könne, wenn man den Account deaktiviert. Ein Blick auf die Support-Seite von Instagram verrät allerdings, dass man den Account bei einer Deaktivierung lediglich ruhend stellt. Sobald man sich wieder anmelden sollte, wird der Account nämlich wieder aktiviert. 

Breite Zustimmung

Zu den ersten Nutzern gehörten US-Prominente wie Jennifer Lopez, Kim Kardashian, Shakira oder die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez. Eine Reihe von Marken, darunter Netflix, Amazon, die NFL und Pepsi, haben ebenfalls ihr Vertrauen in Threads bekundet, indem sie sich bei der App angemeldet haben. Andere große Namen wie Google, Apple, Disney oder aber auch Goldman Sachs und Morgan Stanley wollen sich mit ihrer Zustimmung offenbar noch Zeit lassen.

Deutlich positive Signale sind dafür andernorts zu vernehmen: "Die Investoren sind begeistert von der Aussicht, dass Meta wirklich einen 'Twitter-Killer' hat", sagte etwa die Chefanalystin Danni Hewson vom Brokerhaus AJ Bell. Meta-Aktien hatten in Erwartung der Markteinführung von Threads am Mittwoch knapp drei Prozent zugelegt. "Zuckerberg lässt die MUSKeln spielen", schrieb DZ-Bank-Analyst Ingo Wermann unter Anspielung auf Twitter-Chef Elon Musk. Threads sei nicht nur eine Kampfansage an Twitter, sondern biete auch die Chance, mit zusätzlichen persönlichen Nutzerdaten mittel- bis langfristig die Werbeeinnahmen zu steigern.

Ungebremster Datensammler

Threads ist tatsächlich sehr "neugierig", wenn es um das Sammeln von Daten seiner Nutzer geht. In den Beschreibungen der App im Apple App Store und im Play Store für Android-Smartphones wird eine scheinbar endlose Liste von Daten aufgeführt, die abgefragt werden können. Die App greift im Prinzip auf alles zu, was an verfügbaren Informationen möglich scheint. Das ruft nicht nur Datenschützer auf den Plan: "Alle deine Threads gehören uns", twitterte zynisch auch Bluesky-Rivale und Twitter-Mitgründer Jack Dorsey zusammen mit einem Screenshot, der alle sensiblen Daten zeigt, die die die Plattform sammelt. 

Threads sammelt eine Vielzahl von Daten, die Informationen über die sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit, biometrische Merkmale, Gewerkschaftszugehörigkeit, Schwangerschaftsstatus, politische Ansichten, religiöse Überzeugungen sowie Beschäftigung, Gesundheit, Fitness, Standort und andere Online-Aktivitäten der Nutzer umfassen können.

Diese Datensammelwut ist auch genau der Grund, weshalb Threads in den EU-Staaten noch nicht verfügbar ist: Instagram-Chef Mosseri deutete in diesem Zusammenhang an, dass vor allem das im kommenden Jahr greifende neue EU-Regelwerk mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act eine Hürde gewesen sei. Die Gesetze enthalten strikte Anforderungen an große Onlineplattformen. Mosseri verteidigte im Branchenblog "Platformer" die Entscheidung: Man sei vor der Wahl gestanden, Nutzerinnen und Nutzer der EU-Staaten zu übergehen oder "den Start um viele, viele, viele Monate zu verzögern", sagte er. "Und ich war besorgt, dass sich das Fenster für uns schließt." Ein Fenster, das offenbar auch sehr lukrativ sein dürfte. (bbr, 7.7.2023)